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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ein wenig zu übersteigen scheint – sonst wüssten Sie, dass mein Vater und ich Ihre geringsten Sorgen sind.«
    »Wieso? Was soll das heißen?«
    »Monsieur, beschäftigen Sie sich mit den Ereignissen der Tagespolitik?«
    »Natürlich nicht. Mein Interesse gilt ausschließlich der Forschung. Zudem bin ich als Schweizer Landsmann ohnehin der Neutralität verpflichtet.«
    »Schön für Sie«, erwiderte Sarah mit bittersüßem Lächeln. »Dennoch rate ich Ihnen, dieses eine Mal eine Ausnahme zu machen und die Zeitung zu lesen. Über Alexandria werden Sie dort das ein oder andere erfahren, das für Sie von Interesse sein könnte …«

11
    R EISETAGEBUCH
S ARAH K INCAID
    Am frühen Morgen haben wir Paris verlassen.
    Ich fühlte eine seltsame Melancholie, als ich der Stadt an der Seine den Rücken kehrte, und in den Tiefen meines Herzens forsche ich nach dem Grund dafür. Vielleicht, sage ich mir, liegt es daran, dass ich trotz aller Sorgen und Ängste um meinen Vater in Paris etwas wiedergefunden habe, das ich bereits verloren glaubte.
    Befreit von den Zwängen, die mir in London auferlegt wurden, bin ich endlich wieder meine eigene Herrin und darf tun, was mir beliebt – eine Freiheit, die ich lange nicht genossen und schmerzlich vermisst habe. Gleichzeitig regen sich tief in meinem Inneren Schuldgefühle, denn es ist die Notlage meines Vaters, die dies erst möglich macht. Ist es wirklich allein die Sorge um ihn, die mich dazu antreibt, das Wagnis dieser Reise auf mich zu nehmen?
    Es beunruhigt mich, dass ich keine eindeutige Antwort auf diese Frage finde. Doch welcher Grund auch immer den Ausschlag dafür gegeben haben mag – wichtig ist nur, dass ich Vater finde und ihn vor den Gefahren warne, die ihm drohen.
    Wenn er überhaupt noch am Leben ist …
    Der Gedanke, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte, lässt mich nicht zur Ruhe kommen. Trotz der Zusicherungen Maurice du Gards, der meine Furcht zu spüren scheint und niemals müde wird, mich zu beruhigen, spüre ich, dass die Angst, die ich um meinen Vater habe, immer stärker wird.
    Wird es uns gelingen, die Blockade zu umgehen und Alexandrien unbeschadet zu erreichen? Werde ich Vater finden? Und wenn ja, wird er wohlbehalten und am Leben sein? Hat er gefunden, wonach er suchte? Ist es ihm gelungen, das Rätsel des Alexandergrabs zu lösen und herauszubekommen, wo der ›Friedhof der Götter‹ liegt?
    So viele Fragezeichen begleiten unsere Reise und versetzen mich in Unruhe. Eine eigenartige Mischung aus Neugier und ehrlicher Sorge erfüllt mich, wie ich sie nie zuvor empfunden habe. Selbst Maurice ist offenbar nicht frei davon. Um mich zu begleiten, hat er sein Gastspiel im »Miroir Brisé« für unbestimmte Zeit unterbrochen, und ich gestehe, dass ich froh über seine Begleitung bin.
    Meinen Kutscher und meine Zofe habe ich in Paris zurückgelassen mit der Anweisung, nach England zurückzukehren. Ganz abgesehen davon, dass ich es nicht verantworten könnte, wenn sie sich meinetwegen oder um meines Vaters willen in Gefahr begäben, ist die Passage auf Kapitän Hulots Schiff nur für drei Personen gebucht. Gespannt sehe ich der Begegnung mit dem geheimnisvollen Erbauer des Submarins entgegen, und ich habe den Eindruck, dass …
    H OTEL D ESCARTES , O RLÉANS
S PÄTER A BEND DES 22. J UNI 1882
    Sarah Kincaid blickte auf, als leise an die Tür ihres Hotelzimmers geklopft wurde. Am Sekretär sitzend, die Feder in der Hand, hatte sie im Schein einer Gaslampe über ihrem Tagebuch gebrütet, während strömender Regen gegen das Fenster prasselte.
    Es war Sarah nicht leichtgefallen, die Worte zu Papier zu bringen, aber sie wusste, wie befreiend es sein konnte, Gefühle in Worte zu fassen und sie den Seiten eines Buches anzuvertrauen.
    Erneut klopfte es an die Tür.
    »Ja?«, fragte sie laut.
    »Ich bin es, du Gard. Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Sarah warf einen Blick auf die Standuhr, die bereits nach zehn anzeigte – eine Uhrzeit, zu der anständige Bürger längst in ihren Betten zu liegen und zu schlafen pflegten.
    Ein wenig erschrocken blickte Sarah an sich herab. Sie hatte sich ihres Kleides bereits entledigt und ihr Nachtgewand angelegt, und natürlich kam es nicht in Frage, dass du Gard sie so sah. Sorgfältig legte sie die Feder beiseite und verschloss das Tintenfass, schlug das Tagebuch zu und ließ es in ihrer Tasche verschwinden. Dann stand sie auf, warf sich kurzerhand die in blütenweißes Tuch geschlagene Bettdecke über und trat so bewehrt an die

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