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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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merkte er gleich, dass sich die Stimmung des Schmieds, der mit düsterem Gesichtsausdruck am Tisch saß, nicht verändert hatte.
    »Setz dich«, sagte er zu Glic. Mit einem mulmigen Gefühl ließ der Junge sich nieder. Hatte er irgendetwas Falsches getan? Oder, noch schlimmer, hatte der Mann herausgefunden, dass Glics Blut zweifarbig war? Ängstlich schaute er Aodh an. Aber der wirkte eher niedergeschlagen als verärgert. Die Dohle flatterte durch ein geöffnetes Fenster und landete auf Glics Schulter. Die Gegenwart des Tieres beruhigte ihn ein wenig. Aodh stand auf und schloss das Fenster, als wollte er keine Zuhörer.
    »Heute Nacht ist mir eine Gestalt erschienen«, begann der Schmied endlich. »Ich kann nicht sagen, ob es Traum oder Wirklichkeit war, nur dass es sich um eine Frau handelte.«
    Glic blinzelte erstaunt. Zugleich war er erleichtert, das Problem hatte also nichts mit ihm zu tun. Gespannt wartete er, was für eine Geschichte Aodh ihm erzählen würde. Doch die war anders als erhofft.
    »Sie sprach von dir, mein Junge. Du musst in die Stadt gehen, zu einem Schreiber namens Ardal. Kennst du diesen Mann?«
    Glic schwieg erschrocken, dann schüttelte er den Kopf. »Ich bin nie in der Stadt gewesen, ich weiß noch nicht einmal, wo genau sie liegt«, sagte er leise. Was wusste diese fremde Frau von ihm und was hatte sie mit ihm vor?
    Aodh schien seine Gedanken zu erraten. »Sie meint es gut mit dir und vermutlich hat sie recht. Wir können nicht voraussehen, wann hier das nächste Mal Soldaten …« Er beendete seinen Satz nicht.
    »Woher weißt du …« Auch Glic sprach das Wichtigste nicht aus. Aber es schien auf der Hand zu liegen, dass Aodh sich über ihn im Klaren war.
    »Ich habe einen Blick dafür«, erwiderte der Schmied und blieb dabei, nur Andeutungen zu machen. »Wenn du älter bist und mehr Erfahrung hast, wirst du selbst erkennen, wer von uns dazugehört.«
    Uns? Glic staunte, als er dieses Wort hörte. Dann war also auch der Schmied … Mit offenem Mund starrte er ihn an. Die Dohle legte den Kopf schräg, als hätte sie aufmerksam zugehört.
    »Du musst vorsichtiger sein. Man merkt dir deine Kraft zu leicht an. Kein Junge in deinem Alter hätte den schweren Blasebalg mit solcher Leichtigkeit bedienen können. Zum Glück hatte der Soldat keine Ahnung von der Arbeit an der Esse.« Er streckte seine Arme aus und deutete auf seine eisenbeschlagenen Manschetten. »Sieh her, das ist ein guter Trick, um dich zu schützen. Eisen schwächt uns, deshalb ist es ratsam, ein wenig davon am Körper zu tragen, damit man nicht versehentlich verrät, wie kräftig man ist.«
    »Warum schwächt es uns?«, wagte Glic endlich zu fragen.
    Aodh zuckte die Achseln. »Wir sind unempfindlicher dagegen als Dämonen, vielleicht weil wir durch unser menschliches Blut sterblich sind. Nein, das macht keinen Sinn!« Er rieb sich die Stirn. »Junge, ehrlich gesagt bin ich völlig ratlos. Es ist alles sehr verwirrend, auch weil viel Wissen mit den Dämonen verschwunden ist.« Mit einer zornigen Geste wischte er ein paar Brotkrümel vom Tisch. »Jedenfalls musst du in die Stadt gehen. Die Frau hat die Wahrheit gesprochen, so viel weiß ich immerhin!«
    »Was hat sie für einen Grund genannt?«, wollte Glic wissen.
    »Frauen reden viel, das ist bekannt. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern.« Aodh wich aus und untersuchte seine schwarzen Fingernägel. Dann schaute er auf und Glic direkt in die Augen. »Aber ich vertraue ihr, denn ich spüre, wenn jemand Böses will.« Er nickte ernst und mit Nachdruck.
    Glic versuchte noch eine Weile, mehr zu erfahren, doch der Schmied rückte nicht heraus mit der Sprache. So wie er ihn einschätzte, konnte sich Glic kaum vorstellen, dass er ihm etwas vorenthielt, um ihm zu schaden. Wahrscheinlich war es wirklich wichtig, dass er in die Stadt ging. Plötzlich fiel ihm ein, dass es der Geist der Alten gewesen sein könnte, der zu dem Schmied gesprochen hatte. Es wäre ihr zuzutrauen, dass sie auch nach ihrem Tod noch über Glic bestimmen wollte. Diese Vermutung behielt er jedoch für sich, er hatte keine Lust, über seine Kindheit im Wald zu reden.
    »Du könntest Schuhe mit eisenbeschlagenen Sohlen anziehen«, unterbrach Aodh die Grübeleien des Jungen. »Damit würdest du nicht auffallen, das tragen viele.«
    »Nein!«, sagte Glic und wackelte mit den nackten Zehen. »Ich hasse Leder.«
    »Dann lasse ich dir geheime Taschen in deine Hosenbeine nähen. Darin kannst du etwas verstauen, von

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