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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Zielgenau ließ er das „ SEEPFERD “ zum Sandstrand gleiten. Auf Haakons Handzeichen wurden die Ruder in die graugrüne Flut gesenkt. Ein Ruck ging durch das Schiff, als es von den mächtigen Stangen gebremst wurde und ein Zittern erschütterte die Planken, als das „ SEEPFERD “ als erstes Drachenschiff auf der Sandbank auflief. Wenige Augenblicke später folgte die „ MEERMAID “ und danach die etwas klobiger gebaute „ WALROSS “.
     
    „Künde Frodin und seinen Mannen den Tod!“ durchschnitt die Stimme Haakon Bärensprungs die Morgenstille.
     
    Tief sog der Skalde Luft in die Lungen. Dann hob er das mächtige Stierhorn an die Lippen und blies mit aller Kraft seiner feisten Wangen hinein. Ein leiser Schauer durchrieselte die rauen Männer des Nordens, als der dumpfe Ton den Frieden der Natur zerriss. So mochte es einmal sein, wenn am Ende aller Tage Heimdall, der Wächter der Ewigkeit, das Gjallar-Horn erhebt, um Odin und den Asen die Götterdämmerung anzukündigen. Mit heiserem Krächzen antworteten die Raben, die sich auf dem Dach von Frodins Halle niedergelassen hatten. Odins Boten schienen den Jarl von Angantyr selbst zum Tage seines Todes erwecken zu wollen.
     
    Dreimal ließ Olaf auf Geheiß des Jarl das Horn erschallen. Vom Hügel herab antwortete das gellende Horn des Wächters, der nun endlich, doch viel zu spät, die Gefahr bemerkt hatte.
     
    Einen wilden Kampfruf ausstoßend wies Jarl Haakon mit ausgestrecktem Schwert auf die Hütten, aus denen sich eben verschlafene, kaum bekleidete Gestalten drängten. Doch in ihren Händen hielten die fast nackten Männer Waffen aller Art und manch einer drückte im voran Stürmen einen einfachen Lederhelm ins Haar oder rückte den mächtigen Lindenschild zurecht, während er darauf verzichtete, Zeit zum Überstreifen eines Leinenhemdes zu vergeuden. Vor der Halle erschien, die hochgewachsene Gestalt von seinem berühmten grauen Mantel umhüllt, Jarl Frodin selbst. Im Angesicht des Todes schien die Last des Alters von ihm abzufallen. Hoch reckte sich seine Gestalt empor und in seiner Hand ließ das erste Licht des erwachenden Tages die Klinge seines Breitschwertes erglitzern. Hinter Frodin drängten sich seine zahlreichen Söhne und andere Gemeinfreie, die in seinem Hause wohnten. Auch die Knechte und Sklaven griffen nach jedem Gegenstand, den man als Waffe nutzen konnte. Gelang es dem Knecht oder Sklaven, im Abwehrkampf einem freien Mann das Leben zu retten, war ihm nach dem Sieg die Freiheit und ein ehrenvoller Platz in der Halle sicher.
     
    „ Raset zu rächen - Schande und Schmach !“, schrie Jarl Haakon mit laut schallender Stimme die Kriegserklärung. „ Odin reitet zur Rache voran!“
     
    „ Wache, Frigga, der wehrlosen Weiber !“ wehte der Wind Frodins trotzige Antwort heran. „ Euch Tückischen trümmere Thor den Trotz!“
     
    Und schon zerspellten die ersten Speere der Angantyr-Männer auf die rasch aufgeworfenen Schilde der Ringan-Wikinger, denn von der Höhe der Siedlung hinab zum Wasser geworfen flogen die Waffen weit. Mit weithallender Stimme befahl Fordin Graumantel den Angriff zur Verteidigung der Heimstätten. Er wusste, dass seine Krieger auf dem Hang nur so lange im Vorteil waren, wie der Feind nicht auf Schwert- und Axtlänge herankam. Schon sprang der Jarl von Ringan, einen wilden Kampfschrei ausstoßend, über die Bordwand ins hochauf schäumende Wasser. Seine Männer folgten ihm, ohne zu zögern zu Sieg oder Tod.
     
    Auf Frodins Befehl wurden Bogen gespannt und gefiederte Pfeile auf die Sehnen gelegt. Wie Hornissen schossen sie heran und nicht jeder der Angreifer hatte das Glück, den heranschwirrenden Tod mit dem Schild aufzufangen. Da und dort stürzte ein Krieger mit einem verbissenen Fluch auf den Lippen ins aufspritzende Wasser. Zwar waren die Pfeile schlecht gezielt und kaum einer der Männer war auf den Tod getroffen, doch der erste Angriff geriet ins Stocken und gab Frodin Zeit, seine Befehle zu erteilen. Die Zeit, bis die Angreifer durch fast kniehohes Wasser bis zum Strand gewatet waren und durch ihre mit Wasser voll gesogenen Beinkleider in ihrer Bewegung gehindert wurden, musste ausgenutzt werden.
     
    Ein erfahrener Krieger wie Frodin Graumantel überblickte sofort, dass dieser Kampf mehr der Ehre als dem Leben gelten konnte. Mit herrischen Worten befahl der Jarl seinem ältesten Sohn, mit einigen Männern zu den Stegen durchzubrechen, an denen die eigenen Schiffe vertäut waren. Wenn es nicht mithilfe der

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