Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
Vom Netzwerk:
Nachmittag nicht gekommen.
    Ich wartete, bis sich meine Augen an das fahle Licht gewöhnt hatten, und wich nur knapp einem Kadaver aus, der an einem Haken von der Decke hing. Ich ging weiter und bahnte mir einen Weg vorbei an weiteren Kadaverstücken. Die weißen Streifen an den Flossen verrieten mir, dass es sich um die Überreste eines Minkwals handelte. Sosehr mich der Anblick auch krank machte, weder er noch der fettige Geruch des Walfischspecks waren schuld, dass mir ganz schwindelig wurde. Der Benzintank mochte mehr als ein Jahrhundert leer gestanden haben, doch ich hätte schwören können, dass noch immer Öldämpfe in der Luft lagen.
    Ich folgte einem Geräusch, das sich wie Fleisch klopfen anhörte, und ging um einen weiteren Walbrocken herum – als ein weißer Hai mit weit geöffnetem Rachen auf mich zusegelte. Mein Herz setzte aus und ich wich stolpernd zurück. Doch der wuchtige blaugraue Leib schwang in die Richtung zurück, aus der er gekommen war, und ich erkannte, dass es nur ein weiterer Kadaver an einem Haken war. Ein toter Hai, der als Ersatz für einen Sandsack herhalten musste.
    Ein paar wuchtige Schläge ließen den großen Weißen erneut durch die Luft schnellen. Sein klaffendes Maul voller spitzer Zähne kam diesmal sogar noch näher und ich war gezwungen, zur Seite zu springen, um nicht umgeworfen zu werden.
    »Sieh mal einer an, er hat den Weg bis hierher gefunden«, hörte ich Eel sagen, als ich in einen Bereich stolperte, wo ich nicht von Kadavern, sondern von grellem Licht umgeben war.
    Blinzelnd wich ich zurück in den Schatten. Sonnenlicht strömte durch eine ebenfalls nachträglich eingebaute Fensterluke in der Decke und erzeugte einen engen Lichtkreis in der Mitte des Benzintanks. Ich entdeckte Gemma etwas abseits neben einem Tisch, der voll beladen war mit Essen. An diesem Tisch war Eel damit beschäftigt, halb verkohlte Tentakel auf einen Teller zu häufen. Gemma winkte mich herüber, aber ein weiterer Hagel von Schlägen lenkte meine Aufmerksamkeit auf Shade.
    Mit seinem rasierten Schädel und den Tätowierungen, die seine Haut überzogen, wirkte er so bedrohlich wie eh und je, während er auf den Hai eindrosch. Als er sich schließlich aufrichtete, fanden mich seine Augen im Halbdunkel abseits des Lichtkreises. »Ich wusste, wir würden uns wiedersehen.«
    Ich hatte vergessen, wie tief seine Stimme war, und ihr Klang jagte mir einen Schauer über den Rücken.
    Um ihn herum schimmerten Staubpartikel in der Luft. Vielleicht waren es auch winzige Zähnchen, die sich von der Haifischhaut gelöst hatten. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Ich hätte nur nicht gedacht, dass du blöd genug bist, nach Rip Tide zu kommen.«

11
    Am anderen Ende des Benzintanks klatschte jemand laut in die Hände. »Das nenne ich einen Auftritt!«, sagte ein dunkelhäutiger Mann und trat in den sonnendurchfluteten Bereich vor.
    Die Knöpfe an seinem langen Talar aus Leinen glänzten im Licht, und ich nahm an, dass er ein Amtsträger war, denn um die Taille trug er eine mit Fransen versehene Schärpe. Hoffentlich war das Bürgermeister Fife.
    Er nahm den flachen, breitkrempigen Hut ab und deute damit in Richtung des immer noch hin- und herpendelnden Hais. »Wenn du das im Ring ablieferst, mache ich dich zum Star«, sagte er zu Shade.
    »Ich habe nur einem Kampf zugestimmt.« Shades Erwiderung klang mehr wie eine Warnung als eine Erinnerung. »Und nicht einmal der scheint das Risiko wert zu sein.«
    Der Mann schob Shades Bedenken beiseite. »Wenn du die Jubelrufe hörst, wirst du alles andere vergessen. Wenn du gewinnst, könntest du auf Tour gehen und einen Lastkahn voll Geld machen. Du bist absolut einzigartig und hättest auf der Stelle Fans – Fans, die zu jeder Stadt vor der Küste reisen würden, um dich kämpfen zu sehen.«
    »Genau, was ich brauche«, spottete Shade, während er zerrissene Stoffstreifen von seinen Händen wickelte. »Ich im Scheinwerferlicht. Dann könnte ich auch gleich eine Zielscheibe auf dem Rücken tragen.« Er hatte sich die Fingerknöchel an der sandpapierartigen Haut des Hais blutig geschlagen. Mit finsterem Blick drehte er sich zu Pretty um. »Wer meinte, das wäre eine gute Idee?«
    »Du.« Pretty tauchte einen Eimer in eine Tonne. »Und Fife«, fügte er hinzu und sah den Mann in dem Talar mit einem komischen Blick an.
    Also hatte Eel nicht gelogen. Shade hatte tatsächlich nach Bürgermeister Fife rufen lassen. Ich hätte nie gedacht, dass einmal der

Weitere Kostenlose Bücher