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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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nicht enden wollende Granatendonner machten ihnen wohl klar, dass sie keine andere Wahl hatten. Nacheinander verschwanden sie unter Wasser, und du Gard tat sein Bestes, sie unbeschadet auf die andere Seite zu bringen.
    »Wird es gehen, Onkel Mortimer?«, wandte Sarah sich an ihren Paten, über dessen ältliche Züge ein zuversichtliches Grinsen huschte.
    »Du beliebst zu scherzen, mein Kind. In Oxford habe ich zu den besten Ruderern meines Jahrgangs gehört. Das feuchte Element ist mein zweites Zuhause.«
    Damit war er auch schon verschwunden, und nur noch Sarah und ihr Vater waren übrig. »Du bist eine gute Anführerin«, stellte der alte Gardiner überraschend fest. »Die Leute vertrauen dir.«
    »Nein.« Sarah schüttelte den Kopf. »Sie vertrauen dir. Als deine Tochter fällt lediglich ein Abglanz deines Ruhmes auf mich.«
    »Das ist Unsinn, und das weißt du. Du bist weit mehr als das, Sarah. Du kannst nicht anders, als dem Ruf des Unbekannten zu folgen, und vermutlich ist es deine Bestimmung, alten Geheimnissen nachzuspüren, so wie ich es ein Leben lang getan habe. Es war töricht von mir, dich nicht in meine Pläne einzuweihen, aber für Reue ist es wohl zu spät, nicht wahr?«
    Er nahm die Hände nach vorn und wollte ebenfalls untertauchen, doch Sarah hielt ihn zurück.
    »Was ist?«
    »Deine Lunge«, brachte sie in Erinnerung. »Wirst du es schaffen?«
    Aus Gardiner Kincaids Augen sprach eine Mischung aus Belustigung und Dankbarkeit. »Du sorgst dich tatsächlich um mich, nicht wahr?«
    »Natürlich, deshalb bin ich hier.«
    »Meine Lunge«, versicherte er, »ist stark genug, mein Kind – und selbst wenn es nicht so wäre, würde ich nicht umkehren. Auf der anderen Seite dieser Öffnung befindet sich womöglich die Verwirklichung eines Traumes. Das, wonach ich mein Leben lang gesucht habe. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich denke schon.« Sie nickte. »Viel Glück, Vater.«
    »Wir sehen uns drüben«, entgegnete der alte Gardiner leichthin, dann stürzte er sich kopfüber ins dunkle Nass.
    Sarah ließ ihm einen kurzen Vorsprung, holte schließlich tief Luft und folgte ihm unter Wasser. Schlagartig umfingen sie wieder Stille, Kälte und trübes Licht. Vor sich konnte sie undeutlich ihren Vater sehen. Mit gleichmäßigen Beinschlägen bewegte er sich voran, hatte schon den Spalt erreicht und schwamm hindurch.
    Auch Sarah tauchte durch die Öffnung, dem Lichtschein entgegen, der von der anderen Seite drang – als sie aus dem Augenwinkel etwas wahrzunehmen glaubte.
    War es nur eine Täuschung, oder hatte sich dort tatsächlich etwas bewegt? Ein schlanker, länglicher Schatten …?
    Das Salzwasser brannte wie Feuer in Sarahs Augen, während sie sich wachsam umblickte, aber im milchigen Grün ihrer Umgebung war nichts Verdächtiges auszumachen. Sie merkte, wie ihre Lungen sie allmählich im Stich ließen, und tauchte auf.
    Ihr Vater war nur eine Armlänge von ihr entfernt. Hinter ihm stand Ali Bey, die Kleidung durchnässt und ein erleichtertes Lächeln im Gesicht. Auch Hingis, du Gard und Mortimer Laydon schienen die Tauchpartie gut überstanden zu haben – durch das hüfthohe Wasser waren sie bereits ein Stück den Gang hinab gewatet, durch dessen Decke blasses Dämmerlicht fiel.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Sarah.
    »Zum Glück«, bestätigte Hingis. »Allerdings werde ich nach meiner Rückkehr nicht viel Gutes über diese Expedition zu berichten haben.«
    »Das ist Ihr gutes Recht, mon ami«, meinte du Gard, der nachdenklich nach oben blickte. »Ich frage mich, woher diese Helligkeit kommt. Befinden wir uns so dicht unter der Oberfläche?«
    »Kaum«, verneinte Lord Kincaid, »sonst würden wir die Detonationen um vieles deutlicher spüren. Ich könnte mir eher vorstellen, dass sich über uns alte Zisternen befinden, durch deren Brunnenschächte Tageslicht einfällt. Vor etwa vierzig Jahren hat ein Obrist namens Bartholomew Gallice eine Registrierung durchgeführt und dabei fast neunhundert Zisternen im Stadtgebiet gezählt – es ist also möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich, dass sich eine davon über uns befindet.«
    »Um die Zisternen Alexandrias ranken sich viele Geschichten«, fügte Ali Bey hinzu. »Einige von ihnen wurden bereits in den Gründertagen der Stadt erbaut, und wie es heißt, gibt es welche, die noch immer unentdeckt sind. Es gibt sogar Leute, die behaupten, dass dort immer wieder Menschen verschwinden, die …«
    Er stutzte, als er sah, wie sich der Ausdruck in den

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