Die Firma
das so wichtig?«
»Aus mehreren Gründen. Zuerst einmal will sie Sie hier haben. Die Firma ist sehr wählerisch, und in der Regel bekommt sie die Leute, die sie haben will. Aber Memphis liegt nicht gerade im Rampenlicht, deshalb muß sie mehr bieten.
Außerdem stellt die Firma große Ansprüche, besonders an die jüngeren Anwälte. Termindruck, Überstunden, Achtzig-Stunden-Wochen und Zeiten, in denen sie unterwegs sind. Das ist für beide nicht einfach, und die Firma weiß das. Der Theorie zufolge sorgt eine gute Ehe für einen glücklichen Anwalt, und ein glücklicher Anwalt ist ein produktiver Anwalt. Was dem Ganzen zugrundeliegt, ist also der Profit. Immer der Profit. Aber es gibt noch einen weiteren Grund. Diese Männer - all diese Männer und ihre Frauen - sind sehr stolz auf ihren Reichtum, und von jedermann wird erwartet, daß er einen wohlhabenden Eindruck macht und sich entsprechend benimmt. Es wäre eine Beleidigung für die Firma, wenn ein junger Anwalt gezwungen wäre, in einer Mietwohnung zu leben. Sie möchten Sie in einem Haus sehen, und nach fünf Jahren in einem größeren Haus.
Wenn wir heute nachmittag Zeit dazu haben, zeige ich Ihnen ein paar von den Häusern der Partner. Wenn Sie die sehen, machen Ihnen die Achtzig-Stunden-Wochen nichts mehr aus.«
»Ich bin jetzt schon an sie gewöhnt.«
»Das ist gut, aber das Studium läßt sich damit nicht Vergleichen. In der Zeit, in der die Jahresabschlüsse gemacht werden müssen, arbeiten sie manchmal hundert Stunden.«
Abby lächelte und schüttelte den Kopf, als wäre sie mächtig beeindruckt. »Arbeiten Sie?«
»Nein. Die meisten von uns arbeiten nicht. Das Geld ist da, wir sind also nicht darauf angewiesen, und von unseren Männern bekommen wir kaum Hilfe beim Aufziehen der Kinder.
Arbeiten ist natürlich nicht verboten.«
»Von wem verboten?«
»Der Firma.«
»Das hoffe ich doch.« Abby wiederholte lautlos das Wort
»verboten«, ließ es aber auf sich beruhen.
Kay trank einen Schluck Kaffee und beobachtete die Enten.
Ein kleiner junge wanderte von seiner Mutter fort und blieb neben dem Springbrunnen stehen. »Wollen Sie Kinder?« fragte Kay.
»Vielleicht in ein paar Jahren.«
»Kinderkriegen ist erwünscht«
»Wem?«
»Der Firma.«
»Weshalb sollte der Firma daran liegen, daß wir Kinder haben?«
»Gleichfalls wegen der stabilen Familienverhältnisse. Ein neues Baby ist ein großes Ereignis in der Firma. Sie schicken Blumen und Geschenke ins Krankenhaus. Sie werden behandelt wie eine Königin. Ihr Mann bekommt eine Woche frei, aber er ist zu beschäftigt, um sie auszunutzen. Sie investieren tausend Dollar in einen Treuhandfonds für das College. Eine tolle Sache.«
»Hört sich an wie eine große Bruderschaft.«
»Es ist eher eine große Familie. Unser gesellschaftliches Leben dreht sich um die Firma, und das ist wichtig, weil keiner von uns aus Memphis stammt. Wir sind alle hierher verpflanzt worden.«
»Das ist hübsch, aber ich möchte nicht, daß mir jemand sagt, wann ich arbeiten darf und wann ich aufhören und wann ich Kinder kriegen soll.«
»Keine Sorge. Sie sind alle sehr fürsorglich, aber die Firma mischt sich nicht in private Angelegenheiten ein.«
»Da bin ich nicht so sicher.«
»Nicht nervös werden, Abby. Die Firma ist wie eine Familie.
Es sind großartige Leute, und Memphis ist eine wundervolle Stadt, um darin zu leben und Kinder aufzuziehen. Die Lebenskosten sind viel geringer, und das Leben geht einen gemächlicheren Gang. Wahrscheinlich überlegen Sie, ob Sie nicht einer der großen Städte den Vorzug geben sollten. Das haben wir auch getan, aber jetzt ziehe ich Memphis den großen Städten allemal vor.«
»Bekomme ich einiges davon zu sehen?«
»Deshalb bin ich hier. Ich dachte, wir fangen im Zentrum an und fahren dann nach Osten, um uns einige der hübscheren Viertel und vielleicht ein paar Häuser anzusehen, und dann gehen wir zum Lunch in mein Lieblingsrestaurant«
»Hört sich gut an.«
Kay bezahlte den Kaffee, wie vorher den Brunch, und sie verließen in dem neuen Mercedes der Quins das Peabody.
Das Eßzimmer, wie es schlicht genannt wurde, nahm das westliche Ende des fünften Stocks oberhalb des Riverside Drive ein und lag hoch über dem in einiger Entfernung vorbeifließenden Fluß. In eine Wand war eine Reihe zweieinhalb Meter hoher Fenster eingelassen, durch die man e i nen faszinierenden Blick auf die Schleppkähne, Raddampfer, Docks und Brücken hatte.
Der Raum war ein geschütztes
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