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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
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Name ist Ty«, sagte ich. »Ich werde niemandem erzählen, dass ich Sie hier gesehen habe.«
    Tupper winkte bei meinem Versprechen ab und entspannte sich. »Was ist schon dabei, wenn ich gelegentlich bei Boxkämpfen zuschaue? Meine Kollegen sind viel zu konservativ und wissen gar nicht, was sie verpassen. Ein paar Surfs gehen aufeinander los – es gibt keine Regeln. Das nenne ich Nervenkitzel. Da kommen nicht mal Hundekämpfe ran.«
    Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. Da lernte ich ja eine ganz neue Seite unseres Abgeordneten kennen.
    »Ich habe das von deinen Eltern gehört«, meinte Tupper unvermittelt.
    »Tatsächlich?« Neuigkeiten verbreiteten sich schnell. Ich fragte mich, ob Kommandantin Revas ihn darüber informiert hatte.
    »Ja, eine ganz üble Sache, dieses … Leuteentführen.« Er schüttelte den Kopf, als sei er bestürzt über die schlechten Manieren der Surfs.
    »Können Sie mir helfen, sie zurückzuholen?«
    »Ich?«
    »Ja! Sie könnten der Meereswache befehlen, mehr Skimmer auf die Suche nach ihnen zu schicken.«
    Tupper lächelte schief. »Du redest wie ein wahrer Pionier.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass ich nicht erwarte, dass du auch nur die geringste Ahnung hast, welche Befugnisse ich habe, in die Befehlskette des Staatenbundes einzugreifen. Die Antwort lautet nämlich: gar keine. Aber sei unbesorgt, die Meereswache wird sie zurückholen. So wie immer.«
    So wie immer? Bevor ich weiter nachhaken konnte, was er damit meinte, ergriff Gemma so fest meine Hand, dass ich zusammenzuckte. Ich lehnte mich aus der Gondel und sah die Ölplattform schnell näher kommen. Der ursprüngliche Bohrturm diente jetzt als Leuchtturm. Gleich daneben ragte ein Kran in die Höhe, der fast ebenso hoch war. Auf jeder Ebene wimmelte es nur so von Menschen, das war gut zu erkennen, weil jedes Deck nur von einer halbhohen Brüstung umgeben war. Auf der fünften Ebene klaffte eine breite Öffnung, die als Anlegestelle diente, und wir rasten direkt darauf zu.
    »Oh, nur die Ruhe«, sagte Tupper zu Gemma. »Selbst wenn das Seil reißt, würde dich der Absturz nicht töten. Na ja«, berichtigte er sich, »wenn man gegen die Felsen schlägt, dann schon, aber es hat keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.«
    Gemma erwiderte nichts darauf. Vielleicht bemerkte sie nicht einmal, dass er mit ihr sprach, denn sie hatte das Tuch vom Kopf gezogen und hielt es sich vor die Augen.
    Mit einem dumpfen Geräusch krachte der Seilbahnwagen in den gepolsterten Durchlass. Während alle Insassen gleichzeitig nach vorn taumelten, fing ein anderer Mann die Gondel mit einem Landungshaken auf und wurde etliche Schritte mitgeschleppt, bevor sie endlich zum Stehen kam.
    »Raus mit euch!«, rief er. »Und nicht stolpern, sonst endet ihr noch als Matratze für den Nächsten, der hinfällt.« Ich spähte über den Rand und sah, dass die Gondel ein ganzes Stück über dem Stahldeck schwebte. »Nun springt schon!«, schrie er. »Ich kann die Gondel nicht länger als ’ne Minute halten.«
    Die Türen am hinteren Ende des Seilbahnwagens wurden aufgestoßen und die Leute kletterten heraus. Die Festlandbewohner lachten und schnatterten, als seien die Überfahrt und das Abspringen Teil des Vergnügens. Ich vermutete, dass die Laufbänder und Pendelzüge in ihren Städten keine besonders große Herausforderung für sie darstellten.
    Wir stiegen zuletzt aus. Der Mann mit dem Haken drehte die Gondel um einen Stützbalken, hielt sie auf der anderen Seite aber noch fest, denn dort warteten die nächsten Passagiere – darunter ein paar Surfs, aber hauptsächlich Einheimische, die nicht besonders gut gelaunt wirkten.
    »Wer keine Eintrittskarte für den Kampf hat, muss Rip Tide vor dem nächsten Gong verlassen«, rief der Mann mit dem Landungshaken. »Oder er geht mit einem Platscher.«
    Ein Murren ging durch die Menge, als die Wartenden auf den Aufsitzblock kletterten und sich in die Seilbahnkabine zogen. Doch niemand protestierte lautstark dagegen, dass er gezwungen wurde, die Stadt zu verlassen.
    Ein Surf, der nicht viel älter war als ich, wurde von seinen Freunden mitsamt Krücken in die Gondel gehievt. Er trug eine Hose, die an einem Bein über dem Knie abgeschnitten war – nur, dass dort kein Knie war, sondern der Stumpf des linken Beines hervorschaute. Er war nicht so auf die Welt gekommen. Sein Bein war amputiert worden … von etwas mit scharfen Zähnen.
    Von dem Mann mit dem Landungshaken erfuhr ich, dass ich auf dem

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