Die Flammen von Lindisfarne
aufkommenden Sturm suchen.“
„Nachdem, was Bruder Erik über sein Volk erzählt hat, wage ich das zu bezweifeln“, sagte Bruder Benno mehr zu sich selbst.
„Geh ihnen im Namen Gottes entgegen, Bruder Gregor!“ befahl der Abt. „Nimm zehn der Brüder mit und begegnet den Heiden mit empor gehobenem Kreuz. Ich bin sicher, sie werden das Zeichen des Friedens verstehen...!“
Der Tag der Blutaxt
„Ein Kreuz! Ein Kreuz!“ heulte Nils Krähenfuß vom Mast herab. „Auf dem Turm, den ich heute im Morgendunst sah, prangt jetzt ein Kreuz!“
„Tatsächlich!“ stieß Wulfegar hervor, der sich etwas an den straff gespannten Segeltauen empor hangelte. „Da sieht man die Heimtücke Lokis bei den Christen. Als sie heute Morgen unser Segel sahen, entfernten sie das Panier ihres Gottes und jetzt, da sie Odins kampfhungrige Söhne weit im Süden wähnen, stellen sie es wieder auf.“
„Kurswechsel, Drachenreiter!“ befahl Haakon Bärensprung. „Auf das Kreuz zu. Waffnet euch, Männer, und drückt den Helm ins Haar. Denn nun gilt es, für Odin zu kämpfen...und gute Beute zu machen!“
Sofort klirrten die Waffen, mit denen sich die Männer umgürteten. Und machtvoll stemmte sich Harald Drachenreiter gegen das Steuer, so dass der Steven der MIDGARDSCHLANGE sich langsam, aber unaufhaltsam zur Landseite drehte...
* * *
„Streicht Segel! Klar bei Riemen!“ befahl Harald Drachenreiter mit heller Stimme, als sie der Küste schon sehr nahe waren. Sofort sprangen einige der Männer zu den Tauen, mit denen die Besegelung bewegt wurde. Knoten wurden gelöst und dann glitt die das Segel langsam nach oben unter die Rahe. Wieder fest vertäut hielten die Tampen das Segel gerefft, wurden sie gelöst, fiel der schwere Wollstoff wieder herab und konnte sich erneut mit Wind füllen.
Nils Krähenfuß ließ sich zu Boden gleiten und ergriff die Sturmhaube aus Leder, seinen kurzen Speer und schob das Handbeil in den Gürtel. Auf diese Art hatten schon die anderen Wikinger ihre Waffen gerichtet und Jarl Haakon hatte sich den Helm mit der furchterregenden Gesichtsmaske ins Haar gedrückt.
Ein kurzes Kommando des Drachenreiter und die nahe der Bordwand liegenden Riemen wurden von den Männern, die um diese Stunde zum Ruderdienst eingeteilt waren, aufgenommen. Schon vorher hatte man die Spunde aus den Ruderlöchern heraus genommen und nun schob man die langen Ruder auf einen kurzen Befehl rasch hindurch.
„Ääää...gir! Ääää...gir!“erklang der Name des Meeresgottes vom Heck als Ruderkommando. Olaf Metkanne ließ seine laute Stimme erschallen. Im Takt seines Rufes glitten die Ruder ins Wasser und teilten das grüne Blut der aufschäumenden See. Mit der Kraft der Männerarme wurde die MIDGARDSCHLANGE durch Wellen und Gischt vorwärts gerissen.
„Ääää...gir! Ääää...gir!“ stimmten die Männer an den Rudern in den Ruf ein und jedes-mal, wenn sich die Riemen unter der Kraft der Männer bogen, schien das mächtige Drachenschiff wie ein Wolf vorwärts auf seine Beute zu hetzen.
„Vergesst nicht, dass wir Sklaven brauchen“, rief Jarl Haakon. „Wer sich von den Christen ergibt, den nehmt gefangen.“
„Wollten wir nicht die Feinde Wotans alle töten?“ begehrte Wulfegar auf.
„Denkst du, wir haben Lust, weiter alle Knechts-Arbeit auf unseren Höfen selbst zu machen? Seit die Männer von Angantyr frei geworden sind, die an unserer Seit kämpfen, müssen wir auch die groben Arbeiten auf dem Felde wie im Haus wieder selbst erledigen“, grollte der Jarl. „Es werden sich doch wohl noch einige Feiglinge finden, die, um ihr Leben zu wahren, vor der Axt niederknien!“
„Schlägt dein Gewissen, wenn du wehrlose Feinde erschlagen musst?“ fragte der Sachse und sah ihn mit funkelnden Augen an. „Gewissen? Was ist denn das?“ Haakon zuckte die Schultern. „Ich halte es nur für reine Verschwendung. Töte ich doch auch kein Pferd, das ich erbeuten kann.“
„Da kommen sie, die Kämpfer des Heliand!“ schrie Ragnar, der vor Kampfeslust zitternd hinter dem Jarl stand. In seiner Hand zuckte sein gefürchteter Hammer.
„Und sie sind so närrisch, ohne Waffen zu kommen“, sagte Björn Baumfäller verwundert. „Nur das
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