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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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er daran dachte. Er konnte sich gerade rechtzeitig fangen. Im Stillen schalt er sich für seine Unaufmerksamkeit. Nicht nur sein Leben hing davon ab, dass er stets wachsam blieb.
    Zwei der Quergänge hatte er passiert, ohne jemandem zu begegnen oder etwas Auffälliges wahrzunehmen. Der dritte Gang war ebenfalls leer. Rechts befanden sich vier Türen, denen versetzt drei weitere gegenüberlagen, wie in den anderen Fluren sämtlicher Stockwerke. Wieder lauschte er an der letzten Tür auf der linken Seite, bevor er sie vorsichtig öffnete. Bis auf den Schrank war der Raum leer und eilig schlüpfte er hinein. Jetzt, da er wusste, wonach er suchte, sah er sogleich, dass das Zimmer ein anderes Maß hatte als das darüber. Trotzdem ging er die Wand ab. Nur drei Schritte brauchte er und das war der Beweis: Hier hatte man eine Mauer eingezogen. Die Frage war nun: Was konnte man mit einem Raum anfangen, der bloß einen Schritt tief war? Es sei denn, man hätte sich an dieser Stelle weiter in den Fels gegraben. Während er überlegte, begann er bereits die Wand zu untersuchen. Doch alles Abtasten oder Betrachten half nichts, er fand keinen geheimen Eingang. Lange konnte er sich nicht damit aufhalten, denn er musste sich schleunigst auf den Rückweg machen. Für heute hatte er genug entdeckt, eine Bestätigung seines Verdachts war immerhin schon etwas.
    Auf der Wendeltreppe nach oben blieb er unwillkürlich stehen, noch bevor ihm klar wurde warum. Dann spürte er es mehr, als dass er es hörte: Jemand kam ihm entgegen. Obwohl er ständig damit rechnete, war er einen Augenblick wie erstarrt. Sobald er sich wieder gefasst hatte, kehrte er blitzschnell um und hastete in die dritte Ebene zurück. Auf der engen Treppe zu bleiben war zu gefährlich, selbst wenn er sich durch seinen Zauber unsichtbar machen konnte. Denn falls ihn jemand streifte, würde derjenige sehr wohl merken, dass er keinen Stein berührte. Fieberhaft überlegte er deshalb, wo er sich verstecken könnte. Es war ebenso gefährlich, in einen der Räume zu gehen, er konnte dort in der Falle sitzen. Besser, er verbarg sich in den Gängen. Nur welchen sollte er wählen? Er entschied sich gleich für den ersten. Von da aus hatte er am ehesten die Möglichkeit, schnell zur Treppe und weiter nach oben zu flüchten.
    Jetzt konnte er Schritte hören und am leisen Geräusch erkannte er, dass es einer der Priester sein musste. Sie trugen weiche Lederschuhe und nicht – wie viele Einwohner und ganz besonders die Flammenkrieger – Stiefel mit eisenbeschlagenen Sohlen, die auf dem Steinboden laut hallten. Vermutlich war er auf dem Weg zu den Zellen der Gefangenen. Aber das blieb ein Wunsch, denn zu Ardals Schreck bog der Mann in die dritte Ebene ein, statt weiter nach unten zu gehen. Was hatte er hier zu suchen? Für einen Augenblick vergaß Ardal, dass er selbst der Eindringling war. Jetzt konnte er nirgendwo mehr hin. Also drückte er sich gegen die Wand und betete, dass der Mann sich in einem der hinteren Gänge zu schaffen machte und nicht ausgerechnet in seinem. Schweiß lief ihm vor Angst am Körper hinunter. Bislang hatte er stets Glück gehabt, sollte es ihn auf einmal verlassen? Ihm stockte der Atem, als der Priester näher kam – und den Mantel des Erwählten trug. Ardal presste sich fester an das Mauerwerk und schloss die Augen bis auf einen schmalen Schlitz in der Hoffnung, dadurch würde der Erwählte seinen Blick nicht spüren. Das schien jedoch unnötig zu sein, das Oberhaupt der Jalluthiner wirkte ungewohnt abwesend, ja sogar erschöpft. Verschwunden war seine kraftvolle Ausstrahlung, als er beinahe gebeugt an dem Quergang vorüberschritt, in dem Ardal sich verbarg. Möglicherweise hatte er deshalb den heimlichen Beobachter nicht bemerkt, denn sonst entging dem Erwählten keine Regung um ihn herum. Ardal war sicher, sein Herz pochte so laut, dass es weithin zu hören war. Langsam ließ er die Luft aus seinen Lungen weichen. Eigentlich wollte er abwarten, bis er keinen Laut mehr hörte, aber bevor er sich’s versah, hatte er sich vorwärtsbewegt, um dem Erwählten nachzuschauen. Er bekam gerade noch mit, wie dieser in den dritten Quergang einbog. Ardal besaß nicht den Mut, ihm zu folgen. So schnell er konnte, eilte er die Treppe hinauf und gelangte zu seiner großen Erleichterung ohne eine weitere Begegnung zurück ins Archiv.

    Heute verfügte er kaum über die Kraft, den geheimen Eingang zu öffnen. Als er es geschafft hatte, ihn auch wieder hinter sich zu

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