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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Verhalten auf der Insel an, aber er weicht mir aus. Da er sich weiterhin weigert, mir zu sagen, was er in jener neuerlichen Vision gesehen hat, kann ich nur Vermutungen anstellen, was all die ungelösten Fragen betrifft.
    Wer, so rätsle ich immerzu, ist der geheimnisvolle Feind, mit dem wir es zu tun haben und der das Wissen der Vergangenheit zu vernichten trachtet? Der Vermummte sprach von Wurzeln, die weit in die Vergangenheit reichen – war das die Wahrheit? Steht er tatsächlich, wie er behauptet hat, in den Diensten einer übergeordneten Organisation? Oder ist er in Wirklichkeit ein Renegat, ein Einzelgänger, der womöglich von Irrsinn befallen ist?
    Noch immer steht mir jener grässliche Moment vor Augen, in dem ich das Antlitz des Fremden gesehen habe. Dennoch weiß ich, dass meine gepeinigten Sinne mir einen Streich gespielt haben müssen, denn was ich gesehen habe, kann unmöglich wahr sein. Was in aller Welt, so frage ich mich immerzu, hat mein Vater mit diesem Kerl zu schaffen? Steht er tatsächlich in seinen Diensten? Ist das der Grund, warum er alles vor mir verheimlicht hat?
    Mehr als zuvor brenne ich darauf, nach Alexandrien zu gelangen und meinem Vater zu begegnen. Es geht längst nicht mehr nur darum, sein Leben zu retten – sondern auch alles, was er mir jemals beigebracht hat und was mir etwas bedeutet.
    Seine Seele …
    B UCHT VON F OMM I -R IH
A BEND DES 4. J ULI 1882
    Steile und hohe Klippen, von denen nur ein schmaler und verschlungener Pfad zum Wasser führte, säumten Fomm ir-Rih in einem weiten Halbkreis. Von der Landseite her war die Bucht daher uneinsehbar. Zur See hin schützte die Dunkelheit die beiden einsamen Gestalten, die auf einem Felsvorsprung über der schäumenden Brandung standen und auf die dunkle Fläche des Meeres blickten.
    Fast hatte Sarah erwartet, es zischen und brodeln zu hören, als der Glutball der Sonne den westlichen Horizont erreicht hatte und – so hatte es jedenfalls den Anschein gehabt – in die glitzernden Wogen eingetaucht war. Doch der Widerstreit der Elemente hatte nicht stattgefunden, und statt sich in Wolken von heißem Dampf zu hüllen, hatte die Sonne sich damit begnügt, lautlos zu verschwinden, freilich nicht ohne den Himmel dabei lichterloh in Brand zu stecken. Ein feuriger Nachglanz überzog die Hemisphäre, vom orangeroten Leuchten am Horizont zu den sanften Lilatönen, die sich in der Schwärze der heraufziehenden Nacht verloren.
    »Und du bist sicher, dass dies die Bucht ist, von der Jules in seinem Telegramm gesprochen hat?«, erkundigte sich Maurice du Gard ein wenig misstrauisch. »Hier ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen.«
    »Was der Grund dafür sein dürfte, dass Capitaine Hulot sich für diese Bucht als Treffpunkt entschieden hat«, vermutete Sarah. »Wie wir von Monsieur Verne wissen, legt der Kapitän Wert auf Diskretion und verspürt keinerlei Verlangen, seine ungewöhnliche Erfindung publik zu machen. Kein Wunder also, dass er uns an einen Ort wie diesen bestellt hat.«
    Du Gard erwiderte etwas Unverständliches, und beide blickten sie wieder auf die See hinaus. Das grandiose Naturschauspiel, das am Himmel stattgefunden hatte, verblasste mit jedem Augenblick. Die Nacht breitete ihre dunklen Schwingen über die Bucht, und eine kühle Brise kam auf. Du Gard schlug den Kragen seines Rocks hoch, Sarah zog ihren Seidenschal enger. Noch immer trug sie das khakifarbene Kleid, das sie in Valletta erstanden hatte, dazu einen passenden Hut und einen Schirm, der nun freilich nutzlos geworden war. Geeignetere Kleidung würden sie an Bord des Submarins bekommen – wie Jules Verne ihnen mitgeteilt hatte, war ihr Gepäck von Orléans nach Marseille befördert und an Bord des Submarins genommen worden.
    Vorausgesetzt, Capitaine Hulot hielt Wort …
    Der Kutscher, der Sarah und du Gard auf diese Seite der Insel gebracht hatte, hatte nicht schlecht gestaunt, als sie ihn aufgefordert hatten, sie an den Klippen abzusetzen, wo es weit und breit keine Siedlung gab. Fragen hatte er allerdings nicht gestellt, und damit dies auch so blieb, hatte Sarah ihn mit einem üppigen Trinkgeld bedacht. Zwar nahm sie nicht an, dass der Vermummte ihnen noch immer folgte – schließlich musste er sie für tot halten -, aber Sarah wollte dennoch Vorsicht walten lassen, zumal sie wachsende Unruhe verspürte und nicht zu sagen vermochte, woran genau es lag.
    »Regarde!«, rief du Gard plötzlich aus. »Regarde ce la …!«
    Aufgeschreckt blickte Sarah in

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