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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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muss nehmen, was er einst verschmähte. Denn wenn Lars Wolfssohn bereit ist mir zu geben, was ich will, dann bist du frei...“
     
    „Frei?“ fragte Angela verständnislos.
     
    „Ja, in der Freiheit des Todes“, zischelte Thursula. „Wenn Lars Wolfssohn mir gehört und dich vergisst, werde ich dafür sorgen, dass dieses Vergessen ewig währt. Ich werde dich zu nächtlicher Stunde im Fjord ertränken...“
     
    Die einzige Freude dieser Tage waren die Momente, wenn Angela unter Aufsicht einer der Mägde hinüber ins kleine Gehölz jenseits des Gehöfts gehen musste, wo klares Wasser aus einer steingefaßten Quelle sprudelte.
     
    Die beiden Mägde wussten um den Hass ihrer Herrin auf Angela. Weder Ragnhild noch Thursula waren bei den Dienenden besonders beliebt waren. Und so ließen die Mägde es zu, dass die hübsche Britin etwas Zeit fand, sich mit dem dort auf sie wartenden Lars zu unterhalten.
     
    Die unglückliche Liebe des Wolfssohnes zu Angela war das heimliche Gespräch aller Frauen in Ringan. Und es gab kaum ein Mädchen oder eine Frau, die nicht heimlich zu Freya, der Göttin der Liebe und Frau Frigga, der Herrin über eheliche Treue, betete, dass diese Liebe ein gutes Ende nehmen möge.
     
    In den wenigen Worten, die Angela mit Lars wechseln konnte, spürte sie, dass er sie aufrichtig liebte. Sie erkannte, dass er ihrem christlichen Glauben nicht ablehnend, sondern voll Neugier gegenüber stand.
     
    Die Worte des sterbenden Abtes von Lindisfarne waren wie die Körner eines Sämannes auf fruchtbaren Boden gefallen. Dennoch war sein Denken und seine Vorstellungskraft so vollständig in die Welt der Asen und Wanen eingebunden, dass er selbst aus Liebe zu Angela es nicht übers Herz brachte, an der Quelle sein Haupt zur heimlichen Taufe zu neigen, zu der die Kirche nicht nur Geistliche, sondern jeden Christen berechtigte.
     
    Leider waren die Augenblicke mit Lars zu kurz und die Tage und Nächte der demütigenden Qualen durch Thursula so lang. Mit jedem Tage wurde Angela schwermütiger und Lars versuchte vergeblich, ihr sonniges Lächeln zu erwecken.
     
    Während es Keri, Viviane, Hildigard und den anderen ehemaligen Novizinnen immer leichter fiel, sich im neuen Lebenskreis einzuordnen und gewissermaßen wohlzufühlen, kreisten dunkle Gedanken in Angelas Sinnen. Erik hatte ihr gesagt, dass es unmöglich sei, dass Lars sie für sich gewinnen könnte. Selbst wenn Thorleif im Kampf fiel, war sie immerhin Eigentum Thursulas.
     
    Doch obwohl der ehemalige Mönch nun wieder ganz zum Wikinger geworden war zuckte er doch zusammen, als Angela zum ersten Male davon redete, aus dem Leben scheiden zu wollen. Salbungsvoll erklärte er ihr, dass der Tod von eigener Hand die schwerste Sünde sei, die niemals vergeben werde und dass sie danach in aller Ewigkeit im Höllenpfuhl schmoren werde.
     
    Hatte Angela auch gegen die Regeln des Klosters und die offensichtliche Scheinheiligkeit des Bischofs rebelliert, war sie doch eine Christin. Sie zitterte bei dem Gedanken, Gott durch einen Freitod so zu erzürnen, dass er ihr die Pforten der ewigen Seligkeit für immer versperrte. Doch dann kam ihr ein kühner Einfall, wie sie in den sicheren Tod gehen konnte, ohne dass Sankt Petrus sie an der Himmelspforte abweisen musste. Nach den Lehren der Kirche kamen die tapferen Männer und Frauen, die ihren Glauben an Jesus Christus mit ihrem Tode besiegelten, auf jeden Fall in den Himmel, wo die Krone der Märtyrer für sie bereit lag.
     
    Als sie von der Sonnenwendfeier an Mittsommer zu Ehren des Gottes Balder hörte, wusste Angela von York, an welchem Tage sie sterben würde...
     
     
     
    Odins heiliger Hain
     
    Nervös tänzelte das lichtbraune Fohlen und vier starken Wikingern hatten alle Mühe, es zu bändigen. Das Tier schnaubte ängstlich und seine kleinen Hufe zerwühlten das Gras. Niemals zuvor war es von einer Kraft zu einem Wege gezwungen worden, auf dem es nicht traben wollte. Kein Strick hatte jemals den Körper eines der heiligen Pferde entweiht und kein Zwang sie gelenkt. Frei wie die Wolken des Windes wuchsen sie in einer Hürde unweit des heiligen Haines auf.
     
    Aber dieses Fohlen hatte man schon bei seiner Geburt als besonderen Liebling des Gottes Balder erkannt. Heute war der Tag, an dem es seiner Bestimmung zugeführt wurde. Der feierliche Klang der geblasenen Luren übertönte das angstvolle Wiehern des jungen Pferdes, als man es in den heiligen Hain führte.
     
    Das Heiligtum aller Stämme im Süden

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