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Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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nicht für nötig, Arlen eine Warnung zuzurufen. Allein an dessen Körperhaltung merkte sie, dass er von dem bevorstehenden Angriff wusste. Ihn sogar herausforderte.
    Sobald der Speerträger sich auf Arlen stürzte, stieß dieser den Graubart von sich weg. Der Mann hielt den Speer waagerecht und hob ihn über Arlens Kopf, um ihn dann gegen seinen Hals zu drücken. Arlen packte den Schaft und beugte sich mit einer Drehung nach vorn. Den vollen Schwung des Angreifers ausnutzend, schleuderte er ihn durch die Luft, wo er sich überschlug und dann rücklings auf den Boden knallte. Arlen, der nun den Speer in einer Hand hielt, stellte seinen Fuß auf die Brust des Mannes und blickte dessen Kumpane an.
    Beim Kampf war seine Kapuze heruntergerutscht, und die Kerle schnappten nach Luft, als sie ihn so sahen. »Der Tätowierte Mann«, rief Brice, und die Banditen begannen untereinander zu tuscheln.
    Nach einer Weile gewann der Graubart seine Fassung zurück. »Du bist also derjenige, von dem alle behaupten, er sei der Erlöser.« Er blinzelte. »Für mich siehst du nicht wie der Erlöser aus.«
    »Ich habe nie gesagt, dass ich der Erlöser bin«, entgegnete Arlen. »Ich bin Arlen Strohballen aus Tibbets Bach, und anstatt euch zu erlösen, werde ich jeden hier verprügeln, der nicht sofort aufhört, sich wie ein Lump zu benehmen.«
    Der Graubart sah ihn an und wandte sich dann an seine Männer. Er winkte ihnen zu, und die Kerle legten ihre Waffen nieder. Alle starrten Arlen an, und der erwiderte ihr Gaffen mit derselben wütenden Miene, die Rennas Mam immer aufgesetzt hatte, wenn sie die Mädchen bei einem Unfug ertappt hatte und sich zu einer Strafpredigt rüstete.
    Sogar der Graubart hielt diesem zornigen Blick nicht lange stand. Abermals wischte er sich den Schweiß von der runzligen Stirn und knetete seinen Hut mit den Händen. »Ich möchte mich entschuldigen«, sagte er. »Aber ich habe Mäuler zu stopfen, und die Leute brauchen dringend einen richtigen Zufluchtsort. Ich habe ein paar Sachen gemacht, auf die ich wirklich nicht stolz bin, aber ich handelte nicht aus Habgier oder Boshaftigkeit. Ein Mann kann sich schon mal vergessen, wenn er lange genug auf der Straße gelebt hat und nicht weiß, wo er hingehen kann.«
    Arlen nickte. »Ich kenne das. Wie heißt du?«
    »Varley Hafer«, sagte der Graubart.
    Arlen nickte, als er den Nachnamen hörte. »Dann stammt ihr aus der Ortschaft Haferfeld? Drei Tage nördlich von Fort Rizon, vorbei an den Gelben Obstgärten?«
    Varley bekam große Augen, aber er nickte. »Ihr seid ja weit weg von Haferfeld, Varley«, meinte Arlen. »Wie lange seid ihr schon unterwegs?«
    »Seit fast drei Jahreszeiten. Seit die Krasianer Fort Rizon eingenommen haben«, antwortete Varley. »Wir wussten, dass die Wüstenratten als Nächstes bei uns einfallen würden, deshalb befahl ich den Leuten, ihren gesamten Besitz einzupacken und sich unverzüglich auf den Weg zu machen.«
    »Bist du der Stadtsprecher?«, erkundigte sich Arlen.
    Varley lachte. »Ich war der Fürsorger.« Er zuckte die Achseln. »Schätze, in gewisser Weise bin ich das immer noch, obwohl ich langsam daran zweifle, dass uns jemand von oben behütet.«
    »Das Gefühl kenne ich«, gab Arlen zu.
    »Sämtliche Einwohner von Haferfeld brachen zur selben Zeit auf«, fuhr Varley fort. »Wir waren sechshundert. Wir hatten Kräutersammlerinnen, Bannzeichner, sogar einen ehemaligen Kurier, um uns zu führen. Massenhaft Vorräte. Auf mein Wort, wir zogen mit mehr Zeug los, als wir transportieren konnten. Aber das hat sich schnell geändert.«
    »Das ist immer so«, pflichtete Arlen bei.
    »Die Wüstenratten kamen sehr schnell«, erzählte Varley, »und ihre Kundschafter waren überall. Viele von uns starben, als sie wegliefen, und noch mehr Opfer forderte der Winter. Schließlich hörten die Krasianer auf, uns zu verfolgen, aber wir fühlten uns erst wieder sicher, als wir Lakton erreichten.«
    »Doch in Lakton wart ihr nicht willkommen«, riet Arlen.
    Varley schüttelte den Kopf. »Als wir dort eintrafen, boten wir einen heruntergekommenen Anblick. Die Leute drückten schon mal ein Auge zu, wenn wir eine Woche lang auf Brachland lagerten oder ein bisschen in ihrem Teich fischten, aber keiner wollte fünfhundert Fremde im Ort dulden. Irgendwer beschuldigte uns des Diebstahls, und ehe man sich versah, rückte die ganze Stadt mit Rechen und Hacken an, um uns zu vertreiben.
    Von Lakton zogen wir weiter ins Tal, wo sie Rizonaner zu Tausenden

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