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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Frau besaß oder welchem Glauben sie anhing, war für Sarah ohne Bedeutung. Alles, was sie sah, war eine Mutter, der man auf brutale Weise ihr Kind genommen hatte – und ein Mann in goldbetresster Uniform, der sich darüber ausschütten wollte vor Lachen.
    Du Gard kannte sie inzwischen gut genug, um zu wissen, dass das angriffslustige Blitzen in ihren Augen nichts Gutes zu bedeuten hatte. »Wenn du das tust, chérie«, raunte er ihr deshalb in aller Eindringlichkeit zu, »sind nicht nur wir verloren, sondern auch dein Vater und die Mission, auf der er sich befindet.«
    »I-ich weiß …«
    »Dann handle entsprechend«, verlangte du Gard streng, packte sie am Oberarm und wollte sie zurück in den Schutz der Gasse ziehen – als der Offizier geradewegs in ihre Richtung blickte.
    »Ihr drei da! Kommt her!«
    »Merde!«, presste du Gard hervor, noch ehe Sarah übersetzen konnte – er hatte auch so verstanden, worum es ging, ebenso wie Hingis.
    Abrupt fuhren alle drei herum und wandten sich zur Flucht, stürzten Hals über Kopf die Gasse hinab, aus der sie gekommen waren, zurück ins dichte Gewirr der Wände und Mauern. Aufgebrachte Rufe und hektische Stiefeltritte wurden hinter ihnen laut, worauf Sarah und ihre Begleiter nur noch schneller rannten.
    »Lauft«, trieb du Gard sie überflüssigerweise an, »lauft um euer Leben. Wenn sie uns einholen, ist alles vorbei …«
    Mit ausgreifenden Schritten hasteten sie durch die Gasse, die scheinbar planlos zwischen den Häusern mäanderte. Die Orientierung ging ihnen schon nach wenigen Yards verloren, und dies umso mehr, da die Sonne über den Mauerschluchten noch immer nicht zu sehen war.
    Eine Gasse öffnete sich zur Rechten. Sarah, die die Führung übernommen hatte, stürzte hinein, dicht gefolgt von du Gard und Hingis, der trotz seiner gedrungenen Statur erstaunliche Qualitäten als Läufer bewies. Der weite Stoff der Kaftane war ihnen bei der Flucht hinderlich, sodass sie ihn mit den Händen raffen mussten, während sie weiter und immer weiter rannten, die nächste Gasse hinab und über einen von hohen Mauern umgebenen Hof, der von Sonnensegeln beschattet wurde.
    Die Schritte ihrer Verfolger ebbten ab, allerdings nur deshalb, weil die Soldaten sich an jeder Kreuzung aufteilten und folglich immer weniger wurden. Dennoch waren sie ihnen noch auf den Fersen, hatten sich auf das Viertel verteilt – und mit jeder neuen Gasse, auf die Sarah und ihre Gefährten trafen, erhöhte sich die Gefahr, auf weiße Uniformen zu stoßen …
    »I-ich kann nicht mehr«, ächzte Hingis, dessen körperliche Verfassung sich nun doch bemerkbar machte.
    »Sie müssen«, beharrte Sarah. »Wenn wir stehen bleiben, sind wir verloren.«
    »K-können wir nicht mit denen verhandeln?«
    »Naturellement«, erwiderte du Gard, »kurz bevor sie uns erschießen …«
    Im Laufschritt ging es durch eine Gasse, die so schmal war, dass sie sie nur hintereinander passieren konnten. Dabei hatten sie das Gefühl, dass die Schritte und das zornige Geschrei hinter ihnen wieder lauter wurden.
    »Sie holen auf«, stellte du Gard fest. »Nicht mehr lange, und sie haben uns.«
    »Sagt dir das dein sechster Sinn?«, wollte Sarah wissen.
    »Non, chérie - der gesunde Menschenverstand …«
    Befehle wurden gebrüllt, die durch das Gewirr der Gassen hallten, und plötzlich wusste Sarah nicht mehr zu sagen, von wo genau die Stimmen kamen.
    »Verdammt«, wetterte sie und blieb abrupt stehen, sodass Hingis und du Gard sie fast überrannten. »Sie wissen, wo wir sind. Sie versuchen, uns zu umzingeln.«
    »Das ist nicht gut«, stellte Hingis fest, dessen Brillengläser einmal mehr beschlagen waren. Der Schmutz, den er sich ins Gesicht geschmiert hatte, rann ihm in grauen Bächen über die Wangen. »Das ist überhaupt nicht gut …«
    »Sagen Sie bloß«, konterte du Gard trocken. »Darauf wäre ich von alleine nie gekommen.«
    »Still, ihr beiden«, rief Sarah sie zur Ordnung, »hört auf, euch zu streiten. Wir müssen einen Weg finden zu verschwinden.«
    »Wie sollen wir das anstellen? Willst du dich in Luft auflösen?«
    »Das würde ich gerne – aber für übernatürliche Belange bist gemeinhin du zuständig …«
    Sie eilte weiter und bog in eine Seitengasse ab, die in dunklen Schatten lag. Ein weiterer Hof öffnete sich zur Rechten, und voller Dankbarkeit entdeckte Sarah eine steinerne Treppe, die zu einem Dachgarten führte.
    »Dort hinauf«, stieß sie atemlos hervor.
    »Wozu?«, maulte Hingis. »Die werden

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