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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Codicubus.«
    »Oui«, erwiderte du Gard gepresst. Die Miene des Franzosen war einmal mehr zur Maske erstarrt, genau wie im Krankenhaus von St. James, als sie Francine Recassin besucht hatten. Sarah glaubte zu ahnen, weshalb du Gard sich stets so unbekümmert gab und kindische Scherze trieb – er wappnete sich damit gegen die Aura des Leids und des Elends, die diesen Ort umgab und die er selbst nach Jahrhunderten noch zu fühlen schien …
    Der Stollen mündete in ein Gewölbe, das offenbar halb natürlichen, halb künstlichen Ursprungs war. Weiße Tropfsteine hingen von der hohen Decke, die mit Fackeln versehenen Wände jedoch waren von Menschenhand bearbeitet. Ungleich mehr als die Bauweise der Kammer erregte jedoch ihre Einrichtung die Aufmerksamkeit der beiden Eindringlinge – denn was Sarah und du Gard erblickten, ließ sie bis ins Mark erschaudern.
    Folterwerkzeuge.
    Eine Streckbank und ein Ständer, in dem Zangen und Brandeisen steckten, dazu eine Esse, um sie zum Glühen zu bringen. An den rußgeschwärzten Wänden hingen noch mehr Vorrichtungen, deren einziger Zweck darin bestand, wehrlosen Kreaturen Schmerz zuzufügen: Brustkrallen, Halskrausen und Knieschrauben – ein Arsenal des Grauens. Von der Decke baumelten, von groben Ketten gehalten, mannshohe Käfige aus rostigem Eisen. Und in einem dieser Käfige kauerte – Sarah und du Gard trauten ihren Augen nicht – eine menschliche Gestalt.
    Oder vielmehr das, was noch von ihr übrig war …
    Wohin Sarah auch blickte, sah sie nur dünne, pergamentartige Haut, die sich über den Knochen spannte. Die Kleider des armen Teufels hingen in Fetzen, sein verwahrlostes Haar reichte ihm bis zur Schulter. Das Gesicht, das Sarah und du Gard durch die Gitterstäbe anstarrte, war wie versteinert; glasige Augen blickten aus Zügen, die einst straff und jugendlich gewesen sein mochten, nun jedoch bleich und ausgezehrt waren, vom nahen Tod gezeichnet.
    Am entsetzlichsten jedoch war die Stimme, die erklang, als der Gefangene den Mund öffnete, denn jedes Leben schien bereits aus ihr gewichen. »Jekk joghgbok«, hauchte sie fast unhörbar, »ayut … «
    »Wie schrecklich«, flüsterte du Gard, während Sarah wie erstarrt war und kein Wort hervorbrachte.
    »Ayut«, wiederholte der junge Greis – und Sarah und du Gard handelten. Zwar verstanden sie kein Maltesisch, aber sie wussten auch so, was zu tun war. Gemeinsam betätigten sie die Winde, über die der Käfig an der Decke befestigt war, und senkten, begleitet vom hässlichen Rasseln und Knirschen der Ketten, das makabre Behältnis ab, bis es auf dem Höhlenboden aufsetzte.
    Du Gard war sofort zur Stelle. Ein einziger Hieb seiner Axt genügte, um dem rostigen Schloss den Rest zu geben. Quietschend schwang die Käfigtür auf, der Gefangene fiel heraus und sackte kraftlos in seine Arme. »Grazzi«, murmelte er dabei immerzu, »grazzi … «
    »Mon dieu«, knurrte du Gard, während er den bis auf die Knochen Abgemagerten vorsichtig auf den Boden bettete. »Was hat man ihm nur angetan?«
    »Seinem Zustand nach zu urteilen, hat er seit Wochen nichts zu essen bekommen«, stellte Sarah fest, die sich trotz ihres Entsetzens um Sachlichkeit bemühte.
    »Oui«, bestätigte du Gard und blickte auf die blutigen, zerschundenen Finger des Gefangenen. »Offenbar hat er die Feuchtigkeit von der Höhlenwand gekratzt, um nicht zu verdursten.«
    Sarah nahm die Feldflasche aus ihrer Tasche, schraubte den Verschluss ab und gab dem Mann zu trinken. »Hier«, sagte sie leise dazu. »Trink langsam, hörst du? Ganz langsam …«
    Der Gefangene, dessen tatsächliches Alter erst fünfzehn oder sechzehn Jahre betragen mochte, nickte dankbar. Aufgrund seiner spröden Lippen und seiner geschwollenen Zunge lief das meiste von dem, was Sarah ihm einzuflößen versuchte, an Wangen und Hals hinab. Dennoch schien sich sein Zustand ein wenig zu bessern.
    »Das muss einer der Jungen aus Kalafrana sein, die spurlos verschwunden sind«, überlegte Sarah.
    »Aber – der Fischer berichtete von fünf Verschollenen«, wandte du Gard ein. »Wo sind die anderen vier?«
    »Tot«, stieß der Gefangene in gebrochenem Englisch hervor. »Freunde alle tot …«
    »Wer?«, wollte Sarah wissen. »Wer hat das getan?«
    »Geist«, hauchte der Junge und deutete auf den dunklen Gang, der aus dem Folterkeller führte. »Geist von Ritter. Sein Auge sieht alles. Auf uns gewartet, alle getötet …«
    Vor Grauen schüttelte er sich wie unter schmerzhaften Krämpfen, zudem schien

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