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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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verschont blieben. Er ermahnte sie nur, leise zu sein.
    Benen war auf der Küchenbank sitzen geblieben und schaute seinen Vater mit einem merkwürdigen Ausdruck an.
    »Was ist mit dir?«, fragte Ardal schließlich.
    »Du hast gesagt, dass die beiden eine Empfehlung brauchen!«, sagte Benen anklagend. »Was ist mit mir? Soll das heißen, ich muss es ohne Empfehlung versuchen?«
    »Nein, das heißt, du wirst dich nicht bewerben und bleibst hier bei mir. Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass du dein Leben in Gefahr bringst!«, sagte Ardal ruhig.
    Benen war kreidebleich geworden. »Wenn du mich nicht mit ihnen gehen lässt, verschwinde ich von hier, sobald du das Haus verlässt, und komme niemals wieder!«, stieß er hervor. »Und wenn du glaubst, das wäre eine leere Drohung, dann täuschst du dich!«
    Ardal war erschrocken über die Wut in den Augen seines Sohnes. Dieser Ausbruch des sonst so sanften und folgsamen Kindes verschlug ihm die Sprache. Mühsam versuchte er die Fassung wiederzugewinnen. »Benen …«, begann er zaghaft, doch der unterbrach ihn rüde.
    »Es war schlimm genug, mein ganzes Leben im Haus eingesperrt zu verbringen. Aber was du jetzt von mir verlangst, geht zu weit! Ich will lieber tot, als ganz allein in dem stinkenden Loch gefangen zu sein!« Er beugte sich vor und schleuderte, geschüttelt von Zorn, seinem Vater entgegen: »Das ist mein letztes Wort in dieser Angelegenheit!« Dann stand er auf und rannte nach oben in sein Zimmer. Mit einem Knall flog die Tür ins Schloss, dass alle zusammenzuckten.
    Hatte Ardal geglaubt, bereits genug schreckliche Dinge erlebt zu haben, so erwies sich diese Nacht als eine der schlimmsten seines bisherigen Lebens. Jetzt wusste er, woher das Gefühl rührte, etwas übersehen zu haben. Sein Albtraum! Oder besser gesagt beide Träume, in denen es um Benens Tod ging. Er hatte ganz deutlich die Rüstung eines Wachsoldaten erkannt, aber aus einem seltsamen Grund nicht den richtigen Schluss gezogen. Vielleicht wollte er auch nie wahrhaben, was sich nun nicht mehr verleugnen ließ: Seine Bemühungen, Glic und Dorc am Leben zu erhalten, würden seinen eigenen Sohn am Ende umbringen. Wie hätte er damit rechnen können, dass Benen sich den beiden anschließen wollte? Er war kein Soldat! Sein Wesen war viel zu sanftmütig und fein, die Arbeit eines Schreibers würde ihm viel eher entsprechen. Doch Ardal konnte die Beweggründe Benens verstehen. Jetzt, nachdem er Freunde gefunden hatte, war es schwer wieder allein zurückzubleiben, vor allem in einem Erdloch, das schon in Gesellschaft kaum auszuhalten war. Trotzdem war es für ihn der falsche Weg, wie Glic und Dorc Soldat zu werden. Ardal überlegte verzweifelt, wie er ihn davon abhalten könnte, aber es wollte ihm nichts einfallen. Das Verhängnis hatte bereits vor Jahren begonnen und nun nahm es seinen Lauf. Im Grunde wusste er schon seit einer Weile, dass es für sie beide schlecht ausgehen würde. Doch je deutlicher die Umstände zutage traten, desto stärker wurde sein Bedürfnis, sich gegen das Schicksal aufzulehnen. Zu spät! Er war zu tief verstrickt und die beiden Hoffnungsträger waren ihm zu sehr ans Herz gewachsen. Schon länger sorgte er nicht mehr vorwiegend für sie, weil er seinem Volk helfen, sondern weil er sie um ihrer selbst willen beschützen wollte. Diese belastenden Jahre des Versteckens hatten sie alle miteinander zu einer kleinen Familie zusammengeschweißt und nun würde ein Teil dieser Familie durch den anderen zerstört werden. Bitterkeit drohte ihn zu überschwemmen, aber er hätte nicht sagen können, ob er anders entscheiden würde, könnte er die Zeit noch einmal zurückdrehen. Durfte man sich anmaßen, ein Leben als weniger wertvoll einzustufen, wie Aithreo sich das herausnahm?
    Es kostete ihn fünf Tage, den Koch zu überreden, ihm noch mehr Alkohol zu schenken, und mit dessen Hilfe den geschwätzigen Priester dazu zu bringen, die Empfehlungsschreiben auszustellen. Benen und Glic nutzten die Zeit, um in sämtliche ihrer Kleidungsstücke Federn einzunähen, sodass sie von außen nicht sichtbar waren. Dorc war zu ungeschickt für diese Arbeit. Seine Versuche gerieten derart auffällig, dass Glic meinte, es sehe aus, als wolle er extra darauf hinweisen, und er solle lieber die zerstochenen Finger davon lassen, was Dorc nur zu gerne befolgte. Die Stimmung war jetzt beinahe ausgelassen, und aufgeregt überlegten sie, wie wohl das neue Leben sein würde. Benen steuerte sein gesamtes Wissen

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