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Die Firma

Die Firma

Titel: Die Firma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Davonlaufen kostete mehr Kraft, als er aufzubringen vermochte.
    Er wollte einfach sitzenbleiben, und vielleicht würde sie verschwinden. Vielleicht würde sie ertrinken. Vielleicht würde plötzlich eine Flutwelle kommen und sie ins Meer hinausschwemmen.
    »Kommen Sie, Mitch.«
    Er zog sein Hemd aus und watete ins Wasser. Sie beobachtete ihn mit einem Lächeln, und als er sie erreicht hatte, ergriff sie seine Hand und führte ihn in tieferes Wasser.
    Sie legte ihm die Arme um den Hals, und sie küßten sich. Er fand die Schnüre. Sie küßten sich abermals.
    Sie hörte abrupt auf und machte sich wortlos auf den Rückweg zum Strand. Er beobachtete sie. Sie setzte sich zwischen den beiden Stühlen in den Sand und legte den Rest ihres Bikinis ab. Er tauchte ins Wasser und hielt eine Ewigkeit lang den Atem an. Als er wieder hochkam, hatte sie sich zurückgelegt, lag auf die Ellenbogen gestützt im Sand. Er ließ den Blick über den Strand wandern und sah natürlich niemanden. Genau in diesem Augenblick verschwand der Mond wieder hinter e i ner Wolke. Auf dem Wasser bewegte sich nichts und niemand, kein Boot, kein Katamaran oder Dingi, kein Schwimmer oder Schnorchler.
    »Das darf ich nicht«, murmelte er durch zusammengebissene Zähne.
    »Was hast du gesagt, Mitch?«
    »Das darf ich nicht!« schrie er.
    »Aber du möchtest es.«
    »Das darf ich nicht.«
    »Komm schon, Mitch. Niemand wird es je erfahren.«
    Niemand wird es je erfahren. Niemand wird es je erfahren. Er ging langsam auf sie zu. Niemand wird es je erfahren.
    Als die Anwälte nach Georgetown fuhren, herrschte Schweigen im Fond des Taxis. Sie hatten sich verspätet. Sie hatten verschlafen und nicht gefrühstückt. Beide fühlten sich nicht sonderlich wohl. Avery machte einen besonders mitgenommenen Eindruck. Seine Augen waren blutunterla u fen, und sein Gesicht war blaß. Er hatte sich nicht rasiert. Der Fahrer hielt im dichten Verkehr vor der Royal Bank of Montreal. Die Hitze und die Luftfeuchtigkeit waren schon jetzt erstickend.
    Der Banker war Randolph Osgood, der Prototyp des steifen Briten in einem marineblauen Zweireiher mit Hornbrille, einer hohen, glänzenden Stirn und einer spitzen Nase. Er begrüßte Avery wie einen alten Freund und stellte sich Mitch vor. Sie wurden in ein großes Büro im zweiten Stock mit Blick auf die Hogsty Bay geführt. Zwei Sekretärinnen warteten.
    »Was genau brauchen Sie, Avery?« fragte Osgood durch die Nase.
    »Fangen wir mit Kaffee an. Ich brauche
    Zusammenfassungen sämtlicher Kontoauszüge von Sonny Capps, Al Coscia, Dolph Hemmba, Ratzlaff Partners und der Greene Group.«
    »Ja, und wie weit möchten Sie zurückgehen?«
    »Sechs Monate. Sämtliche Auszüge.«
    Osgood schnippte mit den Fingern nach einer der Sekretärinnen. Sie ging und kehrte mit einem Tablett mit Kaffee und Kuchen zurück. Die andere Sekretärin machte sich Notizen.
    »Natürlich brauchen wir Ihre Bankvollmachten für jeden dieser Klienten«, sagte Osgood.
    »Sie sind bei den Akten«, sagte Avery, während er seinen Aktenkoffer auspackte.
    »Ja, aber die sind abgelaufen. Wir brauchen neue. Für jedes Konto.«
    »Na und?« Avery schob eine Akte über den Tisch. »Hier sind sie. Alles auf dem neuesten Stand.« Er zwinkerte Mitch zu.
    Eine Sekretärin nahm die Akte und breitete ihren Inhalt auf dem Tisch aus. Jedes Dokument wurde von beiden Sekretärinnen und anschließend von Osgood selbst begutachtet. Die Anwälte tranken Kaffee und warteten.
    Osgood lächelte und sagte: »Scheint alles in Ordnung zu sein. Wir holen die Unterlagen. Was brauchen Sie sonst noch?«
    »Ich muß drei Firmen gründen. Zwei für Sonny Capps und eine für die Greene Group. Wir halten uns an das übliche Verfahren. Die Bank fungiert als lizensierter Agent und so weiter.«
    »Ich kümmere mich um die erforderlichen Dokumente«, sagte Osgood und sah eine der Se k retärinnen an. »Sonst noch etwas?«
    »Das ist im Augenblick alles.«
    »Schön. Die Kontoauszüge sollten in einer halben Stunde hier sein. Wollen Sie mit mir essen?«
    »Tut mir leid, Randolph. Ich muß leider ablehnen. Mitch und ich sind schon verabredet. Vielleicht morgen.«
    Mitch wußte nichts von einer Verabredung, zumindest keiner, die auch ihn betraf.
    »Vielleicht«, erwiderte Osgood. Er verließ das Zimmer mit den Sekretärinnen.
    Avery machte die Tür zu und zog sein Jackett aus. Er trat ans Fenster und trank Kaffee. »Hören Sie, Mitch, es tut mir leid wegen gestern abend. Sehr leid. Ich hatte zuviel

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