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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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verlässlich sind, wundert es mich nicht, dass Schliemann Troja vor Ihnen entdeckt hat. Dass man als seriöser Wissenschaftler dem Geschwätz der Einheimischen keinen Glauben schenken sollte, bekommt man gewöhnlich schon im ersten Semester beigebracht.«
    »Ich behaupte ja nicht, dass es tatsächlich so gewesen ist, aber meine Erfahrung lehrt mich, dass man in der Archäologie keine Möglichkeit außer Acht lassen sollte.«
    »Und was sind das für Linien, die da aus dem Turmhaus kommen?«, fragte du Gard.
    »Wer weiß?«, erwiderte Gardiner. »Es gibt antike Quellen, die berichten, dass der Leuchtturm in der Lage war, angreifende Schiffe in Brand zu setzen. Sie nennen diese Waffe das Feuer des …«
    »Vater!«
    Sarahs Ausruf ließ den alten Gardiner herumfahren.
    Er fand seine Tochter in der Mitte des Ganges stehend und hinauf zur Decke deutend, wo im Licht der Fackel fünf in Stein gehauene Buchstaben des griechischen Alphabets zu erkennen waren.
     
    ΑΒΓΔΕ
    »Das Alexanderzeichen«, flüsterte er. »Es ist hier …«
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Hingis.
    »Das will ich Ihnen sagen, mein Freund«, erwiderte Gardiner im Überschwang der Freude, die er in diesem Moment verspürte, »es bedeutet, dass uns ein wohlwollendes Schicksal zurück ins Spiel gebracht hat – denn dieses Zeichen weist den Weg zu alten Geheimnissen, die …«
    In diesem Moment war ferner Donner zu hören, und eine schwere Erschütterung durchlief den Stollen.
    »Was war das?«, fragte Mortimer Laydon erschrocken.
    Erneuter Donner und ein weiterer Stoß folgten, diesmal so stark, dass Sand von der Gewölbedecke rieselte. Die Gefährten hatten Mühe, auf den Beinen zu bleiben.
    »Ein Erdbeben!«, rief Hingis entsetzt.
    Wieder eine Erschütterung, gefolgt von einer ganzen Kanonade dumpfen Getöses.
    »Das ist kein Erdbeben«, stellte Gardiner Kincaid fest, »das sind Granateneinschläge.«
    »Granateneinschläge? Aber wie …?«
    »Alors«, meinte du Gard mit einem tiefen, fast resignierenden Seufzen, »es sieht so aus, als wäre das Ultimatum abgelaufen, das die britische Regierung den Nationalisten gestellt hat. Die Bombardierung Alexandrias hat begonnen …«

6
    F ORT K AIT B EY , A LEXANDRIA
11. J ULI 1882
7.00 U HR
    Erneut gab es einen Einschlag, der das Fort in seinen Grundfesten zu erschüttern schien. Sarah stützte sich an der Felswand, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, während sich Staub und Sand von der Decke lösten.
    Was in diesem Augenblick über Tage vorging, wollte sie sich gar nicht ausmalen. Todbringende Geschosse, die zwischen den britischen Kriegsschiffen und den Stellungen der Verteidiger hin und her flogen und auf beiden Seiten Chaos und Zerstörung anrichteten; gewaltige Explosionen, die Jahrhunderte alte Mauern wie Papier zerfetzten; Trümmer und Splitter, die durch die Luft fegten und dabei blutige Ernte hielten; von Staub und Pulverqualm durchsetzte Luft, die erfüllt war von heiseren Befehlen und vom Geschrei der Verwundeten …
    »Rasch«, raunte Gardiner seinen Begleitern zu, »weiter!«
    »So ein Wahnsinn«, ereiferte sich Hingis und machte nicht nur keine Anstalten, sich zu bewegen, sondern verschränkte noch dazu demonstrativ die Arme. »Kein Stück werde ich weitergehen. Unter diesen Voraussetzungen ist das reiner Selbstmord.«
    »Wollen Sie Ihr Glück lieber mit den ägyptischen Soldaten versuchen?«, fragte Sarah spitz.
    »Die dürften im Augenblick anderweitig beschäftigt sein«, meinte Hingis überzeugt.
    »In der Tat – und zwar mit britischen Granaten, denen es ziemlich gleichgültig ist, auf wessen Seite wir stehen«, wandte der alte Gardiner ein. »Jetzt hinaufzugehen wäre Irrsinn. Im Gegenteil sollten wir noch tiefer in den Stollen eindringen und sehen, was es mit dem Alexanderzeichen auf sich hat …«
    Erneut ein Treffer, diesmal unmittelbar über ihnen. Schreie waren zu hören, so laut und gellend, dass sie selbst steinerne Mauern zu durchdringen vermochten. Ein Gesteinsbrocken fiel von der Decke und streifte Hingis an der Schulter.
    »Ist das Ihr Ernst?«, zeterte er. »Wie können Sie in einem solchen Augenblick nur an Ihre Arbeit denken?«
    »Ich bin Archäologe«, erwiderte Kincaid schlicht.
    »Das bin ich auch – aber das bedeutet nicht, dass ich mein Leben dafür opfern würde. Alles hat seine Grenzen.«
    »Vielleicht. Aber auch wenn wir das Zeichen nicht gefunden hätten, wäre es vernünftiger, hier unten zu bleiben, als mit Bomben und Granaten anzubinden.«
    »Ich

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