Die Flamme von Pharos
führte eine schmale Wendeltreppe ins eigentliche Innere des Submarins – ob Sarah und du Gard diese allerdings je zu sehen bekommen würden, war im Augenblick mehr als fraglich …
Das Gurgeln aus den Tiefen des Bootes verstärkte sich, und durch eines der Bullaugen konnte Sarah sehen, wie rings um das Submarin Luftblasen emporstiegen. Die Tauchkammern wurden geflutet, und schon im nächsten Moment war das Vordeck des Unterseebootes nicht mehr zu sehen. Der Bug neigte sich, und mit einer Lastigkeit von dreißig, vierzig Grad schoss das Submarin in die Tiefe.
»Allmächtiger!«, rief du Gard aus, als der Wasserspiegel die Bullaugen erreichte, und auch Sarah hielt instinktiv den Atem an. Für einen Augenblick war ringsum nichts als schäumende Gischt zu erkennen – die im nächsten Moment blaugrüner Unendlichkeit wich.
Die Geräusche im Boot veränderten sich, wurden plötzlich dumpf und unheimlich, und man glaubte zu hören, wie die Tiefe ihre Stimme erhob, sich als fernes Klopfen, als leises Brodeln oder als metallisches Ächzen bemerkbar machte. Wieder war eine Detonation zu vernehmen, die jedoch achteraus zu liegen schien – offenbar hatte die Granate genau dort eingeschlagen, wo sich das Submarin noch vor wenigen Augenblicken befunden hatte. Die Druckwelle erfasste das Boot und ließ es leicht erbeben – die Gefahr jedoch schien gebannt …
»Sie können ruhig wieder einatmen«, sagte Kapitän Hulot, ohne seinen Blick vom Frontbullauge zu wenden. »Die ›Astarte‹ verfügt über ein ausgefeiltes chemisches System, das der Erneuerung der Atemluft dient. Sie brauchen die Luft also nicht anzuhalten.«
»Du meine Güte«, entfuhr es Sarah, der erst jetzt bewusst wurde, dass sie tatsächlich nicht geatmet hatte. »Sind wir in Sicherheit?«
»Davon gehe ich aus. Allerdings ärgert es mich, dass die Briten uns gesehen haben – sie werden ihre Entdeckung zweifellos an die Admiralität melden, was bedeutet, dass ich mich in Zukunft noch ungleich mehr vorsehen muss.«
»Wie können Sie das Submarin bei Dunkelheit manövrieren?«, wollte Sarah mit Blick auf die Bullaugen wissen, auf deren anderer Seite jetzt undurchdringliches Dunkel herrschte.
Hulot lächelte schwach. »Eigentlich können wir es nicht. In diesem Fall navigieren wir nach Kompass und benutzen exakt dieselbe Fahrtrinne, auf der wir in die Bucht gelangt sind. So etwas in unbekannten Gewässern zu versuchen könnte für das Boot und seine Besatzung tödlich enden.«
»Haben Sie keine Scheinwerfer?«, erkundigte sich du Gard.
»Natürlich, aber sie einzuschalten wäre so, als würden wir den Briten dort oben eine Einladung zum Zielschießen schicken. Zwar haben sie keine Ahnung, womit sie es zu tun haben, aber versenken wollen sie uns trotzdem – so sind die Menschen, nicht wahr?«
»Ich fürchte, so ist es.« Du Gard nickte.
»Wir werden also unserer bekannten Route folgen. Sobald wir sicher sein können, unseren Verfolgern entkommen zu sein, werden wir auftauchen und die weitere Reise über Wasser fortsetzen, damit wir …« Der Kapitän unterbrach sich plötzlich, und seine Züge nahmen wieder die anfängliche Heiterkeit an. »Aber, aber!«, rief er aus. »Wo habe ich nur meine Manieren gelassen? Willkommen an Bord, Lady Kincaid – und Sie natürlich auch, Monsieur du Gard. Fühlen Sie sich an Bord meines Unterseebootes ganz wie zu Hause.«
»Haben Sie vielen Dank, Monsieur le Capitaine«, erwiderte Sarah. »Und bitte entschuldigen Sie die Verzögerung und den Umweg, den Sie unseretwegen machen mussten. Eigentlich hatten wir nicht vor, Malta einen Besuch abzustatten, aber …«
»Wie das Leben so spielt, nicht wahr?«, schmunzelte Hulot.
»Sie sagen es.«
»Keine Ursache, Lady Kincaid – in Anbetracht des hohen Preises, den Sie für Ihre Passage entrichten, betrachte ich derlei Änderungen als zum Service gehörend. Und nennen Sie mich ruhig bei meinem Namen, denn ich bekleide weder einen militärischen Rang, noch besitze ich im eigentlichen Sinn ein Kapitänspatent. Der ›capitaine‹ ist lediglich ein Ehrentitel, den meine Mannschaft mir verliehen hat und der mir dabei hilft, die Ordnung an Bord aufrechtzuerhalten, obwohl ich jede Art von militärischem Popanz zutiefst verabscheue.«
»Sehr gerne, Monsieur Hulot«, erwiderte Sarah, »ich wollte nur nicht …« Plötzlich ließ sich aus den Tiefen des Schiffes lautes Gejammer vernehmen, und eine keifende Stimme war zu hören, die Sarah nur zu vertraut vorkam.
»… ist mir noch
Weitere Kostenlose Bücher