Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
sammelt sich das Blut von Tausenden, Ahmann. Hast du wirklich vor, mir den Couzi zu verbieten, als wäre ich ein betrunkener Sharum im Labyrinth?«
Jardir runzelte die Stirn, aber er protestierte nicht mehr, als Abban sich nachdenklich einen großen Schluck genehmigte, den Blick ins Leere gerichtet. Dann sah der khaffit ihn wieder an und hielt ihm die Flasche entgegen. »Trink mit mir, Ahmann. Nur dieses eine Mal. Über solche Dinge diskutiert es sich am besten mit Zimtgeschmack auf den Lippen.«
Jardir schüttelte den Kopf. »Kaji verbietet …«
Abban warf den Kopf zurück und lachte. »Er hat den Genuss von Couzi verboten, weil seine Männer in Rusk von einer Streitmacht niedergemetzelt wurden, die fünfmal kleiner war als die der Krasianer. Und das konnte nur passieren, weil die Sharum in der Nacht davor einen Sieg feierten, den sie noch gar nicht errungen hatten! Dieser Beschluss war bestimmt für dumme Schafe mit Waffen, nicht für zwei Männer, die tagsüber inmitten einer Festung einen Becher Couzi miteinander trinken.«
Jardir sah Abban bekümmert an. Seine Aura ließ erkennen, dass er gar nicht verstand, was Jardir meinte, und dass er ihn obendrein noch für einen Narren hielt, wenn er dem Couzi entsagte. »Aus genau diesem Grund bist du ein khaffit , mein Freund.«
»Warum?«, fragte Abban. »Weil ich nicht jede Äußerung Kajis für ein Wort direkt aus Everams Mund halte? Du bist jetzt Shar’Dama Ka , Ahmann, und ich kenne dich schon sehr lange. Du bist genial, und trotzdem hast du im Lauf der Jahre viele dumme und einfältige Dinge gesagt und getan.«
Hätte er dies öffentlich am Hof ausgesprochen, wäre dies vielleicht sein Ende gewesen, aber Ahmann sah, dass die Worte seines Freundes von Herzen kamen, und konnte ihm deshalb nicht böse sein. »Ich beanspruche keine göttliche Unfehlbarkeit, Abban, weder für mich noch für Kaji. Du bist ein khaffit , weil du nicht einsehen kannst, dass die Gründe für Kajis Gebot keine Rolle spielen. Das Einzige, was zählt, sind dein Gehorsam und deine Unterwerfung. Dein Opfer.«
Er deutete auf den Becher. »Everam wird mich nicht in Nies Abgrund verdammen, wenn ich das trinke, Abban, und Kajis Geist wird auch nicht unruhig werden. Aber um sich an die Niederlage in Rusk zu erinnern, sollte man das Opfer bringen und auf Couzi verzichten, genauso wie man im Gedenken an den Verrat, den Kajis Halbbruder begangen hat, kein Schweinefleisch verzehren soll, und sei es noch so schmackhaft, wie du behauptest.«
Abban sah ihn eine Weile an, dann zuckte er die Achseln und trank wieder einen Schluck. »Der Par’chin ist noch der Mann, den ich kannte, und dennoch hat er sich verändert. Ich hatte keine Sekunde lang Angst, er könnte mir ein Leid antun oder zulassen, dass jemand anders mich verletzt, aber er war trotzdem – furchteinflößend.«
»Stimmen die Gerüchte?«, fragte Jardir. »Hat er mit Tinte Siegel auf seine Haut gezeichnet?«
Abban nickte. »So wie du Narben in Form von Siegeln trägst.«
Jardir schüttelte den Kopf. »Meine Siegel bestehen aus meinem eigenen Fleisch. Ich habe den Tempel meines Körpers nicht entweiht …«
»Bitte«, wehrte Abban ab. Er hob eine Hand, um Jardir zu unterbrechen, während er mit der anderen seine Schläfe massierte. »Mein Kopf schmerzt schon genug. Der Par’chin hat sein Gesicht nicht verschont, so wie du das deine«, fuhr Abban fort. »Aber er sah auch nie so gut aus wie du. Ich vermute, sogar die Damajah kennt Grenzen für ihre … Opferbereitschaft.«
Jardir schob das Kinn vor. »Ich war heute sehr geduldig mit dir, Abban, aber jetzt reicht es.«
Abbans Aura kühlte sich ab, und er verneigte sich, so gut es in seiner sitzenden Position ging. »Ich bitte um Vergebung, mein Freund. Ich wollte damit weder dich noch deine Jiwah Ka beleidigen.«
Jardir nickte und wedelte mit der Hand, um zu zeigen, dass die Angelegenheit damit für ihn erledigt war. »Einmal sagtest du mir, wenn einer von uns beiden der Erlöser wäre, dann sei es der Par’chin . Glaubst du das immer noch?«
»Ich weiß nicht, ob es so etwas wie einen Erlöser überhaupt gibt.« Abban nippte wieder an dem Couzi. »Aber beim Feilschen habe ich Tausenden von Menschen in die Augen geblickt und dabei in meinem ganzen Leben nur zwei Männer getroffen, die ich für ehrlich halte: Einer davon ist der Par’chin , der andere bist du, Ahmann. Noch vor zehn Jahren war unser Volk gespalten. Schwach. Wir konnten nicht einmal über unsere eigene Stadt
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