Die Flammen von Lindisfarne
flüsterten, brachen die Augen von Ulf Frodinsson.
Doch bevor Triumph über den Sieg in Lars Wolfssohn aufkommen konnte, musste er wieder kämpfen und sein Leben wahren. Die Angantyr-Männer wüteten wie ein Bär, der in seiner Höhle gestellt wird und nicht mehr fliehen kann. Da Lars den ältesten Sohn ihres Jarls getötet hatte, forderten dessen Freunde von ihm die Blutschuld. Wutbrüllend stürzten sie sich auf die Ringan-Wikinger. Traten sie ihnen auch halbnackt entgegen, so waren sie doch wohl bewaffnet. Speer, Axt oder Schwert hatte jeder Nordmann kampfbereit neben der Lagerstatt stehen. Zwar fehlten oft genug Helm und Schild, das eigene Leben zu schützen, doch in diesem Kampf brauchte man nicht die Wehr zum eigenen Schutz, sondern die Waffe, um dem Angreifer das Leben zu rauben.
So vernahm Lars nicht nur die Todesschreie der Gegner, sondern er sah auch die eigenen Schiffsgefährten, gefällt von der Axt oder niedergestreckt durch das Schwert, zusammenbrechen. Der junge Wikinger kämpfte mit der Kraft und der Gewandtheit des gehetzten Wolfes. Den Körper geschickt mit dem Schild deckend gelang es ihm, mit wohl gezielten Axt-Hieben noch drei anderen wutbrüllenden Gegnern den Weg zu Odins hoher Halle zu weisen.
Sigurd Schildspalter war mitten im Wirbel des Kampfes. Seine keuchende Stimme sang in abgehackten Sätzen ein uraltes Lied zu Ehren Tyrs, des schwertgewaltigen Kriegsgottes. Wie ein Wetterstrahl zuckte das mächtige Franken-Schwert in seiner Hand auf und ab. Rotes Blut sprühte wie Karfunkel-Steine von der stählernen Klinge. Sigurd hatte den zerschrammten Schild verworfen und zur Abwehr einen kurzen Wurfspeer aufgehoben, mit dem er die Waffen der Gegner beiseite fegte, um dem Schwert den Weg ins Leben des Gegners zu öffnen. Der todeskühne Kämpfer blutete aus mehreren Wunden, die er jedoch nicht zu spüren schien.
Neben ihm tobte Ragnar, den sie den Hammer nannten und Björn Baumfäller, zwei unzertrennliche Gefährten beim Kampf wie beim Met. Beide glichen von ihrer Statur und den mächtigen Vollbärten her den Riesen der Vorzeit, wobei Björn den Freund allerdings noch fast um die Länge eines Hauptes überragte. Während der Baumfäller das volle Haar zu schulterlangen Zöpfen geflochten hatte, war Ragnars Schädel bis zu den Schläfen kahl. Um diesem Umstand abzuhelfen, war er stets bemüht, die volle Pracht der langwuchernden Nackenhaare mit Hilfe von Seehund-Fett über die Stirn zu ziehen. Aber es durfte nur einiger hastiger Kopfbewegungen und die ganze aufgetürmte Pracht zerfiel nach allen Seiten und ließ die Kahlheit von Ragnars Schädel wieder hervor treten. Allerdings wagten es nur ganz wenige mutige Männer, in Gegenwart des Hammers über Haare, Frisuren und ähnliche Probleme männlicher Eitelkeit zu reden. Ein Lachen über Ragnars Glatze konnte verheerende Folgen für den Lacher haben.
Im ganzen Nordland waren die beiden hünenhaften Männer wegen ihrer Stärke und Kampfkraft berühmt. Über die Waffen in ihren mächtigen Fäusten gab es manche Saga. Während Ragnar wie Thor, der Herr des Donners und des Blitzes, anstelle des leichteren Axt-Blattes einen mächtigen Eisenhammer am langstieligen Schaft hatte, schwang Björn einen mächtigen, im Feuer gehärteten und mit spitzen Eisennägeln beschlagenen Eichenknorren als Waffe. Wo Ragnar und Björn mit Hammer und Keule hinschlugen, zerspellten die Schilde, zerbrachen die Knochen und zerplatzen die Schädel unter den Helmen und Lederhauben. Trotz ihrer schweren, ungefügigen Waffen bewegten sich die beiden bärenhaften Männer mit tänzerischer Leichtigkeit und wussten wohl, einem heransausenden Speer oder einer geworfenen Axt auszuweichen. Den Körper schützte ein fester Panzer aus dreifacher Elchhaut, der durch Eisenplatten auf der Brustseite verstärkt war.
Stolz brandete in Lars Wolfssohn auf, dass ihn Sigurd für würdig erachtete, an der Seite dieser gewaltigen Kämpfer seinen ersten Waffengang zu bestehen. Mit dem Schild den Gegner wehrend und die langstielige Axt zum Hieb und Stoß nutzend kämpfte er sich den Hügel hinauf. Längst schon kündete ihm das Wutgebrüll der langsam zurückweichenden Gegner, dass es den Männern des Priesen-Kommandos gelungen war, die Schiffe vom Ufer abzustoßen und in die Mitte des Fjord zu manövrieren.
Das Geschrei der Frauen und das Gegreine der Kinder, die ihren letzen Ausweg vor dem grausamen Schicksal der Sklaverei versperrt sahen, nahm Lars Wolfssohn kaum
Weitere Kostenlose Bücher