Die Firma
falschen Straßenseite, aber das taten auch alle anderen. Mitch ließ sich in den abgeschabten Sitz sinken und schlug die Beine übereinander.
Der Wagen hatte keine Klimaanlage bis auf die offenen Fenster. Die schwüle Tropenluft fegte über sein Gesicht und ließ sein Haar flattern. Das gefiel ihm.
Die Insel war flach, und auf der Straße nach Georgetown herrschte reger Verkehr - kleine europäische Wagen, Motorroller und Fahrräder. Die Häuser waren kleine, eingeschossige Gebäude mit Blechdächern, hübsch bunt gestrichen. Als sie sich der Stadt näherten, traten Läden an die Stelle der Wohnhäuser, zweiund dreigeschossige weiße Holzbauten, vor denen Touristen unter den Markisen standen und Zuflucht vor der Sonne suchten. Der Fahrer bog scharf ab, und plötzlich befa n den sie sich zwischen den modernen Bankgebäuden der Innenstadt.
Avery übernahm die Rolle des Reiseführers. »Hier gibt es Banken aus aller Welt. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Spanien, Japan, Dänemark. Sogar aus Saudi-Arabien und Israel. Mehr als dreihundert, nach der letzten Zählung. Die Insel hat sich zu einer beachtlichen Steueroase entwickelt. Die Banker hier sind überaus verschwiegen. Mit ihnen verglichen sind die Schwe i zer die reinsten Schwatzmäuler.«
Das Taxi kam in dem dichten Verkehr nur langsam voran, und der Fahrtwind ebbte ab. »Ich sehe eine Menge kanadische Banken«, sagte Mitch.
»Das Gebäude da drüben ist die Royal Bank of Montreal. Da sind wir morgen früh um zehn verabredet. Wir wickeln den größten Teil unserer Geschäfte über kanadische Banken ab.«
»Gibt es dafür einen besonderen Grund?«
»Sie sind sehr sicher und sehr verschwiegen.«
Die überfüllte Straße machte eine Biegung und schnitt eine andere. Hinter der Kreuzung erstreckte sich das funkelnde Blau des Karibischen Meers bis zum Horizont. Ein Kreuzfahrtschiff a n kerte in der Bucht.
»Das ist Hogsty Bay«, sagte Avery. »Hier sind vor dreihundert Jahren die Piraten vor Anker gegangen. Blackbeard selbst hat diese Insel unsicher gemacht und hier seine Beute vergraben. Eines seiner Verstecke wurde vor ein paar Jahren in einer Höhle östlich von hier gefunden, in der Nähe von Bodden Town.«
Mitch lächelte, als glaubte er diese Geschichte. Der Fahrer lächelte in den Rückspiegel.
Avery wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Diese Gegend hat schon immer Piraten angelockt. Früher war es Blackbeard, jetzt sind es moderne Piraten, die Firmen gründen und hier ihr Geld verstecken. Stimmt's, Mon?«
»Stimmt, Mon«, erwiderte der Fahrer.
»Das ist Seven Mile Beach«, sagte Avery. »Einer der schönsten und berühmtesten Strande der Welt. Stimmt's, Mon?«
»Stimmt, Mon.«
»Sand so weiß wie Zucker. Warmes, klares Wasser. Warme, schöne Frauen. Stimmt's, Mon?«
»Stimmt, Mon.«
»Gibt es im Palms heute abend Essen im Freien?«
»Ja, Mon. Um sechs.«
»Das Palms liegt gleich neben unserem Apartment. Es ist ein beliebtes Hotel. Da ist immer eine Menge los.«
Mitch lächelte und betrachtete die Hotels, an denen sie vorbeifuhren. Er erinnerte sich an das Gespräch in Harvard, bei dem Oliver Lambert ihm eine Predigt darüber gehalten hatte, wie sehr die Firma Scheidungen und Schürzenjägerei mißbilligte. Und Alkohol. Vielleicht war Avery diese Predigt entgangen. Aber vielleicht auch nicht.
Die Apartments lagen im Zentrum von Seven Mile Beach, zwischen einem anderen Komplex und dem Palms. Wie nicht anders zu erwarten, waren die im Besitz der Firma befindlichen Apartments geräumig und kostspielig eingerichtet Avery sagte, jedes von ihnen würde mindestens eine halbe Million einbringen, aber sie standen nicht zum Verkauf. Sie konnten auch nicht gemietet werden. Sie waren Zufluchtsorte für die abgekämpften Anwälte von Bendini, Lambert & Locke. Und für ein paar besonders geschätzte Klienten.
Vom Balkon des Schlafzimmers im zweiten Stock aus beobachtete Mitch die kleinen Boote, die ziellos über die funkelnde See glitten. Die Sonne begann zu sinken, und die kleinen Wellen reflektierten ihre Strahlen millionenfach in alle Richtungen. Das Kreuzfahrtschiff entfernte sich langsam von der Insel. Dutzende von Leuten wanderten am Strand entlang, kickten Sand auf, plantschten im Wasser, jagten Sandkrabben und tranken Rumpunsch und jamaikanisches Red Stripe-Bier.
Der pulsierende Rhythmus karibischer Musik driftete vom Palms herüber, wo eine große Freiluftbar unter einem Schilfdach die Strandwanderer anzog wie ein Magnet. In
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