Die Flammen von Lindisfarne
Glaubens, die von der wahren Religion abfielen, auf dem Scheiterhaufen verbrennen“, sagte Bruder Erik kühl...
* * *
Unterdessen ahnten die übrigen Mönche nichts von den Ereignissen in Bruder Eriks Zelle. Sie verließen die Kirche im feierlichen Zug, um im Refektorium das frühe Mittagsmahl einzunehmen, um danach auf die Felder zur Heuernte zu eilen. Abt Bernhard wies auf das Kreuz.
„Dort oben prangt es, zum Ruhm und Preise unseres Herrn Jesus Christus!“ rief Abt Bernhard.
Eben kamen auch einige Knechte zurück, die zerbrochenes Ackergerät austauschen wollten. Da die Heugabeln nicht aus Metall gefertigt waren sondern man Äste benutzte, deren gekappte Enden in drei Triebe ausliefen, kam es oft genug vor, dass das Holz bei der Arbeit zersplitterte, Doch die Wälder der Insel schafften genug Material, aus denen in den müßigen Wintermonaten neue Heugabeln geschnitzt werden konnten.
„Möge das Kreuz, das Symbol des Glaubens, den Schiffen den Weg zu den Gräbern der Heiligen weisen“, setzte Bruder Stephan hinzu.
„Amen!“ bekräftigte der Chor der Mönche.
Doch das Schiff, dem das Kreuz von Lindisfarne den Weg wies, hatte keine frommen Pilger an Bord...
* * *
In der Zelle Eriks aber, betete man nicht und gedachte auch keiner Schiffe, die Angst ums nackte Überleben beherrschte Angela von York.
„Ich will nicht sterben“. wimmerte sie, „Und ich habe Angst vor dem Feuer.“ Erst jetzt wurde sich das Mädchen klar, dass sie von der Religion der Vergebung und der Barmherzigkeit für ihre Verfehlung keine Gnade zu erwarten hatte.
„Sterben werden wir“. brummte der alte Wikinger. „Aber wenn ich sterben muss, dann dann falle ich nach den alten Gesetzen meines Volkes mit der Waffe in der Hand. Du führst das Schwert recht gut, Mädchen, und ich weiß eine Axt zu schwingen. Wenn sie uns morgen früh die Tür öffnen, werden wir alles auf einen Wurf setzen und und mit den Waffen den Weg freikämpfen. Wenn es uns gelingt, einige der Brüder zu erschlagen, werden die anderen sicher angstvoll zurückweichen und die Knechte rufen. Bis dahin können wir vielleicht tatsächlich am Ufer sein und ein Fischerboot in unsere Hand bringen.“
„Und wenn sie uns töten?“ fragte Angela zweifelnd.
„Dann sterben wir rasch und werden nicht in Lokis Element geröstet“, gab Erik zurück. Die Waffe in seiner Hand und die Gefahr eines grässlichen Todes vor Augen, vor dem ihn nur kompromissloser Kampf retten konnte, hatte das ihm nach seiner Rettung in Irland mit sanfter Gewalt aufgezwungene Christentum beiseite gefegt. Er war nun wieder ein Mann des Nordens, der sich nicht wie ein blökendes Schaf zur Schlachtbank führen ließ, sondern sein Leben mit der Waffe verteidigte.
Doch kommende Ereignisse machten es unnötig, dass Bruder Erik gezwungen war, die Freveltat Kains zu begehen...
* * *
Im Refektorium war das Mahl inzwischen beendet und die Brüder machten sich bereit zum Aufbruch. Innerlich freuten sie sich, den Tag, wenn auch bei harter Arbeit, so doch in frischer Luft zu beschließen. Doch nun mussten sie sich beeilen. Der Wind hatte zugenommen und ein Sturm zog auf. Bruder Alban sah wie zufällig auf das Meer, als sie das Kloster verließen, um das Heu einzufahren.
„Seht, Brüder! Das Segel auf dem Meer, das sich dort nähert!“ rief er aus und wies er auf die offene See. „Ein Segel von dieser Größe habe ich noch niemals gesehen.“
„Rot-weiß gestreift ist es“, setzte Bruder Gregor hinzu. „Und die Gallionsfigur... gleicht sie nicht einem Drachen?“
„Das...das sind die Nordmänner...wie Bruder Erik...“, stammelte Benno. „Und das sind arge Heiden!“
„Dann lasst sie uns wie Christen empfangen!“ entschied der Abt.
„Sie werden ein sicheres Ufer vor dem
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