Die Flamme erlischt
mit weichem Käse, roten Knollen und heißem Fleisch, zurückkam, war Dirk wieder ruhiger geworden, hatte sich gefangen. Er nahm die Schüsseln entgegen und aß halb in Trance, während sein Gastgeber weiterplapperte. Morgen, schwor er sich. Morgen würde er sie beim Frühstück treffen, mit ihnen reden und soviel wie möglich von der Wahrheit herausfinden. Dann konnte er handeln. Morgen ...
»... nicht beleidigend gemeint«, sagte Vikary gerade. »Lorimaar, Ihr seid kein Narr, aber hierbei handelt Ihr unvernünftig – glaubt es mir!«
Wie erstarrt blieb Dirk im Eingang stehen. Die schwere, hölzerne Tür, die er ahnungslos geöffnet hatte, schwang vor ihm auf. Alle wandten sich dem Neuankömmling zu, vier Augenpaare. Vikary folgte zuletzt, nicht ohne zu beenden, was er zu sagen im Begriff gewesen war. Bevor sie in der Nacht auseinandergegangen waren, hatte ihn Gwen aufgefordert, zum Frühstück einfach hinaufzukommen. Das galt nur für ihn, denn Ruark und die Kavalaren vermieden ein Zusammentreffen, wann immer dies möglich war. Die Zeit war genau richtig, kurz nach Sonnenaufgang. Aber mit dieser Szenerie hatte er nicht gerechnet. Vier Menschen hielten sich in dem höhlenartigen Wohnzimmer auf. Gwen saß mit ungebürstetem Haar und schlaftrunkenen Augen auf dem Rand der niedrigen Couch aus Holz und Leder, die vor dem Kaminfeuer mit den wachenden Wasserspeiern stand. Direkt hinter ihr verharrte Garse Janacek, mürrisch dreinblickend und mit verschränkten Armen, während sich Vikary und ein Fremder vor dem Kamin aufhielten. Alle drei Männer trugen formelle Kleidung und Waffen. Janaceks Beinkleider und das Hemd waren von feinern, holzkohlegrauem Material, mit einem hohen Kragen und einer Doppelreihe schwarzer Eisenknöpfe entlang der Brust. Der rechte Ärmel seines Hemdes war entfernt worden, um den schweren Eisen-Armreif und die schwach funkelnden Glühsteine zu entblößen. Vikary war ebenfalls in Grau, trug aber keine Knopfreihen. Sein Hemd besaß vorn einen V-Ausschnitt, der fast bis zum Gürtel reichte. Von der dunkelbehaarten Brust hob sich ein Jademedaillon mit einer eisernen Kette ab.
Der Fremde wandte sich zuerst an Dirk. Er stand mit dem Rücken zum Eingang, hatte sich aber umgedreht und mißbilligend zur Tür geblickt, als die anderen aufsahen. Er war einen Kopf größer als Vikary und Janacek, und selbst aus dieser Entfernung von mehreren Metern schien er noch auf Dirk herabzusehen. Seine Haut war dunkelbraun und kontrastierte stark mit dem milchweißen Anzug, den er unter den Falten eines violetten Halbcapes trug. Graues Haar mit weißen Strähnen fiel ihm auf die breiten Schultern, und seine Augen – wahre Feuersteine aus Obsidian in einem braunen Gesicht mit hundert Linien und Fältchen - waren nicht freundlich. Das konnte man von seiner Stimme auch nicht sagen. Er musterte Dirk, dann sagte er ganz einfach: »Raus hier!« »Was?« Keine Antwort hätte dümmer sein können als diese, dachte Dirk im gleichen Moment, aber sonst fiel ihm nichts ein. »Raus hier, sagte ich«, wiederholte der Riese in Weiß. Wie bei Vikary, so waren auch bei ihm beide Unterarme entblößt, um die zwei Armreifen, Jade-und-Silber an seinem linken und Eisen-und-Feuer an seinem rechten Arm, zu demonstrieren. Aber Muster und Machart der Schmuckstücke des Fremden unterschieden sich stark von den anderen. Nur die Waffe an seiner Hüfte glich den Waffen der anderen aufs Haar.
Vikary verschränkte die Arme, wie Janacek es schon vor ihm getan hatte. »Dies ist meine Behausung, Lorimaar Hoch-Braith. Ihr habt kein Recht, einem Mann gegenüber ruppig aufzutreten, der meiner Einladung gefolgt ist.«
»Eine Einladung, die Ihr selbst nicht aufzuweisen habt, Braith«, fügte Janacek mit giftigem Lächeln hinzu.
Vikary sah zu seinem teyn hinüber und schüttelte abrupt und kräftig den Kopf. »Nein.«
Was mochte hier nur vorgehen? fragte sich Dirk. »Ich komme zu Euch, um mich zu beschweren, Jaantony Hoch-Eisenjade, und wir haben ernste Gespräche zu führen«, brummte der weißgekleidete Kavalare. »Müssen wir vor einem Innenweltler verhandeln?« Er warf Dirk erneut einen bitterbösen Blick zu. »Einem Spottmenschen, wenn ich es mir recht überlege.«
Vikarys Stimme klang ruhig, aber bestimmt, als er antwortete. »Wir haben schon verhandelt, mein Freund. Ich gab Euch meine Antwort bereits. Meine betheyn steht unter meinem Schutz, ebenso der Kimdissi und jener Mann.« Mit einer raschen Handbewegung zeigte er auf Dirk, dann
Weitere Kostenlose Bücher