Die Firma
Blondine an.
Sie saß jetzt mit übergeschlagenen Beinen auf der Schreibtischkante, und der schwarze Lederrock endete weit oberhalb der Knie. Sie trank eine Diät-Pepsi.
»Ja.«
»In einer großen Firma?«
»Ja.«
»Das dachte ich mir. Das war schon an Ihrem Anzug und dem schicken Hemd mit der seidenen Krawatte zu erkennen.
Ich weiß immer, ob es sich um einen Anwalt aus einer großen Firma handelt oder einen von den Typen, die immer beim City Court herumlungern.«
Der Rauch zog ab, und Mitch atmete leichter. Er bewunderte ihre Beine, die sich im Augenblick genau in der Position befanden, die Bewunderung verlangte. Jetzt betrachtete sie seine Schuhe.
»Der Anzug gefällt Ihnen?« sagte er.
»Er ist teuer. Das sieht man. Und die Krawatte auch. Beim Hemd und bei den Schuhen bin ich nicht so sicher.«
Mitch betrachtete die Stiefel, die Beine, den Rock und den engen Pullover über den großen Brüsten und versuchte, sich etwas Nettes einfallen zu lassen. Sie genoß seinen an ihr entlangwandernden Blick und trank wieder einen Schluck Diät-Pepsi.
Als sie genug hatte, deutete sie mit einem Kopfnicken auf Eddies Tür und sagte: »Sie können hineingehen. Eddie erwartet Sie.«
Der Detektiv war am Telefon und versuchte, einen armen alten Mann davon zu überzeugen, daß sein Sohn in der Tat homosexuell war. Er deutete auf einen Holzstuhl, und Mitch setzte sich. Er sah zwei Fenster, beide weit offen, und atmete leichter.
Eddie wirkte angewidert und deckte die Sprechmuschel ab.
»Er weint«, flüsterte er Mitch zu, der entgegenkommend lächelte, als wäre er belustigt.
Eddie trug blaue Schuhe aus Echsenleder mit spitzen Kappen, Levis, ein gestärktes, pfirsichfarbenes Hemd, an dem so viele Knöpfe offenstanden, daß die dunkle Brustbehaarung zu sehen war, und zwei schwere Goldketten und eine weitere, bei der es sich um Türkis zu handeln schien. Er hatte eine Vorliebe für Tom Jones oder Humperdinck oder einen dieser Sänger mit einer Menge Haaren, dunklen Augen, einem dichten Backenbart und einem massigen Kinn.
»Ich habe Fotos«, sagte er und zog den Hörer vom Ohr, als der alte Mann schrie. Er zog fünf großformatige Hochglanzfotos aus einer Akte und schob sie über den Tisch in Mitchs Schoß.
Ja, das waren in der Tat Homosexuelle, um wen immer es sich handeln mochte. Eddie lächelte ihn stolz an. Die Männer befanden sich auf einer Bühne, vermutlich in einem Tuntenclub.
Er legte sie auf den Schreibtisch und schaute aus dem Fenster.
Sie waren farbig, von guter Qualität. Wer immer sie aufgenommen hatte, mußte in dem Club gewesen sein. Mitch dachte an die Verurteilung wegen Vergewaltigung. Ein Bulle, der wegen Vergewaltigung verknackt worden war.
Er knallte den Hörer auf die Gabel. »Sie sind also Mitchell McDeere! Freue mich, Sie kennenzulernen.«
Sie reichten sich über den Schreibtisch hinweg die Hand.
»Ganz meinerseits«, sagte Mitch. »Ich war am Sonntag bei Ray.«
»Ich habe das Gefühl, Sie schon jahrelang zu kennen. Sie sehen aus wie Ray. Er hat mir erzählt, daß es so ist. Hat mir alles über Sie erzählt. Und ich nehme an, er hat auch von mir gesprochen. Die Arbeit bei der Polizei. Die Verurteilung. Die Vergewaltigung. Hat er Ihnen gesagt, daß es Beischlaf mit einer Minderjährigen war, daß das Mädchen siebzehn Jahre alt war, aber aussah wie fünfundzwanzig, und daß man mich hereingelegt hat?«
»Er erwähnte es. Ray redet nicht viel. Das wissen Sie.«
»Er ist ein großartiger Bursche. Ihm habe ich es zu verdanken, daß ich noch am Leben bin. Im Gefängnis hätten sie mich beinahe umgebracht, als sie herausbekommen hatten, daß ich Bulle war. Er trat dazwischen, und sogar die Schwarzen zogen sich zurück. Er kann Leuten wehtun, wenn er es darauf anlegt.«
»Er ist alles, was ich an Familie habe.«
»Ja, ich weiß. Wenn man jahrelang mit einem Mann in einer zweieinhalb mal dreieinhalb M e ter großen Zelle zusammenhockt, dann erfahrt man alles, was es zu wissen gibt.
Er hat stundenlang über Sie geredet. Als ich entlassen wurde, wollten Sie gerade mit dem Studium anfangen.«
»Ich bin im Juni dieses Jahres fertig geworden und arbeite jetzt bei Bendini, Lambert & Locke.«
»Nie davon gehört.«
»Es ist eine Firma für Steuer-und Handelsrecht in der Front Street.«
»Ich arbeite viel für Anwälte, in Scheidungssachen.
Beobachten, Fotos machen, solche wie diese, und Schmutz zusammentragen für die Gerichte.« Er sprach schnell, mit kurzen, abgehackten Worten und Sätzen. Die
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