Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
stärker würde ihre Wirkung. Arlen bewegte sich in einer gleichmäßigen Linie und formte einen Kreis um sie, aber vor ihm blockierten mehrere Dämonen seinen Weg und waren immer noch dabei, nach der Flanke der Stute zu schnappen und sie mit ihren Krallen zu zerfetzen. Mit gezücktem Messer wollte sich Renna auf sie stürzen.
Arlen packte sie beim Arm und riss sie zurück. »Bleib, wo du bist!«
»Ich kann kämpfen«, fauchte Renna. Sie versuchte, sich aus der Umklammerung zu befreien, doch trotz ihrer Nachtenergie hielt er sie fest. Er drehte sich um und zeichnete eine Reihe von Schlagsiegeln in die Luft, die einen Horcling nach dem anderen von der Stute wegschleuderten.
Dabei schwächte sich sein Griff, und Renna benutzte die Gelegenheit, um sich mit einem wütenden Knurren von ihm loszureißen. »Du wirst mir nicht befehlen, was ich zu tun und zu lassen habe, Arlen Strohballen!«
»Zwing mich nicht, dir Vernunft einzubläuen, Ren!«, blaffte Arlen. »Sieh dich doch an!«
Renna blickte an sich hinunter und japste nach Luft, als sie die klaffenden Wunden in ihrem Körper sah. Aus einem Dutzend Verletzungen strömte Blut, ihr Rücken und ihre Schulter brannten entsetzlich. Die Wahnsinnskräfte der Nacht wichen aus ihr, ihre Hand, die das Messer hielt, sank schlaff herab, plötzlich fühlte sie sich zu schwach, um die Waffe noch anheben zu können. Dann gaben die Beine unter ihr nach.
Sofort war Arlen bei ihr und legte sie vorsichtig auf den Boden; dann entfernte er sich ein Stück, um das Siegelnetz rings um sie her und über ihnen zu vervollständigen. Immer mehr Felddämonen kamen die Straße heruntergerannt, umgaben sie wie ein endloses Feld aus Gras, doch selbst diese gewaltige Schar konnte Arlens Siegel nicht durchdringen, und auch der Schwarm Winddämonen, der am Himmel kreiste, wurde abgewehrt.
Kaum war das Netz komplett, da hastete er zu Renna zurück und säuberte ihre Wunden von Blut und Schmutz. Innerhalb der Schutzzone lag ein toter Dämon. Arlen tunkte einen Finger in dessen Blut wie eine Feder in ein Tintenfass und malte Siegel auf ihre Haut. Sie merkte, wie ihr Fleisch sich straffte, als die Wundränder sich zusammenzogen. Der Vorgang war ungeheuer schmerzhaft, aber Renna sah es als den Preis für ihr Leben, atmete tief durch und umarmte die Qualen.
»Wickle dich in deinen Umhang, während ich mich um die Pferde kümmere«, riet Arlen, nachdem er alles für sie getan hatte, was in seiner Macht stand. Renna nickte und zog den Umhang aus dem Beutel an ihrer Taille. Er war leichter und feiner als jeder Stoff, den sie je zuvor berührt hatte, und dicht mit komplizierten Tarnsiegeln bestickt. Wenn sie ihn trug, war sie für Horclinge unsichtbar. Sie hatte sich nie viel aus dem Umhang gemacht und es vorgezogen, dass die Dämonen sie sahen, wenn sie sie attackierte, aber sie konnte nicht abstreiten, dass er sehr nützlich war.
Ohne eine mit Siegeln versehene Rüstung, wie Schattentänzer sie trug, war die Stute wesentlich schwerer verletzt worden als der Hengst. Als Arlen sich ihr näherte, stampfte sie unruhig mit den Hufen und schnaubte, bleckte die Zähne und schnappte nach ihm. Arlen ließ sich von den Drohgebärden nicht beeindrucken, schob sich blitzschnell an die Stute heran und packte ein dickes Büschel ihrer Mähne. Das Tier wollte sich von ihm losreißen, aber Arlen ging mit ihr um wie eine Mutter, die einem zappelnden, sich wehrenden Säugling die Windel wechselt. Schließlich fügte sich die Stute und ließ zu, dass er sie behandelte; vielleicht spürte sie nach einer Weile, dass er nur versuchte, ihr zu helfen.
Noch vor ein paar Tagen hätte Renna die lässige Zurschaustellung von Kraft verblüfft, aber mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt, dass Arlen immer für eine Überraschung gut war, und nahm kaum Notiz davon. Immer wieder von Neuem sah sie in Gedanken ihre klaffenden Wunden, und es erschreckte sie, wenn sie daran dachte, dass sie sie ignoriert hatte, während das Blut in Strömen aus ihnen herausfloss.
»Kennst du dieses Gefühl auch?«, fragte Renna Arlen, als er zu ihr zurückkehrte. »Du fühlst dich so voller Leben, dass du nicht einmal merkst, wie dieser Zustand dich langsam umbringt?«
Arlen nickte. »Manchmal vergesse ich sogar zu atmen. Ich bin von der Kraft so berauscht, dass ich finde, ich hätte etwas derart … Gewöhnliches nicht nötig. Und plötzlich fange ich an, nach Luft zu schnappen. Dadurch bin ich mehrmals nur mit knapper Not den Horclingen
Weitere Kostenlose Bücher