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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
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kann.«
    »Ich werde mit dir kommen.«
    »Danke, aber ich habe dich heute schon genug in Gefahr gebracht.«
    »Das ist mir egal. Mir ist nur wichtig, dass wir deine Eltern zurückholen.« Plötzlich richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf jemanden hinter mir. »Hey, das gehört mir!«
    Ich drehte mich um und sah einen Gardisten mit einer Reisetasche aus der Lounge kommen.
    »Gut, die kannst du mitnehmen.« Er warf Gemma die Tasche vor die Füße. »Ich glaube, es ist alles drin. Aber sieh lieber noch mal nach.«
    »Was soll das heißen?«
    »Du musst hier verschwinden. Befehl der Kommandantin.«
    »Aber …«, Gemma hielt inne. »Wo finde ich die Kommandantin?«
    »Das kannst du dir sparen«, sagte ich, doch sie beachtete mich nicht und blickte den Gardisten erwartungsvoll an.
    »Dein Freund hat Recht. Kommandantin Revas würde einer Jugendlichen nie erlauben, in einer Station der Meereswache herumzulungern.«
    »Seit wann gehört unsere Handelsstation der Meereswache?«, fragte ich entrüstet.
    »Seit die Versammlung das so beschlossen hat«, erwiderte er ungerührt. »Das ist ein guter Standort.«
    »Wofür?«
    »Um für Stabilität und Gerechtigkeit innerhalb des Grenzgebiets zu sorgen«, sagte er und zitierte damit offensichtlich jemanden. Wahrscheinlich einen seiner Vorgesetzten oder einen Abgeordneten der Versammlung.
    Genau was wir Siedler brauchten – eine Besatzung mitten in unserem Territorium, damit der Staatenbund uns kontrollieren und sich in unsere Geschäfte einmischen konnte. Schon jetzt fühlte sich die Handelsstation plötzlich anders an. Als wäre alles Leben aus ihr herausgesaugt worden.
    Den Tränen nahe hob Gemma ihre Reisetasche auf und drückte sie an sich. »Also«, sagte sie und räusperte sich, »möchtest du Jibby nach den Tickets für den Boxkampf fragen oder soll ich das machen?«
    »Natürlich haben sie auch deine Abstellkammer beschlagnahmt«, erklärte ich Gemma. »Der Staatenbund schert sich nicht um Familien oder ihre Heime. Und die Meereswache ist nichts anderes als die rechte Hand der Regierung.«
    Ich schob den Steuerknüppel der Slicky nach vorn und erhöhte die Geschwindigkeit, obwohl der Boxkampf erst Stunden später beginnen würde. Jibby hatte seine Eintrittskarten bereitwillig herausgegeben, nachdem er gehört hatte, warum wir nach Rip Tide wollten.
    Gemma saß schweigend neben mir. Sie hatte ihren Taucheranzug abgelegt, bevor wir die Handelsstation verlassen hatten. Das war keine große Überraschung gewesen. Doch es hatte mich ziemlich aus der Fassung gebracht, als sie in einem hauchdünnen türkisfarbenen Sari auf den Anlegering zurückgekehrt war. Ich hatte sie schon vorher in Topsider-Kleidern gesehen, doch noch nie in etwas so Ausgefallenem. Für die Bewohner der Schachtelstädte mochte es ein alltäglicher Anblick sein, doch hier draußen auf dem Meer zeigten sich nur reiche Touristen in dieser Aufmachung. Ganz besonders die Sorte von Touristen, die sich auf der Handelsstation absetzen ließen, um die verrückten Pioniere zu begaffen, die sich am Meeresboden angesiedelt hatten. Wenn sie mich dann entdeckten, holten sie ihre Fotoapparate heraus, starrten mich an und riefen mir wegen meiner Haut Kommentare hinterher. Noch schlimmer war es, wenn sie Bemerkungen darüber machten, wie rücksichtslos meine Eltern doch seien, weil sie mich einem Leben unter Wasser aussetzten.
    So ziemlich alle meine Erfahrungen mit Topsidern hatten mich nur misstrauisch gemacht und mich in Verlegenheit gebracht. Aus diesem Grund hatte mich wahrscheinlich auch ein unbehagliches Gefühl ergriffen, als Gemma in diesem flatternden Hauch von Nichts aus der Lounge getreten war. Vielleicht hatte es aber auch daran gelegen, dass sie in dem Sari älter wirkte, irgendwie anspruchsvoller. Diese Kombination hatte mich so verunsichert, dass ich am liebsten ins Meer abgetaucht und in einem Schwarm Ährenfische verschwunden wäre. Stattdessen hatte ich mich eifrig damit beschäftigt, die Slicky loszumachen, und die ganze Zeit gehofft, sie würde kein Kompliment von mir erwarten. Jedes Wort aus meinem Mund hätte in diesem Moment unaufrichtig geklungen, denn in Wirklichkeit hätte ich sie lieber wieder in einem Taucheranzug oder wenigstens in einem der unscheinbaren Kleider aus ihrer Internatszeit gesehen.
    Ich betrachtete sie verstohlen. Sie saß direkt neben mir und schien doch so weit entfernt zu sein. Sie blickte aus dem Aussichtsfenster und eine kleine Falte bildete sich zwischen ihren

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