Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
aus ihm herausstampfte und einen ersten Vorgeschmack von Dämonenmagie bekam. Dann preschte sie Schattentänzer hinterher und schloss mit neuem Schwung zu ihm auf.
Kurz vor der Morgendämmerung schlugen sie ihr Lager auf. »Du bleibst bei den Pferden, Renna«, sagte Arlen. »Ich muss meine Kräfte ein bisschen auffrischen.« Er verschwand in der Finsternis.
Renna wartete ein wenig, bis er sich genügend entfernt hatte, dann suchte sie sich selbst eine Beute. Sie entdeckte einen Felddämon, der unweit des Lagers lauerte, und nahm wieder den unsicheren Stolpergang der alten, dummen Renna an; sie rang nach Luft und wimmerte vor Angst.
Der Dämon stieß ein Knurren aus und sprang sie an, aber Renna war darauf vorbereitet. Sie attackierte ihn mit einem sharusahk -Wurf und schleuderte ihn zu Boden. Ihre Fäuste waren mit machtvollen Siegeln bemalt, und sie rammte sie gegen den Kopf des Horclings, bis er sich nicht mehr rührte.
Dann zog sie ihr Messer, doch dieses Mal gab sie sich nicht die Mühe, das Dämonenfleisch zu kochen, bevor sie es aß, sondern schlürfte das schwarze Sekret wie Glyns Sauce. Der Geschmack war noch widerlicher, aber die Erinnerung daran, wie stark sie tagsüber bei Sonnenlicht gewesen war, sorgte dafür, dass sie das Zeug nicht gleich wieder erbrach.
Sie hatte sich gesäubert, war wieder im Lager, kaute ein Sauerblatt und ritzte Siegel in die Hufe der Stute, als sie Arlen zurückkommen hörte.
»Er wird nicht merken, was ich getan habe«, erzählte sie Versprechen. »Wie sollte er auch? Und falls er es erführe, wäre es mir auch egal. Arlen Strohballen kann mir nicht vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe, auch wenn wir einander versprochen sind.«
Das stimmte zwar, dennoch kam sie sich wie eine Lügnerin vor.
Sie hob das Kinn, als Arlen auftauchte. Er glühte so stark vor Magie, dass sie die von Siegeln umrahmten Augen zusammenkneifen musste, wenn sie ihn ansehen wollte. Sie verstand, warum andere Leute ihn für den Erlöser hielten. Es gab Momente, da strahlte selbst der Schöpfer nicht in einem so hellen Glanz wie Arlen Strohballen.
3
Die Haferfelder
333 NR – Sommer
27 Morgendämmerungen vor Neumond
S ie sprachen wenig, als sie am nächsten Tag eine kaum benutzte Kurierstraße entlangpreschten. Um sich vor der Sonne zu schützen, hatte Arlen die Kapuze seines Gewands aufgesetzt, aber Renna wusste, welch frustrierte Miene sie verbarg.
Welche brandeilige Angelegenheit wartet im Tal des Erlösers auf Arlen?
Es ging um ein Mädchen, so viel war ihr klar. Leesha Papiermacher. Der Name quälte sie wie ein Sandfloh. Als Renna Arlen zum ersten Mal gefragt hatte, was diese Leesha ihm bedeutete, war er ausgewichen, aber damals waren sie einander noch nicht versprochen gewesen, und sie hatte kein Recht gehabt, ihn zu bedrängen.
Schätze, es ist an der Zeit, ihn nochmal zu fragen, dachte sie.
»Vorsicht!«, schrie Arlen, als sie um eine enge Kurve ritten. Direkt vor ihnen stand ein Karren quer über der Straße, und dichtes Gebüsch zu beiden Seiten machte es unmöglich, daran vorbeizureiten. Renna presste die Knie gegen die Stute und riss kräftig an ihrer Mähne. Das riesige Pferd bäumte sich auf, wieherte und keilte wild nach hinten aus, und Renna hatte Mühe, oben zu bleiben. Belustigt sah Arlen von Schattentänzers Rücken aus zu. Der Hengst stand bereits und hatte sich wieder beruhigt.
»Ich habe dir versprochen, dir kein Halfter anzulegen«, schimpfte Renna mit der Stute, nachdem sie aufgehört hatte zu toben. »Aber nicht, dass du nie einen Sattel zu tragen brauchst. Denk immer daran.« Versprechen schnaubte.
»Ay, Fürsorger! Wir könnten Hilfe gebrauchen!«, rief ein graubärtiger Mann und winkte ihnen mit einem abgewetzten, speckigen Hut zu. Er und ein anderer Mann standen hinter dem Karren und schoben, während vorne ein magerer Gaul zog.
»Überlass mir das Reden, Ren«, murmelte Arlen und lenkte Schattentänzer vor Versprechen. »Was ist passiert?«, rief er zurück.
Der Mann kam zu ihnen, nahm seinen Hut wieder ab und wischte sich mit dem schmutzigen Handrücken den Schweiß von der Stirn. Seine Haare und der Bart waren fast vollständig ergraut, und sein tief zerfurchtes Gesicht war dreckig. »Der Wagen ist in dem verdammten Matsch steckengeblieben. Könnt ihr uns vielleicht eines von euren großen Pferden ausleihen, um den Karren wieder freizukriegen?«
»Tut mir leid, aber wir können euch nicht helfen«, erwiderte Arlen, während er mit Blicken die
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