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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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wollte Sarah wissen.
    »Nicht wichtig.« Du Gard schüttelte den Kopf. »Es ist nicht gut für die Menschen, zu viel über ihre Zukunft zu wissen.«
    »Das sagen ausgerechnet Sie? Ein Mann, der sich mit Wahrsagen sein Geld verdient?«
    »Ce n’est pas la même chose«, verbesserte du Gard. »Ein Wahrsager führt den Leuten nur vor Augen, was bereits vorhanden ist. Ein Seher vermag in die Zukunft zu blicken.«
    »Und Sie sind ein Seher?«
    »Wenigstens sieht es so aus.«
    »Verdammt, du Gard!«, ereiferte sich Sarah. »Hören Sie auf, in Rätseln zu sprechen. Dafür ist die Situation zu ernst.«
    »Ich bin mir dessen durchaus bewusst, Lady Kincaid. Und ich darf Ihnen versichern, dass ich mich deutlicher ausdrücken würde, wenn ich es könnte.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Dass ich es nicht kann. Ich weiß nicht, woher diese Vision gekommen ist. Ich hatte sie einfach.«
    »Sie meinen, es ist einfach so passiert?«
    Du Gard nickte. »Weder hatte ich an diesem Tag an Ihren Vater gedacht, noch fühlte ich mich in diesem Augenblick bereit für eine Zukunftsoffenbarung – immerhin stand ich kurz vor meinem Auftritt, und meine Konzentration war auf völlig andere Dinge gerichtet. Dennoch ist es geschehen, ich kann mir das ebenso wenig erklären wie Sie. Es war wirklich, verstehen Sie? Es war real!«
    »Sie meinen, im Gegensatz zu dem, was Sie auf der Bühne abziehen«, folgerte Sarah gnadenlos.
    »Ich gebe zu, dass ich vor dem Publikum hier und da ein wenig nachhelfe, um den dramatischen Effekt zu steigern. Aber diese Vision war etwas völlig anderes. Ich sah diese Bilder so deutlich vor mir, als würde ich den Drachen jagen, dabei war ich völlig nüchtern.«
    »Den Drachen jagen?« Sarah hob die Brauen. »Meinen wir dasselbe?«
    »Warum dieser vorwurfsvolle Blick? Die einen benutzen Opiate, um ihre Schaffenskraft zu entfesseln, die anderen, um der Tristesse ihres Alltags zu entfliehen. Ich hingegen versuche damit mein Bewusstsein zu erweitern.«
    »Und? Funktioniert es?«
    »Gelegentlich.« Du Gard nickte. »Opium hilft dem menschlichen Geist dabei, sich aus der Wirklichkeit zu lösen und ihn für das Übernatürliche zu öffnen. Aber vielleicht bedarf ich seiner schon bald nicht mehr, denn jene Vision hatte nichts damit zu tun. Ich sah Ihren Vater so deutlich vor mir wie Sie in diesem Augenblick. Ich konnte deutlich erkennen, dass er in Lebensgefahr schwebte – und zugleich wusste ich, dass es die Zukunft war, die ich sah.«
    »Woher wussten Sie das?«
    »Fragen Sie nicht. Ihr Vater hat meinen Fähigkeiten vertraut, also tun Sie es auch. Ich habe Ihnen den Würfel übergeben, zusammen mit der von ihm geäußerten Bitte, Sie möchten nach England zurückkehren und dort auf ihn warten.«
    »Und Sie erwarten, dass ich das tue?«
    »Was denn sonst?«
    »Ich fürchte«, sagte Sarah voller Genugtuung, »dass Sie nicht sehr viel von Frauen verstehen, Monsieur du Gard, und von englischen Frauen schon gar nicht. Ich kenne die Gepflogenheiten in Ihrem Land nicht, aber wir Britinnen pflegen die Menschen, die wir lieben, nicht einfach im Stich zu lassen, wenn sie unsere Hilfe brauchen.«
    »C’est vrai, ich kenne Sie nicht«, gab du Gard zu, »aber ich kenne Ihren Vater. Und deshalb denke ich, Sie sollten tun, worum er sie bat, und möglichst rasch nach England zurückkehren.« Er lachte leise, aber es wirkte gezwungen. Überhaupt schien du Gard nicht mehr von derselben Frische erfüllt zu sein wie noch zuvor; matt und abgeschlagen saß er vor dem Spiegel, dunkle Ränder hatten sich um seine Augen gebildet. Der Auftritt schien ihn mehr erschöpft zu haben, als es zunächst den Anschein gehabt hatte …
    »Das werde ich keinesfalls tun«, verkündete Sarah trotzig. »Stattdessen werde ich versuchen, meinen Vater zu finden. Und wenn er wirklich in Gefahr schwebt, wie Sie sagen, werde ich alles daransetzen, ihn zu retten.«
    »Das ist keine gute Idee.«
    »Was erwarten Sie? Dass ich nach allem, was Sie mir erzählt haben, brav nach Hause gehe und abwarte?«
    »Da Sie nicht wissen, wo sich Ihr Vater befindet …«
    »Ich habe den Würfel«, wandte Sarah ein und betrachtete abermals den Gegenstand in ihrer Hand. »Er ist ein erster Hinweis. Ich werde herausfinden, was es mit ihm auf sich hat. Danach werde ich weitersehen.«
    Du Gard seufzte und rieb sich die Schläfen, er wirkte noch müder als zuvor. »Wissen Sie, Ihr Vater ahnte, dass Sie so etwas sagen würden.«
    »Und?«
    »Er trug mir auf, es Ihnen auszureden.«
    »Das

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