Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
Anfang an gewusst, dass die Männer hinter ihm standen. Abban merkte, dass er sie regelrecht zu einer Attacke verlockt hatte, als er dem Schlag mit der Keule auswich und seinen Kopf rechtzeitig zurückwarf, um der Schlinge zu entgehen. Er revanchierte sich mit einem Hieb, den der Krevakh nur knapp abwehren konnte, und trat mit dem Fuß nach dem Nanji. Der blockte den Tritt mit seiner Drahtschlinge ab, aber es gelang ihm nicht, den Knöchel des dal’Sharum einzufangen.
Der hätte die Gelegenheit gehabt, seinen Schild über einen Arm zu schieben, doch er verzichtete darauf und ließ ihn auf dem Rücken. Er wirbelte seinen Speer, wie ein dama den Griff seiner Peitsche schwirren lassen würde, parierte einen Schlag mit der Keule und verpasste dem Nanji einen Stoß in die Nieren. Der Krevakh erhielt noch einen Hieb ins Gesicht, ehe der Nanji den Speer endlich mit seiner Schlinge zu fassen kriegte. Mit einem heftigen Ruck versuchte er, dem Mann die Waffe aus den Händen zu reißen, doch im selben Moment stieß der Sharum zu, befreite sich aus dem Griff des Nanji und rammte ihm das hintere Ende des Speers gegen die Brust.
Als der Nanji zu Boden ging, drehte der Krieger sich um und widmete sich vollständig dem Krevakh. Der kha’Sharum taxierte ihn mit kühlen Blicken und drückte auf den verdeckten Knopf an seiner Keule, sodass eine scharfe, vergiftete Klinge herausschnellte. Der dal’Sharum stürzte sich auf ihn, aber der Krevakh wehrte ihn geschickt ab und stieß mit der Klinge zu.
Im nächsten Moment lag er am Boden und rang nach Luft. Es ging so schnell, dass Abban einen Augenblick brauchte, um das Gesehene zu verarbeiten. Der Krieger war dem Stoß ausgewichen und hatte dem Krevakh seinen Ellenbogen gegen den Hals gedrückt.
Abban zögerte. Er hatte es nicht für möglich gehalten, dass ein einzelner Mann seine Wächter überwältigen konnte, und schon gar nicht ein gemeiner dal’Sharum . Zum Glück war er darauf vorbereitet, noch viel mehr Feinde auszuschalten. Er griff unter seinen Schreibtisch, um an dem verborgenen Glockenseil zu ziehen. Auf dieses Signal hin würden ein Dutzend kha’Sharum in den Raum stürmen.
»Bitte, lass das sein«, warnte der Besucher und zielte mit dem Speer auf Abban. Seine Stimme klang rau, aber Abban kam sie bekannt vor. »Je mehr Leute du herbeirufst, umso wahrscheinlicher ist es, dass jemand ernsthaft zu Schaden kommt.« Der bohrende Blick, mit dem er Abban musterte, ließ den khaffit erschauern. »Und ich versichere dir, ich werde nicht darunter sein.«
Abban schluckte hart, aber er nickte und hob langsam seine Hände. »Wer bist du? Was willst du?«
»Abban, mein treuer Freund«, sagte der Mann mit veränderter Stimme. »Erkennst du nicht deinen Lieblingstölpel? Du siehst mich doch nicht zum ersten Mal in der schwarzen Sharum -Tracht.«
Abban spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. » Par’chin ?«
Der Mann nickte leicht. Einer der Wächter stöhnte leise und mühte sich ab, sich auf ein Knie hochzustemmen. Der andere rappelte sich schwankend auf die Füße.
»Raus mit euch, alle beide!«, schnauzte Abban. »Euer Lohn wird wegen Unfähigkeit gekürzt. Wartet draußen und sorgt dafür, dass mein Freund und ich nicht gestört werden.«
Nachdem die Männer zur Tür hinausgestolpert waren, machte der Par’chin sie hinter ihnen zu. Er drehte sich um und nahm seinen Turban und den Schleier ab. Sein Kopf war kahlgeschoren und mit Hunderten von Siegeln tätowiert. Abban sog hörbar die Luft ein und überspielte seinen Schreck mit einem dröhnenden Lachen und seiner üblichen Begrüßung. »Bei Everam, es ist schön, dich wiederzusehen, Sohn des Jeph!«
»Du scheinst nicht überrascht zu sein.« Der Par’chin machte ein enttäuschtes Gesicht.
Abban kam hinter seinem Schreibpult hervor, so schnell es seine Krücke erlaubte, und klopfte dem Par’chin herzlich auf den Rücken. »Meisterin Leesha deutete an, dass du lebst, Sohn des Jeph«, erklärte Abban. »Und da wurde mir klar, dass dieser ›Tätowierte Mann‹ kein anderer als du sein konntest. Darf ich dir einen Becher Couzi anbieten?« Er wandte sich der zierlichen Couzi-Garnitur aus Porzellan zu, die auf dem Schreibpult stand. Dem Gesetz nach war Couzi in Everams Füllhorn immer noch verboten, doch mittlerweile stand er ganz offen auf Abbans Pult. Wer würde sich noch trauen, etwas zu sagen, nach dem, was Hasik passiert war? Er schenkte zwei Becher voll und hielt einen dem Par’chin entgegen.
»Er ist doch
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