Die Flammen der Dunkelheit
jetzt musste es sein. Sollten sie wider Erwarten einen Ausweg finden, würde das bitter für seinen Sohn werden, der dann ganz alleine hier zurückbleiben müsste. Doch das schob Ardal zunächst beiseite.
Am nächsten Morgen zog er vorsichtig Erkundigungen ein, und mittags, als die anderen beim Essen saßen, schlich er sich davon, um die Botschaft auf dem Balken zu verstecken. Zu seiner Erleichterung verlief alles glatt. Allerdings würde er wegen der Antwort noch einmal nach oben gehen müssen. Am späten Nachmittag stattete er dem sternenkundigen Priester einen Besuch ab und der von Ardal in der Küche erbettelte Alkohol machte den Mann sehr gesprächig. Vielleicht hätte es dessen gar nicht bedurft, denn der Priester platzte vor Stolz über seinen Neffen, der eine sehr gute Stellung bei der Palastwache innehatte. Ardal brummte bald der Schädel von dem pausenlosen Geschwätz. Der Priester war nicht zu bremsen in seinem Mitteilungsdrang und sichtlich froh, endlich einen geduldigen Zuhörer gefunden zu haben. Immerhin waren in dem Redeschwall ein paar nützliche Informationen enthalten. Als sich Ardal abends etwas benommen auf den Heimweg machte, war er erheblich schlauer. An der Haustür angekommen, landete die Dohle auf seiner Schulter. »Na, du Herumtreiber«, sagte er leise. »Ich hoffe, du hast Futter gefunden.« Das Tier zupfte an Ardals Ohr, und er war unsicher, was das bedeutete.
Seine Schützlinge warteten schon gespannt, und er ließ sich nicht lange bitten, die Neuigkeiten mitzuteilen. Er begann mit der schlechten Nachricht.
»Wer sich bei den Soldaten bewirbt – und das geht nur mit einer Empfehlung! –, der muss sich von Kopf bis Fuß untersuchen lassen wie ein Gaul auf dem Markt, und zwar nackt! So habt ihr keine Möglichkeit, eine Feder zu tragen. Ich brauche euch wohl kaum zu sagen, dass ohne diese eure Dämonenaugen sofort auffallen werden!«
Er versuchte, die Enttäuschung in den Gesichtern nicht zu beachten. »Eine Empfehlung könnte ich mit viel Glück und vor allem Geduld von einem der Priester bekommen. Er hat mir auch erzählt, dass nach der Ausbildung an den Waffen entschieden wird, wer der Stadt- und wer der Palastwache zugeteilt wird. Natürlich ist die Palastwache angesehener und dort werden nur die Besten genommen.« Ardal kratzte sich am Kopf. »Eigentlich ist das widersinnig oder besser gesagt Verschwendung, denn wenn man’s genau betrachtet, dann ist die Palastwache reiner Zierrat und die Drecksarbeit machen die Männer von der Stadtwache. Aber das ist natürlich nur meine bescheidene Meinung! Jedenfalls haben die im Palast nicht viel zu tun, außer schmückend parat zu stehen und ab und an zu salutieren.«
Ein Lächeln huschte über Glics Gesicht und seine Augen blitzten. »Das hat dir der Priester erzählt?«
»Nicht mit diesen Worten«, sagte Ardal trocken. »Seine Sicht der Dinge ist eine andere, sonst wäre er nie Priester geworden.«
»Das hört sich jedenfalls nach einer vielversprechenden Arbeit an!« Glic hatte Feuer gefangen, das konnte man ihm deutlich ansehen. Vermutlich hätte er fast jede Arbeit großartig gefunden, nur um das Versteck verlassen zu können.
»Du vergisst die Feder!«, warf Benen ein. »Dorc hat nicht mal eine.«
»Ob Dohlenfedern auch diese Wirkung haben?«, überlegte Glic scherzhaft. Kaum bestand die geringste Aussicht, seinem Gefängnis zu entkommen, erwachte in ihm der Übermut. Der Vogel keckerte augenblicklich und es klang sehr empört. Im nächsten Moment flatterte er gegen die Tür.
»Der versteht jedes Wort!«, sagte Benen erstaunt, und Glic lachte glucksend vor sich hin, während Ardal das Tier hinausließ. Der Schreiber war erleichtert, dass die Stimmung heiterer geworden war, obwohl er immer noch nicht glaubte, dass sich die Lage grundlegend verbessern würde. Aber er stellte fest, das Erkunden von Lösungen gab ihm das Gefühl, den Dingen nicht ganz so ohnmächtig ausgeliefert zu sein wie sonst. Vermutlich erging es den anderen erst recht so und im Grunde mussten sie sich irgendwann vorwärtsbewegen. Hier, in dem Erdloch, würde sich die Prophezeiung kaum erfüllen! Er war gespannt auf Aithreos Antwort, und das verringerte seine Angst, sich mit dem Ausflug auf den Dachboden in Gefahr zu begeben.
Wie groß war sein Erstaunen, als er am nächsten Tag außer einer Nachricht auch noch ein kleines Päckchen vorfand. Es wog nicht viel und war in Seide verpackt. Als er den Stoff vorsichtig auseinanderwickelte, fand er ein Bündel
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