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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Gardiner Kincaids Gesicht, aber auch tiefe Erschöpfung. Sein Atem ging rasselnd und stoßweise, Hustenkrämpfe schüttelten ihn.
    »Alles in Ordnung, Vater?«
    »Keine Sorge, mein Kind«, beschied er ihr mit verwegenem Grinsen. »Es geht mir gut – ich werde wohl nur allmählich ein bisschen zu alt für derlei Dinge …«
    »Mon dieu, was ist das gewesen?«, erkundigte sich du Gard. »Was waren das für Bestien?«
    »Haie«, gab Sarah zur Antwort. »Tigerhaie, um genau zu sein. Man trifft sie häufig in trüben Küstengewässern an.«
    »Verdammt und zugenäht!«, wetterte Hingis. »Wie, in aller Welt, sind diese Bestien hierhergelangt?«
    »Ich sagte doch, dass es eine Verbindung zum offenen Meer geben muss«, erwiderte Sarahs Vater mit rauer Stimme. »Durch sie müssen die Haie hereingelangt sein.«
    »Unfassbar!«, sagte Hingis nur.
    Beinahe jeder erwartete, dass der Schweizer in erneute Beschimpfungen verfallen, dass er Lord Kincaid die Schuld an dem grässlichen Zwischenfall und vor allem auch am Tod Ali Beys geben würde – aber Friedrich Hingis schwieg.
    Wortlos wie alle anderen kauerte er am Boden, bis auf die Haut durchnässt und frierend, und starrte auf das dunkle Wasser. Sarah dachte dabei an Ali Bey und an das schreckliche Ende, das ihn ereilt hatte, und zum ersten Mal fragte sie sich, ob die Jagd nach einem archäologischen Rätsel, so bedeutsam es auch sein mochte, all diese Opfer wert war …
    »Eh bien«, sagte du Gard, der sich als Erster wieder auf die Beine raffte. »Wenigstens wissen wir jetzt, weshalb das Alexandergrab nie entdeckt wurde.«
    »Was meinst du?«, fragte Sarah.
    »Alors, womöglich hat sich die Verbindung zum Meer bereits vor langer Zeit gebildet, und die Haie haben in all dieser Zeit den Friedhof bewacht.«
    »Wer weiß?« Gardiner Kincaid nickte. »Aber wir haben das Hindernis überwunden – und werden zu sehen bekommen, was seit langer Zeit keines Menschen Auge mehr erblickt hat.«
    »Nach allem, was hinter uns liegt, hätten wir uns das wohl verdient«, meinte Hingis, dessen Gesichtsfarbe noch immer von ungesunder Blässe war, »aber keiner von uns so sehr wie Sie.«
    »Nanu?« Sarahs Vater hob die buschigen Brauen. »Welch ungewohnten Töne aus Ihrem Munde …«
    »Sie sind umgekehrt und haben mir das Leben gerettet«, stellte der Schweizer fest. »Wieso? Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass ich im umgekehrten Fall ebenso gehandelt hätte …«
    »Ehrlichkeit steht Ihnen gut zu Gesicht«, erkannte der alte Gardiner an. »Ich habe Sie gerettet, weil Sie zu meiner Mannschaft gehören.«
    »Ich? Zu Ihrer Mannschaft?« Hingis lachte gequält.
    »Ganz recht. In dem Augenblick, da meine Tochter Sie in das Geheimnis einweihte, fingen Sie an, ein Teil des großen Ganzen zu sein. Es mag Ihnen gefallen oder nicht, mein Freund – aber hierbei geht es um mehr als darum, ein paar verschüttete Fundamente freizulegen. Diese Mauern« – Gardiner machte eine ausladende Handbewegung – »beinhalten alles, weswegen Leute wie Sie oder ich sich jemals mit dem Studium der Archäologie beschäftigt haben. Letzten Endes tun wir das alles nur, weil wir uns nach Wissen sehnen, nach Antworten auf die grundlegenden Fragen, nach unserem Ursprung, nach dem Woher und dem Wohin. Ich mag nicht immer einer Meinung mit Ihnen gewesen sein, und ich gebe zu, dass ich für Ihre besserwisserische Art nicht allzu viel übrig habe – aber ich weiß inzwischen, dass Sie ebenso nach diesen Antworten suchen, wie meine Tochter und ich es tun. Und das macht uns einander gleich.«
    Mit vor Staunen offenem Mund hatte Hingis zugehört, und Sarah wartete darauf, dass er, wie es seine Art war, in spöttisches Gelächter verfiel.
    Aber er tat es nicht.
    Noch vor ein paar Stunden hätte Friedrich Hingis über Gardiner Kincaids pathetische Worte wohl tatsächlich nur gelacht, hätte sie in Sarkasmus ertränkt, noch ehe ihre Bedeutung ihm klar geworden wäre. Die jüngsten Ereignisse jedoch schienen ihm verdeutlicht zu haben, dass für Einzelgänger kein Platz auf dieser Expedition war und sie alle aufeinander angewiesen waren.
    »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht«, fügte der alte Gardiner lächelnd hinzu, »aber sollte dieses Abenteuer mein letztes sein, so würde ich mein Leben lieber im Kreis von Freunden beschließen als belauert von meinen Konkurrenten.«
    »Ein wahres Wort«, stimmte Mortimer Laydon zu. »In der Tat ein wahres Wort …«
    Die verbliebenen Gefährten bereiteten sich auf den Abmarsch vor. Erst

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