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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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fürchte, ich muss meinem geschätzten Freund recht geben«, stimmte Mortimer Laydon zu. »In diesen Stollen scheint es mir im Augenblick sehr viel sicherer zu sein als an der Oberfläche.«
    »Und wenn das Gewölbe einstürzt?«, fragte Hingis, und wie um seine Worte zu unterstreichen, waren mehrere Detonationen zu hören, gefolgt von einer weiteren, noch größeren Explosion, die darauf schließen ließ, dass ein Munitionslager getroffen worden war. Erneut prasselten Schutt und Staub auf die Flüchtlinge herab. »Sehen Sie, was ich meine?«
    »Wenn diese Stollen so alt sind, wie wir glauben«, erwiderte Gardiner Kincaid, »haben sie schon zahllosen Kriegen und mehreren Erdbeben getrotzt. Auch die Royal Navy wird sie nicht bezwingen.«
    Wieder eine Erschütterung, so laut und heftig, dass nicht nur Hingis glaubte, die Decke würde einstürzen.
    »Bist du sicher, Vater?«, fragte Sarah.
    »Etwas Glück gehört dazu«, räumte der alte Gardiner ein, hörbar nicht mehr ganz so überzeugt wie noch kurz zuvor. »Also?«
    »Ich bin dafür, dass wir weitergehen«, stimmte Sarah zu und hob die Hand – und nacheinander erklärten auch Laydon, du Gard und Ali Bey ihr Einverständnis.
    »Damit sind Sie wohl überstimmt, mein guter Hingis«, meinte Kincaid. »Natürlich können Sie auch umkehren, wenn Sie möchten, aber ich rate Ihnen gut, es nicht zu tun – ganz abgesehen davon, dass Ihnen der wissenschaftliche Ruhm entgeht.«
    »Wissenschaftlicher Ruhm«, echote der Schweizer verdrießlich. »Ich gebe einen feuchten Dreck auf wissenschaftlichen Ruhm! Was habe ich davon, wenn ich tot bin?«
    Der alte Gardiner lachte nur. Dann setzte er sich in Bewegung und ging der Gruppe wieder voraus, während an der Oberfläche das Bombardement fortgesetzt wurde. Dumpfe Schläge erschütterten den Stollen wieder und wieder, aber je weiter er in die Tiefe führte, desto leiser wurden sie, sodass auch Friedrich Hingis’ Klagen allmählich verstummten. Allerdings nicht für lange.
    Denn unvermittelt endete der Gang vor einer steinernen Wand, die aus mächtigen Quadern zusammengefügt schien.
    »Ich wusste es!«, rief Hingis aus. »Mir war von Anfang an klar, dass dieser Gang eine Sackgasse ist.«
    »Das ergibt keinen Sinn«, wandte Sarah ein, »wieso hätte man ihn sonst vergittert?«
    »Vielleicht, weil man Besserwisser Ihres Schlages davon abhalten wollte, sich sinnlos in Gefahr zu begeben.«
    »Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich«, erwiderte Sarah ruhig, während sie sich zusammen mit ihrem Vater daranmachte, die Wand zu untersuchen.
    »Kommt mir bekannt vor«, stellte Gardiner fest.
    »Mir auch«, stimmte Sarah zu. »Der Stollen unterhalb der Pompeius-Säule wurde ebenfalls von einer Mauer wie dieser verschlossen.«
    »In der Tat.« Gardiner nickte. »Wir entdeckten die Wand am Morgen des 11. Juni, aber wir kamen nicht mehr dazu, sie zu untersuchen, da das Camp kurz darauf überfallen wurde.« Sein Blick wurde glasig, für einen Augenblick schien ihn die Erinnerung zu überwältigen. »Es war ein entsetzliches Massaker«, flüsterte er. »So viele Tote und so viel Blut … Ob es das wert gewesen ist?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Sarah, »aber ich denke, die Antwort befindet sich jenseits dieser Wand.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich spüre einen Luftzug«, erklärte sie, auf einen Riss im Mauerwerk deutend. »Und ich habe einen bestimmten Verdacht.«
    »Was für einen Verdacht, mein Kind?«
    »Wart’s ab«, erwiderte sie, bückte sich und hob einen faustgroßen Stein vom Boden auf – den sie mit aller Kraft gegen die Wand schmetterte.
    »Haben Sie nun völlig den Verstand verloren?«, erkundigte sich Hingis. »Was soll denn das werden?«
    Sarah ließ sich nicht beirren und schlug ein zweites, ein drittes Mal zu. Der Riss im Mauerwerk vergrößerte sich, breitete sich aus wie ein Spinnennetz.
    »Das ist kein massives Gestein«, stellte Gardiner Kincaid verblüfft fest, »sondern eine Attrappe …«
    Im nächsten Moment gab die Wand nach. Ein kürbisgroßer Brocken brach aus dem Mauerwerk und fiel nach innen, und man konnte sehen, dass die Wand keineswegs aus schweren Quadern bestand, sondern aus Kalkstein, und nur zwei Handbreit stark war.
    Die Gefährten tauschten verwunderte Blicke, dann halfen sie Sarah dabei, auch den Rest der Wand zum Einsturz zu bringen, die die Fährnisse der Jahrhunderte offenbar unbeschadet überstanden hatte. Mit aller Kraft hämmerten und schlugen sie dagegen, und endlich gab der Kalkstein

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