Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
Vom Netzwerk:
Segel, auf dem ein leuchtendes Viereck erschien, das vom Deck des Trimarans projiziert wurde. Applaus brandete auf. »Ich hoffe, das bedeutet nicht, dass in der Stadt kein Platz mehr ist.«
    Ich hatte keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte, denn ich hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Doch da entdeckte ich das Luftschiff wieder, das am Ankerseil an der Spitze des alten Bohrturms zerrte. Ein Banner hing aus der Fahrgastzelle und kündigte den Boxkampf an.
    Vor mir stieg Gemma die Treppe hoch, die in die Klippen gehauen war, und drängte sich an den oft stinkenden Leuten vorbei, die sich auf den Stufen lümmelten. Aufgrund ihrer schlichten, ausgeblichenen Oberteile und der locker sitzenden Hosen vermutete ich, dass es Floater waren.
    Ein paar von ihnen sahen auf, als ich an ihnen vorbeilief, doch sie mussten schon zweimal hingucken, um meinen Schein zu entdecken. Wenn man bedachte, wie viele Leute dort auf den Stufen hockten und mich beobachteten, kam ich ziemlich glimpflich davon. Das Halstuch und der Hut erfüllten ihren Zweck.
    Oben auf der Klippe mussten wir uns in eine lange Warteschlange reihen, um einen Platz in einer Gondel zu bekommen. Die meisten Wartenden waren Topsider aus den Schachtelstädten, die mehrere im Wind wehende Schichten aus durchsichtigem Stoff trugen. Und ich hatte gedacht, Gemmas Sari wäre ausgefallen. Offensichtlich war mir entgangen, was »ausgefallen« wirklich bedeutete. Jedes Teil, das sie am Körper trugen, war mit Silber und Gold bestickt oder mit irgendwelchem Firlefanz wie Quasten, Kristallen, Spiegeln und Metallknöpfen verziert. Dieses ganze Funkeln und Glitzern erinnerte mich an die Lichtshow von Tiefseekreaturen, obwohl diese weitaus schöner anzusehen waren.
    Ich fing Gemmas Blick auf. Der türkise Stoff ihres Saris, der ohne zusätzlichen Schmuck über ihrer Schulter drapiert war, verwandelte ihre blauen Augen in Gezeitentümpel.
    »Du siehst hübsch aus.« Das war mir herausgerutscht, bevor ich darüber nachdenken konnte. Ich versteifte mich. »Hübsch« war so was von nichtssagend. Ich hätte mir etwas Besseres einfallen lassen sollen. Doch das Lächeln, das sie mir als Antwort schenkte, war so umwerfend, dass ich mich nicht entsinnen konnte, warum ich ihr nicht schon auf dem Anlegering gesagt hatte, dass sie wunderschön aussah.
    Als die nächste Gruppe in eine Seilbahngondel stieg, entdeckte ich Benton Tupper ganz vorn in der Reihe. Ich machte Gemma auf ihn aufmerksam. »Das ist der Abgeordnete des Benthic-Territoriums.« Mir fiel auf, dass er nicht seine offizielle blaue Versammlungsrobe trug, sondern ein bunt gestreiftes Hawaiihemd, in dem er wie eine Marktbude aussah. »Er hat eigentlich Wichtigeres zu tun, als sich Boxkämpfe anzusehen – zum Beispiel sich darum zu kümmern, dass wir als Staat anerkannt werden oder wenigstens ein Stimmrecht in der Versammlung bekommen.«
    Gemma war weniger an Tupper, sondern vielmehr an der Gondel interessiert. Auf unserer Seite eines sonnengebleichten Absperrungsseils verkaufte ein stämmiger Kerl mit einer Geldkassette Fahrkarten. Auf der anderen Seite hielt ein Mann mithilfe eines Eisenhakens die Seilbahnkabine am Türrahmen fest und mühte sich ab, die Gondel ruhig zu halten.
    »Meinst du, hier werden regelmäßig Sicherheitskontrollen durchgeführt?« Misstrauisch beäugte Gemma den Seilbahnwagen. »Der sieht ja aus, als wäre er von einem Affen mit Hitzschlag zusammengezimmert worden.«
    »Auch das noch«, murmelte ich – aber nicht wegen der baufälligen Gondel. Jetzt, da wir vorn in der Warteschlange standen, erkannte ich den Mann wieder, der die Fahrkarten verkaufte – Ratter. Er trug immer noch den violetten Gehrock und die Sonnenbrille mit den hochgeklappten Gläsern. Es war der Mann, den Kommandantin Revas wegen des Kaugrases zurechtgewiesen hatte. Natürlich hatte ich auch seine Reaktion nicht vergessen, als ich verkündet hatte, dass die Nomad mein Bergungslohn war. Er hatte mich mit blutunterlaufenen Augen finster angestarrt. Jetzt ruhte sein Blick wieder auf mir. Wie zur Erinnerung funkelte er mich erneut grimmig an – und meine Haut begann zu kribbeln.

9
    Ratter ließ mich nicht aus den Augen und spuckte ein Stück Kaugras aus, wobei grüner Speichel über sein unrasiertes Kinn lief. »Du bist doch dieser Pionier-Junge, der denkt, dass er Anspruch auf die Nomad hat.«
    »Es freut mich auch, Sie zu sehen.« Ich hielt die Eintrittskarten hoch. Ich wollte mich auf keinen Fall von ihm einschüchtern

Weitere Kostenlose Bücher