Die Flammen der Dunkelheit
irgendjemanden kritisierte. Ebenso selbstverständlich machte er Benen wieder zwei Jahre jünger, damit niemand auf den Gedanken kam, er wäre womöglich im Jahr der Prophezeiung geboren. Einer der Soldaten schrieb Ardals Antworten auf. Man würde sie mit allen früheren Angaben vergleichen, das wusste er. In der Schreibstube saßen schon seit einigen Jahren acht neue Schreiber und führten Buch über die Durchsuchungen. Der Erwählte wollte regelmäßig ihre Aufzeichnungen sehen und das in immer kürzeren Abständen. Es schien Ardal offensichtlich, dass das Oberhaupt der Priesterschaft zusehends nervöser wurde. Er konnte sicher rechnen und wusste, dass die Gesuchten inzwischen alt genug waren, um ihm gefährlich zu werden. Eigentlich sollte er nun wirklich aufhören, sie als Jungen zu bezeichnen, denn sie waren schon seit einer Weile zu Männern herangewachsen, aber Ardal mochte von der Gewohnheit nicht lassen. Sie waren seine Schützlinge und er bemutterte sie wie eine Glucke. Deshalb war er unendlich erleichtert, als die Soldaten endlich abzogen, ohne das Versteck entdeckt zu haben. Nachdem er die Haustür hinter ihnen geschlossen hatte, gaben seine Beine nach und er sank erst einmal zu Boden. Er legte eine Hand auf den Bauch, ihm war vor lauter Angst übel geworden. Sie hatten auch diesmal Glück gehabt, trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, etwas übersehen zu haben. Aber es wollte ihm nicht einfallen. Schließlich rappelte er sich auf und ging in die Küche. Er schob den kleinen Schrank beiseite, hob den schweren Deckel und sah in drei weit aufgerissene Augenpaare, die ihn ängstlich anstarrten. Erleichterung machte sich breit, als sie merkten, dass es sich nur um Ardal handelte und die Soldaten fort waren. Dann wich die Angst stiller Wut. Mit verkniffenen Gesichtern saßen sie auf der Bank. Glic fand als Erster Worte, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
»Ich habe wirklich genug! Wir hocken da unten wie Ratten in einer Falle! Das muss aufhören!«, sagte er heftig und zog das Bündel Federn aus der Tasche.
»Wir sind doch dabei, einen Ausweg zu finden«, versuchte Ardal ihn zu besänftigen.
»Ja, ich weiß! Und mir ist da unten auch eingefallen, wie wir bei der Untersuchung für die Aufnahme als Soldaten das Problem mit der Feder lösen.« Als ihn alle erstaunt anschauten, fügt er etwas unsicher hinzu: »Ich hoffe jedenfalls, dass es klappt.«
»Wie soll es denn gehen? Mach es nicht so spannend!«, rief Benen.
»Wir könnten jeder eine schlucken! Das kann keiner nachprüfen und ihre Magie müsste trotzdem wirken. Das tut sie doch in Schuhen oder Taschen auch.«
Benen verzog das Gesicht. »Pfui, die bleibt uns bestimmt im Hals stecken und wir ersticken!«
»Dann müssen wir sie eben in etwas einwickeln, das besser den Hals hinunterrutscht.« Glic sah sich suchend in der Küche um. »Eine hauchdünne Scheibe Speck vielleicht … Ardal, du musst das unbedingt deinem Koch abschwatzen, der ist doch ziemlich hilfsbereit.«
»Das kann man wohl sagen, ohne ihn wärt ihr wahrscheinlich verhungert!« Ardal war unsicher, ob Glics Idee etwas taugte, aber es wäre einen Versuch wert. »Ich werde ihm morgen einen längeren Besuch abstatten als sonst. Vielleicht kann ich was Brauchbares ergattern.«
Am nächsten Abend kam Ardal tatsächlich mit drei Scheibchen Speck nach Hause. Glic bot sich an, als Erster eine Feder zu schlucken, und suchte die kleinste aus. Aber Dorc nahm sie ihm aus der Hand, wickelte sie ein und würgte das gefüllte Päckchen am Stück hinunter. Gespannt beobachteten die anderen sein Gesicht und Glic jubelte, als sich Dorcs Augen veränderten. Das wirbelnde Grau verschwand und nichts mehr deutete darauf hin, dass Dämonenblut in seinen Adern fließen könnte.
»Du siehst aus wie ein Mensch«, sagte Glic und gab ihm einen Knuff. »Schrecklich!« Dann verzog sich sein Mund zu einem breiten Lachen. »Es geht tatsächlich! Wir können sie überlisten! Lass uns gleich morgen losziehen!«
»Erst einmal müssen wir abwarten, wie lange die Wirkung anhält! Außerdem braucht ihr beide eine Empfehlung!« Ardal gab sich Mühe, Glics Eifer zu bremsen aus Angst, dass er sofort losstürmen würde. Aber der feixte nur und die nächsten Stunden rannte er die Treppe rauf und runter. Er war der Meinung, sie müssten kräftig sein, um genommen zu werden, und nach einer Weile schloss Dorc sich ihm an. Ardal ließ sie gewähren. Das Haus war gerade durchsucht worden, und er hoffte, dass sie vorerst
Weitere Kostenlose Bücher