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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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der Stadt vertrieben haben.«
    »Kennen Sie Lord Kincaid etwa?« Sarah schöpfte jähe Hoffnung.
    »La.« Ali Bey schüttelte den Kopf. »Aber ich kenne den Ort, an dem die Briten im Boden gewühlt haben – so lange, bis sie aus der Stadt gejagt wurden.«
    »Aus der Stadt gejagt? Sie sind also nicht mehr hier?«
    »Ein paar von ihnen wurden gefangen genommen, soweit ich weiß – ob sich der von Ihnen Gesuchte darunter befand, vermag ich allerdings nicht zu sagen.«
    Sarah griff unter ihr Gewand und holte die Kartenskizzen hervor. »Wo befindet sich die Ausgrabungsstelle? Können Sie es mir zeigen?«
    »Das könnte ich wohl, aber das wäre nicht sehr klug von mir, nicht wahr?« Der Alexandriner lachte. »Wenn ich Ihnen die Stelle zeige, werden Sie sich auf eigene Faust auf den Weg machen, und der arme Ali Bey wird dabei leer ausgehen.«
    »Ich versichere Ihnen, dass das nicht geschehen wird«, versprach Sarah. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie für jede nützliche Information angemessen entlohnt werden.«
    »Das ist ein sehr großzügiges Angebot – aber kann ich mich darauf verlassen? Ich mache Ihnen einen Gegenvorschlag: Ich werde Sie persönlich dorthin führen, wo die Briten gegraben haben, allerdings erst nach Einbruch der Dunkelheit. Bei Tag wäre die Gefahr, entdeckt zu werden, viel zu groß.«
    »Es ist noch nicht einmal Mittag«, wandte Hingis ein. »Was sollen wir Ihrer Ansicht nach den ganzen Tag tun?«
    »Sie werden hier bleiben und abwarten. In meinem Haus sind Sie vor den Nachstellungen der Soldaten sicher. Ali Bey ist weithin als ehrbarer und gesetzestreuer Bürger bekannt.«
    Das Lächeln, das der Händler seinen Worten folgen ließ, wollte Sarah nicht gefallen. Sie hatte vielmehr den Eindruck, dass Ali Bey als Schlitzohr bekannt war, aber obwohl es ihrer geradlinigen Art zuwider lief, hütete sie sich, dies offen auszusprechen.
    Sollten sie sich auf den Handel einlassen?
    Ali Bey war in Alexandria zu Hause. Vermutlich kannte er die Stadt bis in den letzten Winkel, und wenn er sie tatsächlich dorthin führen konnte, wo ihr Vater noch bis vor kurzem gearbeitet hatte, würde sie das dem Ziel ihrer Suche ein gutes Stück näher bringen. Andererseits gab es nicht einen einzigen Beweis dafür, dass der Händler tatsächlich wusste, wovon er sprach. Womöglich war er auch nur ein gerissener Betrüger, der aus der Situation Kapital schlagen wollte …
    »Trauen Sie ihm nicht«, flüsterte Hingis ihr zu. »Womöglich geht es ihm nur darum, uns an die Soldaten auszuliefern.«
    »Wenn es so wäre, hätte er uns nicht erst vor ihnen zu retten brauchen«, wandte Sarah ein. Die Tatsache, dass ihr Rivale Ali Bey nicht mochte, machte den Händler in Sarahs Augen ein gutes Stück sympathischer, aber das allein genügte nicht.
    »Maurice?«, fragte sie.
    »Ich denke, wir sollten es riskieren. Bei all den Uniformen und dem Chaos da draußen können wir unsere Suche ohnehin erst bei Einbruch der Dunkelheit fortsetzen, c’est vrai.«
    »Also schön«, erklärte sich Sarah bereit, »wir kommen ins Geschäft, Ali Bey. Über den Preis Ihrer Dienste werden wir uns sicher einig – bezahlt wird allerdings erst an Ort und Stelle.«
    »Natürlich.« Die Zähne des Alexandriners blitzten, als er sie zu einem breiten Grinsen entblößte. »Sie sind eine überaus kluge Frau. Und ich versichere Ihnen, dass Sie Ihren Entschluss, Ali Bey Ihr Vertrauen zu schenken, nicht bereuen werden.«
    »Das hoffe ich sehr«, erwiderte Sarah eindringlich. »Das hoffe ich wirklich sehr …«

2
    E L -G UMRUK , A LEXANDRIA
A BEND DES 10. J ULI 1882
    Sie verbrachten den Rest des Tages in der Geborgenheit von Ali Beys Haus, das sich am Rand des Zollviertels befand. Von der Dachkammer führte eine Leiter ins Erdgeschoss des Gebäudes, wo es nicht nur kühl war, sondern infolge der geschlossenen Fensterläden auch angenehm dunkel. Sarah und ihre Begleiter wechselten sich darin ab, an der Tür zu wachen und durch die Ritzen zu spähen, um notfalls sofort die Flucht ergreifen zu können.
    Ihre Sorge war jedoch unbegründet.
    Den ganzen Tag über bekamen sie keine Soldaten mehr zu sehen, sodass man fast hätte glauben können, die Krise wäre beigelegt – wären da nicht die Männer, Frauen und Kinder gewesen, die immer wieder die Gasse herabhetzten, ihre bescheidene Habe auf den Schultern und Panik in den Gesichtern.
    Es deprimierte Sarah zu beobachten, was allein der Aufmarsch der britischen Kriegsflotte auslöste. Im fernen London würden die

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