Die Flamme von Pharos
Kriegspolitik ein Thema ist, mit dem eine junge Frau sich befassen sollte. Schon in wenigen Tagen werden Sie zurück in England sein, und all das wird Ihnen wie ein ferner Traum vorkommen. Wirklich, Sie sollten nicht …«
»Mein Vater, Captain, hält sich in Alexandria auf. Ich bitte also um Ihr Verständnis, wenn ich der Politik in diesen Tagen einige Aufmerksamkeit zuwende.«
»Ihr Vater?« Fisher errötete ein wenig. »Nun, ich nehme an, unter diesen Voraussetzungen … Er hält sich in Alexandria auf, sagen Sie?«
»In der Tat.«
»Und haben Sie Nachricht über seinen Verbleib?«
»Noch nicht.«
»Mylady …« Der Kapitän schürzte die Lippen und schien nach passenden Worten zu suchen. »Von einigen Überlebenden wissen wir, was sich in Alexandrien abgespielt hat. Die Schergen dieses Verbrechers Urabi haben wie Schlächter dort gewütet. Es besteht die Möglichkeit, dass Ihr Vater …«
»Mein Vater ist noch am Leben, Captain«, stellte Sarah klar.
»Woher wissen Sie das?«
»Ein Brief«, kam du Gard Sarah mit einer Flunkerei zur Hilfe, ehe diese in Erklärungsnot geraten konnte, »abgeschickt am zwölften Juni, dem Tag nach dem Massaker.«
»Eigenartig – wie es hieß, hätte das Postamt geschlossen …«
»Die Nachricht erreichte mich auf ungewöhnlichem Wege«, fügte Sarah erklärend hinzu, was keineswegs gelogen war. »Darin bat mein Vater mich dringend um Hilfe, weshalb ich zusammen mit Monsieur du Gard, der ein alter Freund meines Vaters ist, aufgebrochen bin, um nach ihm zu suchen.«
»Sie waren auf dem Weg nach Alexandria, als Sie Schiffbruch erlitten?«
»Gewissermaßen«, bestätigte Sarah – von ihrer Entführung und der Sache mit dem Codicubus zu berichten, hätte die Dinge nur unnötig verkompliziert. Mit Informationen, hatte der alte Gardiner ihr beigebracht, galt es hauszuhalten wie mit barem Vermögen …
»Was für ein törichtes Unterfangen«, kommentierte Fisher undiplomatisch und so laut, dass die anderen Offiziere, die auf der Brücke ihren Dienst versahen, verwundert herüberblickten. »Verstehen Sie mich recht, Lady Kincaid – ich bewundere Sie für Ihren Mut und Ihre Loyalität. Aber auf den Gedanken, sich in diesen Tagen nach Alexandria einzuschiffen, kann wirklich nur ein Frauenzimmer kommen.«
»Weshalb?« Sarah stellte sich unwissend.
»Haben Sie mir denn nicht zugehört? Die Aufständischen drohen den Suez-Kanal unter ihre Kontrolle zu bringen. England rüstet zum Krieg, Mylady, und der Hafen von Alexandria wird blockiert.«
»Und das bedeutet?«
»Dass kein Schiff den Hafen anlaufen oder ihn verlassen darf – andernfalls wird es von den Kanonieren Ihrer Majestät auf den Grund des Meeres geschickt.«
»Ist das wahr?«
»Allerdings – und das ist erst der Anfang. Eine Flotte von Kriegsschiffen wird derzeit vor der Küste Ägyptens zusammengezogen. Was das bedeutet, brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären.«
»Auch dieses Schiff?«, erkundigte sich Sarah beiläufig.
»Das will ich meinen. Sollte es zu Kampfhandlungen kommen – und darauf deutet alles hin -, wird die ›Inflexible‹ das Rückgrat unseres Angriffs bilden. Allein bei ihrem Anblick werden Urabi und seine Strauchdiebe die Flucht ergreifen.«
»Schön.« Sarah lächelte humorlos. »Wäre es Ihnen in diesem Fall nicht ein Leichtes, uns mitzunehmen?«
»Was?«
»Wenn dieses Schiff ohnehin in einigen Tagen Kurs nach Südosten nimmt, wäre es Ihnen dann nicht möglich, Monsieur du Gard und mich nach Alexandrien zu befördern?«
»Wie stellen Sie sich das vor? Dies ist kein Passagierschiff, Lady Kincaid, und Sie beide sind keine Angehörigen des Militärs …«
»Non, glücklicherweise nicht«, sagte du Gard halblaut, was ihm einen strafenden Blick eintrug.
»Ich weiß, dass meine Bitte ungewöhnlich ist«, räumte Sarah ein, »und ich würde sie nicht stellen, wenn mein Anliegen nicht von solcher Dringlichkeit wäre. Aber mein Vater schwebt in Lebensgefahr, und ich muss zu ihm. Durch unseren Schiffbruch haben wir bereits mehr als eine Woche verloren. Die Zeit zerrinnt mir unter den Händen, Captain, und es gibt nur einen Mann, in dessen Macht es steht, dies zu ändern – nämlich Sie.«
»Sie schmeicheln mir«, erwiderte der Offizier und zupfte verlegen an seinem Bart, »dennoch kann ich Ihrer Bitte nicht entsprechen. Wie stellen Sie sich das vor? Dieses Schiff zieht in den Krieg gegen ägyptische Nationalisten! Das wird keine Ausflugsfahrt, meine Teure.«
»Dessen bin ich mir durchaus
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