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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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und dunklem Blau überzogen den östlichen Himmel, die über wie unter Wasser für geheimnisvolles Zwielicht sorgten.
    »Jetzt oder nie«, murmelte Hulot und baute sich neben dem Steuermann auf, breitbeinig und mit im Rücken verschränkten Händen. »Langsame Fahrt, Kurs Süd-Südost, zehn Grad Lastigkeit.«
    »Langsame Fahrt, Kurs Süd-Südost«, bestätigte der Steuermann.
    »Zehn Grad Lastigkeit«, echote es von der Zentrale herauf, wo der Maat die Tiefenruder bediente.
    Augenblicklich senkte die ›Astarte‹ ihren verstärkten Bug. Fast lautlos verrichtete der elektrische Antrieb seinen Dienst, und das Unterseeboot glitt weiter hinab in die grünblaue Tiefe.
    Sarah und du Gard sprachen kein Wort. Angespannt schauten sie zu, wie Hulot mit meisterlicher Raffinesse sein Schiff dirigierte. Unablässig pendelten seine Blicke zwischen dem Kompass, dem Tiefenmesser und dem Frontbullauge hin und her, obwohl jenseits des dicken Glases kaum etwas anderes zu erkennen war als dunkle Schleier, die wabernd vorüberzogen. Dann jedoch schälten sich Konturen aus der Dunkelheit – und atemlos sah Sarah die riesigen stählernen Rümpfe, die über ihnen im Wasser lagen.
    Die britische Kriegsflotte – sie hatten sie erreicht!
    »Allmächtiger«, entfuhr es ihr, während sie atemlos verfolgte, wie Hulot das Submarin unter den stählernen Kolossen hindurchsteuerte. Von unter Wasser aus betrachtet, wirkten die Schlachtschiffe noch um vieles furchteinflößender, ihre schiere Größe war einschüchternd. Wie riesige schwarze Raubfische lagen sie im Wasser und schienen nur darauf zu warten, sich auf wehrlose Beute zu stürzen. – Sarah konnte nur hoffen, dass sie unentdeckt blieben …
    Die Fahrt ging weiter.
    Mit zäher Langsamkeit durch die Tiefe gleitend, ließ die ›Astarte‹ die Blockadeschiffe hinter sich und steuerte den Osthafen an. An Steuerbord konnte Sarah jetzt schemenhaft die Sandbänke des Pharos erkennen, die sich vor der Halbinsel erhoben und das Tauchen noch vor ein paar Stunden unmöglich gemacht hätten. An ihnen vorbei dirigierte Hulot das Submarin zu den Felsen, über denen Fort Kait Bey thronte, eine der vielen Befestigungen, die den Hafen säumten und in denen die Aufständischen sich verschanzten.
    »Neuer Kurs Süd-Südwest«, ordnete Hulot an. Unwillkürlich hatte der Kapitän seine Stimme gesenkt, obwohl es keinerlei Veranlassung gab, leise zu sprechen. Dort an der Oberfläche mochte dichtes Gedränge herrschen – hier unten hingegen waren sie die uneingeschränkten Herren der See.
    Noch …
    Das Submarin neigte sich ein wenig zur Steuerbordseite, als der Steuermann den neuen Kurs anlegte. Gleichzeitig befahl Hulot dem Maat, ein Stück weit aufzutauchen und auf Periskoptiefe zu gehen – als eine Erschütterung das Unterseeboot durchlief.
    »Festhalten!«, rief Hulot aus Leibeskräften – im nächsten Augenblick war ein hässliches Schrammen zu hören, so laut und durchdringend, dass es allen an Bord durch Mark und Bein ging. Ein schwerer Schlag erschütterte das Submarin – im nächsten Moment war alles schon wieder vorbei.
    »Was war das?«, fragte Sarah gehetzt, die sich rasch an einer Verstrebung festgeklammert hatte.
    »Sind wir beschossen worden?«, erkundigte sich du Gard.
    »Nein, das war keine Granate.« Hulot schüttelte den Kopf. »Schon viel eher ein Riff oder ein Felsen … Schadensmeldung?«, rief er in die Zentrale hinab.
    Es dauerte eine Weile, bis sich die Antwort vernehmen ließ – und sie war niederschmetternd. »Das hintere Tiefenruder, Monsieur le Capitaine«, meldete Maat Caleb.
    »Was ist damit?«
    »Es lässt sich nicht mehr betätigen. Das Gestänge scheint etwas abbekommen zu haben.«
    Hulot ließ einen derben Seemannsfluch vom Stapel, den Sarah ihm gar nicht zugetraut hätte. »Können wir es reparieren?«
    »Sicher, aber nicht von innen.«
    Ein weiterer Fluch, noch schlimmer als der erste.
    »Was bedeutet das?«, wollte Sarah wissen.
    »Sehr einfach, Lady Kincaid – es bedeutet, dass die Expedition zu Ende ist.«
    »Das darf nicht sein!« Sarah schüttelte kategorisch den Kopf.
    »Wir haben keine Wahl. Ohne das hintere Tiefenruder ist es nicht möglich, das Submarin exakt zu manövrieren und auf Periskoptiefe zu halten. Wenn wir zu weit auftauchen, werden wir entdeckt und unter Beschuss genommen.«
    »Warum bleiben wir dann nicht einfach unten?«, wandte du Gard ein.
    »Dämliche Frage«, – Hulot deutete nach den Bullaugen, auf deren anderer Seite nach wie vor

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