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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
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lassen oder meine Zeit damit verschwenden, ihn über die Bergungsrechte aufzuklären.
    Er beachtete die Tickets nicht, sondern musterte mich von oben bis unten. »Irgendetwas stimmt nicht mit dir.«
    »Wie bitte?«
    »Deine Haut sieht eigenartig aus«, stellte er fest. »Wir lassen keine Kranken nach Rip Tide. Befehl des Bürgermeisters.« Mit diesen Worten holte er ein Stück trockenes Seegras aus der Tasche seines Gehrocks.
    »Ihm geht es gut.« Gemma riss mir die Eintrittskarten aus der Hand und hielt sie Ratter hin. »Er ist jedenfalls gesünder als Sie.«
    Ratter steckte sich das Gras in den Mund und kaute darauf herum, als würde er angestrengt nachdenken. Schließlich sagte er: »Kein Zutritt für Minderjährige ohne erwachsene Begleitung.« Er musste seine grauen Zellen wirklich angestrengt haben, um darauf zu kommen.
    »Wir sind mit Erwachsenen hier«, konterte Gemma. Sie deutete auf zwei Männer, die hinter uns in der Reihe standen. Sie hatten freie Oberkörper und waren von oben bis unten mit orangefarbener Zinksalbe eingeschmiert. »Wir gehen vor dem Kampf mit ihnen Mittagessen.«
    Das klang für mich wie ein fairer Handel, doch einer der Fischer sagte nur: »Die kenn ich nicht.«
    »Warum geht’s nicht weiter, Ratter?«, rief der Typ mit der Hakenstange, der nach und nach näher an den Rand der Klippe gerutscht war. »Ich kann noch zwei mitnehmen.«
    »Ich hab hier Ärger mit so ’nem Dunklen Leben.«
    Das erklärte natürlich alles. »Aha. Sie haben also was gegen Pioniere?«, fuhr ich ihn an.
    »Ich habe was gegen dich«, knurrte er. »Und jetzt verschwinde, denn du wirst Rip Tide nicht betreten.«
    Ich wollte dagegenhalten, doch Gemma zog mich zur Seite.
    »Mädchen, du kannst weitergehen, wenn du willst.« Er lächelte und entblößte dabei seine verfaulten Zähne.
    »Vielleicht …«, erwiderte Gemma und drehte sich zu mir. »Wie war noch mal der Name eures Abgeordneten?«
    »Benton Tupper.« Ich ahnte, was sie vorhatte, und hielt nach ihm Ausschau. Auf der Handelsstation hätte Tuppers gelb-violett gestreiftes Hawaiihemd wie ein Leuchtfeuer aus den Tauchanzügen der Siedler und der schlichten Kleidung der Floater hervorgestochen, doch nicht in einer Seilbahngondel voller Topsider. »Da«, rief ich, als ich endlich Tuppers schmalen Kopf zwischen den anderen entdeckt hatte.
    »Abgeordneter Benton Tupper!«, rief Gemma, so laut sie konnte.
    Er wirbelte herum, entdeckte uns und duckte sich hinter eine große Frau, die sich mindestens zwanzig Schleier umgehängt hatte.
    Gemma hielt die Hände wie einen Trichter vor den Mund. »Wir müssen in wichtigen Versammlungsangelegenheiten mit Ihnen sprechen!«
    Tupper blieb, wo er war, und ich konnte es ihm nicht verdenken, denn mir wurde selbst mulmig, als sich die Leute nach uns umdrehten.
    »Benton Tupper«, brüllte Gemma unbeirrt. »Abgeordneter des Benthic-Territoriums, bitte zeigen Sie sich!«
    Damit hatte sie Erfolg. Tupper tauchte hinter der Frau auf und bedeutete Gemma hektisch, still zu sein. Dann bemerkte er, dass wirklich jeder in der Warteschlange und in der Gondel ihn anstarrte. Ihm wurde bewusst, dass er sich in einer ausweglosen Situation befand und er winkte uns schwach zu.
    Gemma schlenderte zu Ratter hinüber, der mich anstarrte, als sei ich ein verseuchtes Nagetier. »Das ist Tys Onkel Benton«, rief Gemma fröhlich. »Er ist Abgeordneter in der Versammlung und sehr wichtig.«
    Missmutig bedeutete uns Ratter mit einem Kopfnicken, dass wir einsteigen durften.
    Der Kerl mit dem Landungshaken rutschte einen weiteren Schritt vorwärts und zwischen dem Rand der Klippe und der Gondel entstand eine Lücke. Gemma zögerte und schielte nach unten, doch der Mann schubste sie einfach an Bord. Sowie ich ihr gefolgt war, warf er die Tür hinter uns zu, löste den Haken und setzte die Gondel mit einem Hebel in Bewegung.
    Wir segelten durch die Luft und rauschten mit halsbrecherischer Geschwindigkeit an dem Stahlseil entlang. Tupper warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, doch das war mir egal. »Danke«, sagte ich zu Gemma, die sich vorbeugte, um nach unten zu sehen. Offensichtlich gefiel ihr nicht, was sie sah, denn sie zuckte sofort wieder zurück.
    »Du bist John Townsons Junge«, bemerkte Tupper. »Das erste Kind, das im Benthic-Territorium geboren wurde, nicht wahr?«
    Ich nickte, obwohl ich nicht nur das erste Kind war, das im Benthic-Territorium geboren wurde, sondern sogar der erste Mensch, der jemals unterseeisch zur Welt gekommen war. »Mein

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