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Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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aufnehmen, aber die Menschen dort kauten Baumrinde und gruben Insekten aus, nur um ihre Mägen zu füllen. Und die Holzfäller streiften durch die Flüchtlingslager und suchten nach Rekruten, die dann in der ungeschützten Nacht von den Horclingen getötet wurden. Einige von uns haben alles an die Krasianer verloren, und jetzt sollten wir anfangen, gegen Dämonen zu kämpfen? Wenn wir das täten, wären wir bald alle tot.«
    »Also seid ihr nach Norden weitergereist«, folgerte Arlen.
    Varley zuckte die Achseln. »Schien mir das Klügste zu sein. Ich trug immer noch die Verantwortung für an die dreihundert Leute. Die Talbewohner gaben uns ein paar mit Siegeln versehene Speere und jede nur erdenkliche Hilfe mit auf den Weg. In dem Dorf Bauerngarten war man nicht annähernd so freundlich, und die Dreckskerle in Fort Angiers vertrieben uns mit ihren Speeren. Wir hörten, droben in Richtung Flussbrücke gäbe es Arbeit, aber da war es auch nicht viel besser. Der Ort war total überfüllt. Und jetzt sind wir hier und wissen nicht, wohin wir uns sonst noch wenden könnten.«
    »Zeig mir euer Lager«, forderte Arlen ihn auf. Der Bandit sah ihn eine Weile an, dann nickte er und drehte sich zu seinen Männern um. Im Handumdrehen war der Karren aus dem Matsch gezogen, und bald zockelten sie abseits der Straße einen schmalen Waldweg entlang. Arlen saß ab und führte Schattentänzer am Zügel. Auch Renna ging zu Fuß und legte eine Hand auf den kräftigen Hals der Stute, um sie zu lenken. Versprechen stampfte mit den Hufen und schnaubte nervös, wenn sich einer der Männer näherte, aber allmählich gewöhnte sie sich an Rennas Berührung.
    Erst nach einer guten Stunde kam das Lager der Haferfelder in Sicht; es lag versteckt weit abseits der Straße. Mit großen Augen betrachtete Renna die bunte Ansammlung von nachlässig geflickten Zelten und überdachten Wagen; es stank nach Schweiß und menschlichem Unrat. Ungefähr zweihundert Seelen mochten dort kampieren. Varleys Männer, die selbst verwahrlost aussahen, waren noch die Besten dieses schludrigen Haufens.
    Frauen, Kinder und Alte stolperten durch das Lager, entkräftet, schmutzig und halb verhungert. Viele trugen Bandagen, und die meisten hatten ihre Füße mit Lumpen umwickelt. Alle arbeiteten – sie besserten zerfledderte, armselige Unterstände aus und schützten sie mit Siegeln, beaufsichtigten Kessel, in denen Haferschleimsuppe köchelte, lüfteten Wäsche und reinigten Geschirr, sammelten Feuerholz, schnitzten Siegelpfosten zu und versorgten klapperdürres Vieh. Lediglich die Kranken und Verwundeten lagen untätig unter einem schlampig aufgebauten Regenschutz. Ihr gequältes Stöhnen konnte man überall deutlich hören.
    Arlen führte Schattentänzer durch das Lager. Er wirkte wie versteinert, als er in die verzweifelten und müden Augen der Menschen sah. Sie erschraken beim Anblick seines tätowierten Gesichts und begannen miteinander zu flüstern, aber keiner brachte den Mut auf, sich ihm zu nähern, als er vorbeikam.
    Sie gelangten an den Schutzraum für die Kranken, und das Bild, das sich ihnen darbot, löste in Renna dieselbe Übelkeit aus wie Dämonenfleisch. Auf schmalen Pritschen lagen fast zwei Dutzend Menschen mit blutigen Verbänden; die Leute waren verdreckt und stanken. Zwei der Leidenden lagen in ihrem eigenen Unrat, eine andere Frau war besudelt mit Erbrochenem. Keiner der Kranken sah aus, als würde er jemals wieder genesen.
    Eine völlig erschöpfte Frau bemühte sich vergeblich, alle Patienten zu versorgen. Ihr graues Haar war zu einem straffen Knoten gezwirbelt, und ihr schmales Gesicht wirkte eingefallen. Sie trug jedoch keine Schürze mit Taschen über ihrem zerschlissenen Kleid.
    »Beim Schöpfer, sie haben nicht mal eine richtige Kräutersammlerin«, flüsterte Arlen.
    »Das ist Evey, meine Frau«, brummte Varley. »Sie ist keine Kräutersammlerin, aber kümmert sich um die Leidenden, als wäre sie eine.« Evey blickte hoch, und ihre Augen weiteten sich vor Schreck, als sie sah, dass Arlen und Renna ihre Haut über und über mit Siegeln versehen hatten.
    Arlen öffnete seine Satteltasche und holte einen Kräuterbeutel heraus. »Ich verstehe etwas von der Heilkunst, besonders, wenn es sich um Verletzungen durch Horclinge handelt. Wenn ich darf, möchte ich gern helfen.«
    Evey sank auf die Knie. »Oh bitte, Erlöser! Wir tun alles, was du sagst!«
    In einer jähen Aufwallung von Groll runzelte Arlen die Stirn. »Als Erstes kannst du aufhören,

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