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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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nicht untergekommen! Ich protestiere in aller Entschiedenheit und verlange, dass Sie mir augenblicklich erklären, was dieser infernalische Lärm zu bedeuten hat …!«
    Sarah seufzte.
    Hingis.
    Im Eifer des Augenblicks hatte sie den misslaunigen Gelehrten fast vergessen. Dafür brachte er sich nun umso lautstärker in Erinnerung, gerade als ob antike Rätsel, vermummte Entführer und die blindwütig feuernde Royal Navy nicht schon Schwierigkeiten genug wären …
    Hulot, der Sarahs Gesichtsausdruck bemerkte, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Lady Kincaid, bin ich froh, dass Sie endlich an Bord sind. Ihr Mitreisender ist auf die Dauer – wie soll ich es ausdrücken? – ein wenig anstrengend.«
    »Oh, ja«, versicherte Sarah, während das Gejammer im Bauch des Schiffes ohne Unterlass weiterging, »das kann ich mir lebhaft vorstellen.«
    Sie folgte dem Kapitän über die Wendeltreppe, die vom Ruderstand in die Zentrale des Unterseebootes führte. An zwei großen Stellrädern, die für die Betätigung der seitlichen und hinteren Tiefenruder zuständig waren, sowie an einer Unzahl von Ventilen und Skalen standen Männer in grauen Uniformen, deren bleiche Haut darauf schließen ließ, dass sie selten Sonnenlicht zu sehen bekamen. Unterhalb der Ventile, die die Pressluftzufuhr zu den Tauchkammern regulierten, war ein schmaler Tisch angebracht, auf dem Seekarten lagen; dicke Rohrleitungen aus Messing verliefen unterhalb der Decke; zu beiden Seiten hin wurde die von elektrischem Licht erhellte Zentrale von schweren Schotten begrenzt.
    Inmitten dieser wohlgeordneten Mechanik bot Friedrich Hingis einen geradezu desolaten Anblick. Der Schweizer trug wie immer seinen schwarzen Rock und eine Schleife um den Hemdkragen – die beträchtlichen Temperaturen, die im Inneren des Submarins herrschten, hatten ihm jedoch sichtlich zugesetzt. Der sonst blütenweiße Kragen seines Hemdes war fleckig, das Haar noch wirrer als sonst, die Gläser der Nickelbrille hatten sich beschlagen. Ob dies allerdings von der feuchten Hitze im Inneren des Unterseebootes rührte oder daran lag, dass Hingis schnaubte wie ein wilder Stier, war schwer zu sagen.
    »Da sind Sie ja endlich!«, blaffte er, als er Sarah erblickte, denn natürlich hatte er keine Ahnung, was ihr und du Gard in der Zwischenzeit widerfahren war. »Ich hätte es wissen müssen.«
    »Was hätten Sie wissen müssen?«, erkundigte sich Sarah, die ebenso auf eine Begrüßung verzichtete wie der echauffierte Gelehrte.
    »Dass auf eine Frau kein Verlass ist. Es hieß, wir würden uns in Marseille treffen, aber natürlich ist niemand gekommen. Stattdessen wird mir unter abenteuerlichen Bedingungen eine Nachricht zugespielt, und ich finde mich in einem verlassenen Nest am Ende der Welt wieder, von wo aus man mich in diesen … diesen Eisensarg verschleppt.«
    »Monsieur«, mahnte Hulot, »wählen Sie Ihre Worte mit ein wenig mehr Bedacht. Die ›Astarte‹ kann Sie hören.«
    »Das bezweifle ich«, schnaubte Hingis, der vor Wut förmlich schäumte. »Wenn Sie mich fragen, werden wir alle noch jämmerlich ertrinken in diesem verdammten Ding.«
    »Wenn Ihnen das Submarin so verhasst ist, warum haben Sie es denn überhaupt betreten?«, erkundigte sich du Gard, der inzwischen ebenfalls in der Zentrale angelangt war.
    »Sehr einfach – weil man mir keine andere Wahl gelassen hat. Man hat mir den Koffer mit dem Geld abgenommen und ihn an Bord gebracht, also musste ich wohl oder übel folgen. Allerdings ist das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen. Ich protestiere in aller Entschiedenheit.«
    »Wogegen?«, wollte Sarah wissen.
    »Dagegen, dass Sie mir von alldem nichts gesagt haben. Dass Sie mich vorsätzlich und ganz bewusst über die Natur der Reise im Unklaren gelassen haben.«
    »Hätte es denn einen Unterschied gemacht?«
    »Der Meinung bin ich allerdings«, schnarrte Hingis. »Hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich mich niemals freiwillig auf dieses Vehikel begeben. Ich bin schließlich nicht so lebensmüde, als dass es mir Plaisir bereiten würde, mich in einer stählernen Kiste im Meer zu versenken. Das ist doch Wahnsinn!«
    »Was schlagen Sie stattdessen vor, Doktor?«, fragte Sarah ruhig. »Dass wir uns mit der britischen Marine anlegen, die den Hafen von Alexandria blockiert und sicher nicht gewillt sein wird, unseretwegen eine Ausnahme zu machen? Oder dass wir es auf dem Landweg versuchen und damit wertvolle Zeit

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