Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
andere Wahl, als das restliche Getreide auch noch zu verbrennen, um das Siegelnetz zu zerstören.«
»Mag sein«, erwiderte Inevera und erinnerte sich an die Prophezeiung. Sie sah Ashia an. »Dein Onkel muss davon erfahren.«
Die kai’Sharum’ting zögerte nicht. Sie sprang von der Mauer, nutzte den Schwung ihres Aufpralls, um sich abzurollen und gleich wieder auf den Füßen zu landen. Dann rannte sie den Hügel hinunter in die Äußere Stadt und wurde schnell von der Dunkelheit verschlungen.
Asome wölbte eine Augenbraue. »Es war schon schlimm genug, dass du dem Erlöser getrotzt und sie nach draußen auf die Mauer mitgenommen hast, und jetzt schickst du meine jiwah auch noch in die ungeschützte Nacht hinaus? Wenn die alagai sie nicht kriegen, dann wird Vater sie bestimmt wegen ihres Ungehorsams töten.«
»Was kümmert es dich?«, gab sie zurück. »Ganz gleich, ob sie von der Nacht geholt oder wegen ihres Ungehorsams umgebracht wird, deine Probleme wären doch gelöst, oder?«
»Ich wollte eine Scheidung, nicht ihren Tod.«
»Du wirst beides nicht bekommen, mein Sohn. Kein Dämon wird sie anrühren, und du kennst deinen Vater nicht so gut, wie du glaubst. Seine oberste Verpflichtung ist der Sharak Ka. Ashias Botschaft kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Er wird ihr für ihren Dienst danken und ihren Ungehorsam vergessen, bis das Erlöschen des Mondes vorbei ist. Danach wird er sie tadeln, um den Schein zu wahren, und sie hinterher in aller Öffentlichkeit ehren. Und wenn der Mond künftig erlischt, wird sich keine Sharum’ting mehr in der Unteren Stadt verstecken müssen.«
»Das war von Anfang an dein Ziel«, stellte Asome fest. Sein Ton war frei von Bitterkeit, aber sie spürte dennoch, wie verstimmt er war.
»Was ist dir wichtiger?«, fragte sie. »Den Sharak Ka zu gewinnen, oder deine Gemahlin zu unterdrücken? Der Heldenmut deiner jiwah kann deine Macht stärken, sofern du es zulässt. Ich weiß, dass du für sie nicht dasselbe empfindest wie für Asukaji, aber sie ist die Schwester deines Liebhabers, die Mutter deines Sohnes, und du hast ihr vor Everam einen Eid geschworen. Diese Bindungen sind für einen ehrlichen Mann genauso stark wie das Band der Liebe.«
Asome schien ihr widersprechen zu wollen, doch dann schwieg er nachdenklich. Inevera berührte seinen unverletzten Arm. »Ein Mann von wahrer Größe hat keine Angst, dass seine Gemahlin ihm den Ruhm stiehlt, Asome. Er versichert sich ihrer Unterstützung, um nach noch höheren Zielen zu streben.«
28
Frühe Ernte
333 NR – Herbst
Das Erlöschen des Mondes
V or den Stadtmauern ballten sich die alagai in mächtigen Horden zusammen, die selbst dem tapfersten Sharum Angst machten. Zu Tausenden hatten sie sich versammelt, Felddämonen und Flammendämonen, Felsendämonen und Baumdämonen. Am nächtlichen Himmel drängten sich Winddämonen, die mit misstönendem Krächzen ihre Kreise zogen.
Ein Felsendämon stapfte zu einem Baum, wobei seine wuchtigen Schritte den Boden erzittern ließen. Er riss den dreißig Fuß hohen Stamm mitsamt den Wurzeln heraus und knickte mühelos die dicken Äste ab. Mit dem kahlen Stamm in der Pranke marschierte er dann zum nächsten Siegelpfosten, flankiert von einem Rudel Felddämonen. Skorpionmannschaften zielten und schossen auf die Bestien, doch trotz der geringen Entfernung benötigten sie mehrere der wuchtigen Bolzen, um auch nur einen einzigen Felsendämon zur Strecke zu bringen. Sie würden diesen Dämon nicht daran hindern können, den Siegelpfosten zu zerschmettern, und Dutzende dieser Giganten waren noch unterwegs.
Jardir hob seinen Speer und zeichnete ein Hitzesiegel in die Luft. Der Baumstamm, den der Felsendämon wie eine Keule mit sich schleppte, ging in Flammen auf, und der alagai wich erschrocken zurück.
»Schilde schließen und vorwärts!«, brüllte Jardir, wobei er mithilfe der Magie in der Krone seine Stimme verstärkte. »Angriff auf mein Kommando! Wir schlagen uns zu den Felsendämonen durch und töten sie!«
Eine Wand aus Schilden formierte sich, deren Siegel vor Energie glühten, und nach und nach zwangen sie die alagai zum Rückzug. »Angriff!«, schrie Jardir, als die Dämonen so dicht geballt waren, dass jeder Speerstoß treffen musste. Gemeinsam traten die Sharum einen Schritt zurück und öffneten die Schildwand so weit, dass sie mit ihren Speeren zustoßen konnten. Magische Blitze flammten auf, und schwarzes Dämonenblut spritzte, aber die disziplinierten Krieger
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