Die Finsteren
weitere Begegnungen mit umherstreunenden Wahnsinnigen, aber nichts so Heftiges wie die nur knapp abgewendete Kollision. Bald ließen sie Wheaton Hills hinter sich und gelangten auf die Weakley Lane. Nach etwa 50 Metern fuhr Clayton rechts ran und blieb stehen. Kurz hielten sie inne, um sich zu sammeln und darüber nachzudenken, was sie für ein gewaltiges Glück gehabt hatten, unbeschadet aus Wheaton Hills entkommen zu sein. Dann stiegen sie aus und überquerten die Straße. Mark ging mit der Taschenlampe aus Claytons Handschuhfach voran und entdeckte die schmale, überwucherte Lücke zwischen den Bäumen, die zum Haus führte. Die eigenartige Stille auf dieser Seite der Weakley Lane mutete nach dem Chaos in Wheaton Hills beunruhigend an. Obwohl der Dämon diesen Ort verlassen hatte, blieben Spuren seiner Gegenwart zurück. Diese sorgten dafür, dass alle Wildtiere einen weiten Bogen um das Grundstück machten.
Der Pfad verlief gewunden und bald erhaschte Mark einen ersten Blick auf das kleine Gebäude. Er konnte die dunklen Umrisse des alten Buick Special erkennen, der auf Betonblöcken aufgebockt davorstand. Die anderen folgten ihm auf die Lichtung und sie traten als Gruppe vor das Haus und blieben an den Stufen der Veranda stehen. Mark spähte zum ersten Stock zu dem mit Brettern vernagelten Fenster hinauf, auf das jemand ein Pentagramm gesprüht hatte. Ein Frösteln kroch durch seinen Körper, als er das Symbol anstarrte. Eine unverhohlene Erinnerung an die Natur des Bösen, mit dem sie es zu tun hatten. Er dachte an Natasha. Sie befand sich irgendwo da draußen inmitten des Chaos. Erneut flammte jenes Gefühl von Verlust in ihm auf. Und noch etwas anderes. Besorgnis. Aber vorerst musste er das verdrängen. Er konnte nur beten, dass sie sich in Sicherheit befand, und diese Sache hinter sich bringen.
Die Tür, die sie ausgehängt hatten, lag immer noch auf dem Boden vor der Veranda. Die schwarze Öffnung, die an ihrer Stelle prangte, wirkte zugleich bedrohlich und einladend. Mark wusste, dass es sich lediglich um ein verlassenes Haus handelte, trotzdem fühlte er sich auf merkwürdige Weise beobachtet. Obwohl der Dämon mittlerweile verschwunden war, wirkte irgendetwas an diesem Gebäude eigenartig. Als besitze die physische Konstruktion selbst ein Bewusstsein – als wäre das Haus wach und beobachtete sie, nachdem es geduldig auf ihre unvermeidliche Rückkehr gewartet hatte.
Kevin sprach für sie alle. »Ich will nicht noch einmal da reingehen.«
Eine Weile herrschte Schweigen.
»Scheiß drauf.«
Jared entriss Mark die Taschenlampe, erklomm die Stufen und trat durch den Eingang.
Mark seufzte und folgte. Er war dankbar für das tröstliche Gewicht des Revolvers in seiner Hand. Zwar mochte er Schusswaffen generell nicht, aber diese hatte ihm in dieser Nacht bereits einmal das Leben gerettet. Er hörte die anderen über die Stufen herankommen, als er das Haus betrat. Diesmal fühlte es sich drinnen kälter an. Was keine Überraschung darstellte. Der Herbst befand sich im fortgeschrittenen Stadium und sie hielten unausweichlich auf den Winter zu. Die zusätzliche Kälte verlieh dem Ganzen eine noch unheimlichere Atmosphäre. Mark bekam eine Gänsehaut, als sich das Gefühl verstärkte, dass sie beobachtet wurden.
Sie bahnten sich den Weg in die Küche und stießen unterwegs mehrmals gegen mit dunklen Laken verhüllte Möbel. Jared hatte bereits die offene Tür der Vorratskammer erreicht und wartete dort auf sie. Er schien es nicht eilig damit zu haben, sich allein hinunter in den Keller zu wagen. Als sie sich näherten, schwenkte er die Taschenlampe in ihre Richtung. Mark hob eine Hand, um die Augen gegen den grellen Strahl abzuschirmen. »Hey.«
»Hey.«
Die Finsteren traten von einem Bein aufs andere und warfen einander vereinzelt nervöse Blicke zu, abgesehen von Fiona, die sehr ruhig blieb und stur auf den staubigen Boden lugte. Kevin hatte die Aufgabe übernommen, sie zu beaufsichtigen, aber das Seil hing schlaff in seiner Hand. Es wäre ein Leichtes für sie gewesen, einen weiteren Fluchtversuch zu unternehmen. Mark fand es bezeichnend, dass sie darauf verzichtete.
Vermutlich hatte sie sich damit abgefunden, was ihnen bevorstand, und wollte es nur noch hinter sich bringen.
»Gehen wir.«
Mark nahm Jared die Taschenlampe wieder ab und drängte sich an ihm vorbei in die Vorratskammer. Die hintere Tür stand halb offen. Die gemalte Darstellung eines schwertschwingenden Andras auf einem großen
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