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Die Finsteren

Die Finsteren

Titel: Die Finsteren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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Kerl eine Heidenangst eingejagt, doch im Augenblick juckte ihn das kaum. Nichts von alledem traf ihn so schlimm wie die Reaktion seines Vaters. Cal Hickerson schämte sich in mehrfacher Hinsicht für seinen Sohn. Er hielt ihn für einen Feigling, weil er jemanden wie Moose dazu überredet hatte, seine Kämpfe für ihn auszutragen. Er hielt ihn für einen Trottel, weil er seinen bis dahin tadellosen Ruf im Klo runtergespült und damit möglicherweise die Chance vermasselt hatte, auf eine der Elite-Unis im Süden zu gehen. Wenigstens seine Mutter hatte sich besorgt über sein körperliches Wohlergehen gezeigt, aber sogar sie rügte ihn für seinen Mangel an Urteilsvermögen und gesundem Menschenverstand.
    Kent schlug mit der Handfläche auf die Matratze.
    Die gottverdammten Hunde hörten einfach nicht auf. Stattdessen klang ihr Kläffen zunehmend aufgeregter. Dann vernahm er ein weitaus seltsameres Geräusch als die wilden Tierlaute. Nicht das Geräusch an sich war seltsam. Es ertönte kristallklar und auf Anhieb erkennbar. Seltsam war, es um diese Uhrzeit zu hören. Kent blickte zum Wecker auf dem Nachttisch.
    0:24 Uhr.
    Was soll denn das?
    Er hatte gewusst, dass es spät war, aber das fand er jetzt lächerlich. Es musste jemand sein, der ihm einen Streich spielen wollte. Der offensichtliche Verdächtige war Mark Bell oder einer von dessen Freunden.
    Erneut klingelte es.
    Als Nächstes hörte er einen Ruf vom anderen Ende des Hauses. Sein Vater – verständlicherweise stocksauer darüber, dass ihn der alles andere als willkommene spätnächtliche Besucher aus dem Schlaf riss. Kent warf die Decke zurück, setzte sich auf und schwang die Beine über die Bettkante. Er hörte ein weiteres Geräusch von irgendwo draußen – das Kichern des mutmaßlichen Witzbolds. Kent saß da und lauschte, wie die Rufe seines Vaters lauter wurden, als er sich auf die Mitte des Hauses zubewegte. Irgendetwas stimmte da nicht. Nächtliche Klingelstreiche passten überhaupt nicht in Bells Raster. Außerdem hauten die Übeltäter in solchen Fällen ab, bevor tatsächlich jemand zur Tür kam.
    Cal Hickerson brüllte: »Ja, lacht nur weiter, ihr Arschlöcher! In einer Minute sehen wir dann, wer zuletzt lacht!«
    Weiteres Kichern.
    Kent wusste nicht, was ihn zum Handeln bewog. Er war von Natur aus kein mutiger Mensch. Aber irgendein tief sitzender Instinkt verriet ihm, dass sein Vater in tödlicher Gefahr schwebte, und plötzlich war er in Bewegung. Nur in Boxershorts sprang er auf und eilte aus dem Zimmer. Er preschte durch das Haus und traf im selben Augenblick in der Diele ein, als sein Vater die Tür öffnete.
    Explosionsartig schwang sie zurück nach innen. Jemand auf der anderen Seite musste dagegengetreten haben.
    Sein Vater taumelte rückwärts, als eine zierliche junge Frau mit schulterlangen, kastanienbraunen Locken das Haus betrat, gefolgt von drei anderen grinsenden Fremden. Die Frau trug enge Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit einem Bibelzitat auf der Brust. Ihre Gefährten, zwei junge Männer und eine Frau mittleren Alters, waren nackt. Blut bedeckte ihre nackten Körper. Kent glotzte sie fassungslos an, konnte nicht vollständig verarbeiten, was er da sah. In Wheaton Hills taten die Menschen so etwas nicht. Man konnte nicht einfach ohne Klamotten draußen rumlaufen. Und was hatte es mit dem ganzen Blut auf sich?
    Die zierliche junge Frau zückte eine Pistole.
    Sie zielte damit auf Cal Hickerson und drückte den Abzug. Eine Kugel schlug mit einem roten Sprühnebel einen Brocken aus seinem Schädel. Tot sackte er zu Boden. Von irgendwo anders im Haus drang ein Schrei heran. Kents Mutter. Die Mörderin seines Vaters richtete die Aufmerksamkeit auf ihn und ließ ein strahlendes Lächeln aufblitzen, das Kent unter anderen Umständen als bezaubernd empfunden hätte. »Hallo, Schätzchen.«
    Sie kam näher zu ihm und zielte mit der Pistole auf sein Gesicht.
    In Anbetracht dessen, was die Waffe mit dem Kopf seines Vaters angerichtet hatte, hob Kent die zitternden Hände. Die junge Frau lachte und schlug ihm mit der Waffe ins Gesicht. Mit einer Drehung taumelte er zu Boden. Die anderen eilten los, um nach seiner Mutter zu suchen. Sie wollten sie umbringen. Daran bestand für Kent kein Zweifel. Verzweiflung erfasste ihn. Seine Eltern hatten ihn verlassen. Sein eigenes Leben schien nur noch Augenblicke vom Ende entfernt zu sein. Es gab nur noch eine Hoffnung – dass sie im Himmel wieder zusammenfanden. Kent war Christ und glaubte an Gott

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