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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Gesichtern seiner Gefährten veränderte. Das Interesse, mit dem sie ihm soeben noch zugehört hatten, schlug in blankes Entsetzen um.
    »Ali, Vorsicht!«, gellte Sarahs Warnruf.
    Aber es war zu spät.
    Für einen kurzen Augenblick war im trüben Wasser ein schlanker Schemen zu erkennen gewesen, der auf Ali Bey zuglitt. Im nächsten Moment tauchte eine Dreiecksflosse auf, und ein zähnestarrendes Maul wuchs hinter ihm aus dem Halbdunkel.
    »Was …?«
    Der Alexandriner fuhr herum – um gerade noch einen Blick auf den erbarmungslosen Jäger zu erheischen, der mit weit aufgerissenem Maul auf ihn zuschoss und dessen mörderische Kiefer sich einen Herzschlag später in sein Fleisch gruben.
    »Ein Hai!«, brüllte Gardiner Kincaid und wich entsetzt zurück. »Ein verdammter Hai …!«
    Ali Bey schrie entsetzlich, als das Tier ihn packte. Wo genau der Hai ihn erwischte, war nicht zu erkennen, denn im nächsten Augenblick schien das Wasser um ihn herum zu kochen. Schäumende Gischt spritzte empor, die sich blutrot färbte, während der kräftige Mann wie ein Spielzeug hin und her gerissen wurde. Seine durchdringenden Schreie hallten von der Gewölbedecke wider und übertrafen selbst das Dröhnen der Detonationen – bis sie plötzlich erstarben.
    Schlagartig war Ali Bey verschwunden. Der Hai hatte sein Opfer unter die Wasseroberfläche gezogen, die sich glättete, als wäre nichts geschehen.
    Sekunden verstrichen, in denen die übrigen Gefährten wie gelähmt waren vor Entsetzen. Der alte Gardiner hatte seinen Revolver gezückt und zielte dorthin, wo Ali Bey eben noch gewesen war, auch Sarah und Mortimer Laydon griffen nach ihren Waffen.
    Plötzlich schoss in ihrer Mitte eine neuerliche Fontäne aus blutiger Gischt in die Höhe. Noch einmal tauchte Ali Bey auf, die Hände Hilfe suchend emporgereckt und einen Ausdruck namenlosen Schreckens im blutüberströmten Gesicht.
    Dann verschwand er abermals – und diesmal kehrte er nicht zurück.
    Bange Stille trat ein, in der niemand laut zu sprechen wagte. Dann ein plätscherndes Geräusch – und schaudernd sah Sarah noch mehr Dreiecksflossen durch die trübe Flut heranschießen.
    »Fort von hier!«, schrie sie aus Leibeskräften, während sie gleichzeitig ihr Gewehr in den Anschlag riss und abdrückte – aber statt eines peitschenden Schusses entrang sich dem Martini-Henry nur ein metallisches Klicken. Der Zündmechanismus war nass geworden und verweigerte seinen Dienst.
    Der kurze Augenblick, der ihr blieb, genügte nicht für einen Schrei, geschweige denn für ein Gebet. Schon war der pfeilschnelle, konisch geformte Körper heran, und Sarah rechnete schon mit demselben grausigen Schicksal, das auch Ali Bey widerfahren war …
    … als zwei Schüsse hämmerten.
    Anders als Sarahs Waffe erfüllte Gardiner Kincaids Colt zuverlässig seine Pflicht. Die Kugeln fegten aus dem Lauf der Waffe, stachen ins Wasser und ereilten den gefräßigen Schatten, noch ehe er Sarah ganz erreicht hatte. Der Hai zuckte zusammen und warf sich herum. Dünne Blutfahnen quollen aus seiner Seite, und für einen winzigen Moment blickte Sarah in das kalte, schwarze Auge des Jägers, dessen halb aufgerissenes Maul vor Zähnen starrte.
    »Rasch, Sarah! Worauf wartest du?«
    Erst die Hand ihres Vaters, die sie an der Schulter packte und herumriss, befreite Sarah aus ihrer Starre. Jäh wurde ihr bewusst, dass sie ihr Leben soeben geschenkt bekommen hatte und dass sie Hals über Kopf rennen musste, um es zu behalten.
    Mit beiden Händen paddelnd, setzte sie hinter den anderen drein, die bereits die Flucht ergriffen hatten. Für Ali Bey kam jede Hilfe zu spät, aber ihr eigenes Leben konnten sie retten.
    Vielleicht …
    Erneut krachte ein Schuss.
    Das von Mündungsfeuer beleuchtete Gesicht Mortimer Laydons glomm im Halbdunkel auf, und unweit von ihm spritzte Wasser in die Höhe. Statt der dreieckigen Rückenflosse, die eben noch dort zu sehen gewesen war, tauchte eine breite Schwanzflosse auf, die wütend um sich schlug. Laydon fuhr herum und stürzte weiter den gefluteten Korridor hinab, der der Schlupfwinkel der Haie zu sein schien.
    Sarah und der alte Gardiner, der den Rückzug der anderen deckte, indem er immer wieder feuerte und die Haie so auf Distanz hielt, holten auf. Weder Hingis noch du Gard waren besonders gut trainiert, und Mortimer Laydons Flucht ging schon aufgrund seines fortgeschrittenen Alters langsamer vonstatten.
    »Bleibt alle beisammen«, schärfte Gardiner ihnen ein, »dann werden die

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