Die Firma
Videokamera. Und falsche Papiere. Ich möchte bei diesem Geschäft nicht noch zusetzen müssen.«
Mitch machte sich auf den Weg zur Tür. »Wie wäre es mit weiteren fünfzigtausend?«
»Ich würde sie nehmen.«
Er zwinkerte ihr zu und schloß die Tür hinter sich, wobei er sich fragte, ob er sie je wiedersehen würde.
Die Zelle maß zweieinhalb mal zweieinhalb Meter, mit einer Toilette in einer Ecke und einem Etagenbett. Das obere Bett war seit einem Jahr nicht belegt. Ray lag auf dem unteren Bett mit Ohrhörern in beiden Ohren. Er redete mit sich selbst in einer sehr fremden Sprache. Türkisch. Er wäre jede Wette eingegangen, daß er in diesem Moment in diesem Trakt der einzige war, der sich dieses Berlitz-Kauderwelsch auf Türkisch anhörte. Hier und dort wurde in den Zellen leise geredet, aber die meisten Lichter waren bereits aus. Es war elf Uhr, Dienstagabend.
Der Wachmann erschien vor seiner Zelle. »McDeere«, sagte er leise, durch das Gitter hindurch. Ray setzte sich auf die Bettkante, mit dem zweiten Bett über sich, und starrte ihn an. Er zog die Hörer heraus.
»Der Chef möchte Sie sehen.«
Na klar doch, dachte er, der Oberaufseher sitzt um elf Uhr abends an seinem Schreibtisch und wartet auf mich. »Wo gehen wir hin?« Es war eine nervöse Frage.
»Ziehen Sie Ihre Schuhe an und kommen Sie mit.«
Ray schaute sich in der Zelle um und machte eine schnelle Inventur seiner weltlichen Habe. Im Laufe von acht Jahren war er zu einem Schwarzweißfernseher gekommen, einem großen Kassettenrecorder, zwei Pappkartons voll mit Bändern und mehreren Dutzend Büchern. Er verdiente mit seiner Arbeit in der Gefängniswäscherei drei Dollar am Tag, aber nach den Zigaretten war für Greifbares nicht viel übriggeblieben. Das war alles, was er besaß. Acht Jahre.
Der Wachmann steckte einen schweren Schlüssel ins Schloß und schob die Tür ein paar Zentimeter weit auf. Er schaltete das Licht aus. »Folgen Sie mir, und keine faulen Tricks. Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber Sie haben ein paar mächtige Freunde.«
Andere Schlüssel öffneten andere Türen, und dann waren sie draußen unter dem Basketball-Korb. »Bleiben Sie hinter mir«, sagte der Wachmann.
Rays Blicke glitten über den dunklen Platz. Die Mauer ragte empor wie ein Gebirge, ein Stück entfernt hinter dem Hof, auf dem er tausend Meilen herumspaziert war und eine Tonne Zigaretten geraucht hatte. Bei Tageslicht war sie fünf Meter hoch, aber bei Nacht sah sie viel höher aus. Die Wachttürme hatten fünfzig Meter Abstand und waren hell beleuchtet. Und schwer bewaffnet.
Der Wachmann war ruhig und gelassen. Natürlich, er trug eine Uniform und hatte eine Waffe. Er ging zwischen zwei Gebäuden aus Schlackensteinen hindurch und wies Ray an, ihm zu folgen und ganz cool zu bleiben. Ray versuchte, cool zu bleiben. Sie blieben an der Ecke eines Gebäudes stehen, und der Wachmann schaute zu der nun noch fünfundzwanzig Meter entfernten Mauer hinüber. Suchscheinwerfer schwenkten routinemäßig über den Hof, und sie wichen in die Dunkelheit zurück.
Warum verstecken wir uns? fragte sich Ray. Sind die Männer mit ihren Kanonen da oben auf unserer Seite? Das hätte er gern gewußt, bevor er sich zu irgendwelchen dramatischen Schritten entschloß.
Der Wachmann deutete auf genau die Stelle der Mauer, an der James Earl Ray und seine Bande hinaufgeklettert waren.
Eine ziemlich berühmte Stelle, studiert und bewundert vom größten Teil der Insassen von Brushy Mountain. Jedenfalls vom größten Teil der Weißen. »In ungefähr fünf Minuten wird da drüben eine Leiter aufgestellt. Der Draht oben ist bereits durchgeschnitten. Auf der anderen Seite finden Sie ein kräftiges Seil.«
»Darf ich ein paar Fragen stellen?«
»Machen Sie schnell.«
»Was ist mit den Scheinwerfern?«
»Die werden abgelenkt. Sie werden völlige Dunkelheit haben.«
»Und die bewaffneten Leute da oben?«
»Keine Sorge. Die schauen in die andere Richtung.«
»Verdammt nochmal, sind Sie sicher?«
»Hören Sie, Mann. Ich habe schon ein paar Inside-Jobs erlebt, aber das setzt allem die Krone auf. Den hier hat Chef Lattemer selbst geplant. Er ist jetzt dort oben.« Der Wachmann deutete auf den nächsten Turm.
»Der Oberaufseher?«
»Ja. Damit nichts schiefgehen kann.«
»Wer stellt die Leiter auf?«
»Zwei Wachmänner.«
Ray wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn und atmete tief ein. Sein Mund war trocken und seine Knie waren weich.
Der Wachmann flüsterte. »Draußen wartet
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