Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
wagte kaum, danach zu fragen. »Hast du … wieder meinen Vater gesehen?«
    »Non.« Er schüttelte den Kopf.
    »Was war es dann? Was hast du gesehen?«
    »Das willst du nicht wissen«, meinte du Gard überzeugt, noch sichtlich unter dem Schock der Eindrücke stehend, die so unvermittelt über ihn hereingebrochen waren.
    »Was soll das heißen? Natürlich will ich es wissen, dazu sind wir schließlich hier, oder nicht? Wir wollen Antworten.«
    »Non!« Du Gard schüttelte den Kopf. »Der Fischer hatte recht – hierherzukommen war ein Fehler.«
    »Weshalb?«
    »Dieser Ort ist verflucht«, erwiderte du Gard und wollte sich bereits zum Gehen wenden. »Wir werden die Insel augenblicklich verlassen.«
    »Nein.« Sarah packte ihn am Arm. »Ich glaube nicht an Flüche.«
    »Chérie, das ist deine Sache«, beschied er ihr in einem Tonfall, der so ruhig und dennoch so bestimmt war, dass Sarah augenblicklich von ihm abließ. »Die Spur führt nach Ägypten, mehr brauchst du nicht zu wissen.«
    »Mehr?«, hakte sie nach. »Worüber?«
    »Über das Ende, Sarah Kincaid«, erwiderte du Gard schnaubend. »Über das Ende.«
    Damit bückte er sich, lud sich erneut den halb bewusstlosen Gefangenen auf die Schulter und trug ihn rasch hinaus.
    Ratlos blieb Sarah zurück. Ihr Blick fiel auf das rätselhafte Symbol, das in die Stele eingemeißelt war. Hatte der Gefangene recht? Symbolisierte es tatsächlich ein Auge? Je länger Sarah darauf starrte, desto mehr hatte sie das Gefühl, dass es ihren Blick erwiderte. Ihre Nackenhaare sträubten sich, und für einen kurzen Moment überkam sie das Gefühl, dieses Zeichen zu kennen, wie überhaupt dieser Ort und all seine Schrecken eine gewisse alte Vertrautheit verströmten.
    Schon einen Lidschlag später jedoch war dieser Eindruck wieder verflogen. Sarah erinnerte sich an du Gards warnende Worte, und plötzlich war auch sie von dem Bedürfnis erfüllt, den düsteren Schauplatz so rasch wie möglich zu verlassen. Sie wusste nun mit letzter Sicherheit, dass sie nicht geträumt, dass sie sich die Begegnung mit dem Vermummten nicht nur eingebildet hatte.
    Es war real gewesen, ebenso wie der Codicubus und die Jagd nach dem Geheimnis, das er über Jahrhunderte verborgen hatte.
    Ein geheimer Krieg war im Gange, der mit äußerster Brutalität geführt wurde, in dem Gefangene gemacht wurden und der bereits Tote gefordert hatte.
    Ein Krieg, in dem all das auf dem Spiel stand, womit sich Archäologie befasste.
    Wissen.
    Und Wahrheit …

5
    R EISETAGEBUCH S ARAH K INCAID
N ACHTRAG
    Den bis auf die Knochen abgemagerten Jungen, den wir im Verlies von Fifla aufgelesen hatten, ließen wir in der Obhut des Fischers zurück, der versprach, sich um ihn zu kümmern und ihn in seinen Heimatort Kalafrana zurückzubringen. Die Blicke, mit denen der Junge uns auf dem Rückweg zur Insel bedachte, werde ich nie vergessen, und noch immer frage ich mich, was er in du Gard und mir gesehen haben mag. Er lud uns ein zu bleiben und ihn nach Kalafrana zu begleiten, wo man uns mit allen Ehren empfangen und uns Dank erweisen würde. Wir lehnten jedoch mit der Begründung ab, nach Valletta zurückkehren zu müssen, wo wir auf eine dringende Nachricht warteten.
    Das war nicht gelogen, aber weder Maurice noch ich ahnten, dass diese Nachricht inzwischen bereits eingetroffen war. Bei unserer Rückkehr nach Valletta erwartete uns ein Bote des örtlichen Telegrafenamtes, der uns eine Mitteilung übergab. Der Absender war ein gewisser Conseil, in dem wir freilich keinen anderen als unseren gemeinsamen Freund Jules Verne erkannten.
    Monsieur Vernes Nachricht war so knapp wie erfreulich. In aller Kürze teilte er uns mit, dass das Submarin bereits in See gestochen sei und Capitaine Hulot uns in drei Tagen in Fomm ir-Rih, einer entlegenen Bucht an der Westküste Maltas, an Bord zu nehmen gedachte. Das war weit mehr, als wir erwarten konnten, und trotz der jüngsten Enthüllungen und der alarmierenden Neuigkeiten, die wir erfahren hatten, atmete ich innerlich auf.
    Seither zähle ich die Stunden.
    Eine Anfrage an den britischen Gouverneur, den ehemaligen Großmeisterpalast besuchen zu dürfen, um mich dort nach Hinweisen auf den Codicubus und seine wechselhafte Geschichte umzusehen, wurde abgelehnt. So bleibt mir nichts, als die Zeit bis zur Abreise damit zu verbringen, die steilen Gassen Vallettas zu durchstreifen, wobei Maurice mir ein treuer, wenn auch nicht sehr gesprächiger Begleiter ist. Immer wieder spreche ich ihn auf sein

Weitere Kostenlose Bücher