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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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sahen. Öbszön-lustige Bemerkungen über diesen sonderbaren Anblick machten die Runde und selbst das sonst so ernste Gesicht Sigurds glitt einen Anflug von Heiterkeit.
     
    Wie ein gewaltiger Mehlsack lag Ragnhild Drachenzahn auf dem Körper des sich windenden Mädchens. Ihre Linke griff in die Haare und die Rechte öffnete die Schere, während ihr meckerndes Hohnlachen Angelas verzweifelte Hilfeschreie übertönte. Ein wohl-gezielter Fausthieb von Widars Eisenfaust schickte Lars in diesem Augenblick ins Reich der Träume und verhinderte, dass er sich losriss und eine Narretei beging, die ihn das Leben kosten konnte.
     
    „Sie hat mich! Hilfe, sie hat mich...!“ schrie Angela in höchster Not und starrte in das in hämischer Freude verzerrte Gesicht über ihr. Ragnhild Drachenzahn erkannte, dass sie die Beute sicher hatte. Diesen Triumph wollte sie auskosten und sich an den Qualen der kleinen Sklavin weiden.
     
    Also ließ sie sich Zeit und genoss die Angst des Mädchens unter ihr. Verzweifelt verkrallte Angela ihre Finger in ihrer Kleidung und begann mit aller Kraft am Stoff zu zerren. Und gerade als die Schere die ersten Strähnen ihres langen Haares kappen sollte, geschah es.
     
    Unter ihren eingekrallten Fingern riss der Stoff von Ragnhilds Gewandung. Ein johlender Aufschrei der Männer und ein vergnügtes Kreischen der Frauen erklang, als das Kleid von oben nach unten zerplatzte und Ragnhild Drachenzahns mächtiger Busen nach draußen wogte.
     
    Sofort sprang das Weib des Jarl auf und zog das Gewand so zusammen, dass ihre Brüste wieder bedeckt wurden. Flammende Röte überzog ihr Gesicht. Zornig funkelte sie Angela an, die vorsichtig zurück wich. Doch das Weib des Jarl wusste, seine Rachegefühle zu zügeln.
     
    „Nun, für heute werde ich dir dein Gefieder lassen, mein Täubchen. Aber warte, wenn wir in meinem Hause sind“, zischte Ragnhild bösartig.
     
    „Halt! Sie behalte ihr volles Haar“. erklang nun Thursulas Stimme, „Denn sie wird meine Leibsklavin. Und es ist sehr angenehm, sich in den langen Haaren eines Mädchens die Hände zu trocknen!“
     
                                                                                        *              *              *
     
    Die folgenden Tage gehörten zu den Schlimmsten im Leben der Angela von York. Zwar hatte sie auch im Hause Snorres hart arbeiten müssen, aber man hatte ihre Würde gewahrt und Wiltrudis fand stets ein nettes Wort für sie. Doch Thursula war eine Tyrannin, die ihrem Willen mit der kurzen Lederpeitsche Nachdruck verlieh.
     
    Zwar lebte sie noch alleine in der Hütte, die sie nach der Hochzeitszeremonie mit Thorleif bewohnen würde, doch war Ragnhild in ihrer Rachsucht stets zur Hand wenn es galt, die neue Sklavin zu einer Arbeit zu zwingen und zu versuchen, ihren Willen mit Gewalt zu brechen. Zwei forsche Mägde hatte Ragnhild beauftragt, ständig auf die neue Sklavin zu achten, damit sie nicht entfliehen konnte. In der Nacht, wenn die Mägde schliefen, wurde Angela gefesselt.
     
    „Warum tust du das?“ bebte es von Angelas Lippen. „Was habe ich dir denn getan?“
     
    „Du besitzt die Liebe des Wolfssohnes“, zischelte Thursula. „Du, eine einfache Sklavin mit einem zerbrechlichen Körper. Mich aber, die starke und stolze Frau aus uraltem Sachsen-Geschlecht, das seine Ahnen bis zu den Göttern zählt, verschmähte er. Selbst als ich ihm meinen nackten Körper darbot, wies er mich zurück. Er sagte mir, dass er in seinen Träumen eine Elfenfee gesehen habe, die er allein lieben könne!“
     
    „Eine... Elfenfee!“ stieß Angela hervor. Nun erst wurde ihr der Sinn dieser ersten Worte klar, die sie von Lars Wolfssohn gehört hatte.
     
    „Ja, eine Elfenfee, die durch seine romantischen Träume geistert“, zischte Thursula. „Seit er sein kostbares Schwert für deinen Besitz bot, weiß ich ganz genau, dass du diese Elfenfee bist. Sein Traum-Mädchen, für die er es verschmähte, meinen Körper im Feuer seiner Liebe erglühen zu lassen. Nun räche ich mich an ihm, in dem ich etwas besitze, an dem sein Herz hängt.“
     
    „Wie musst du mich hassen, dass du mich so quälst?“ Angelas Augen füllten sich mit Tränen.
     
    „Ich hasse dich nicht, ich hasse ihn!“ stieß Thursula hervor. „Er weiß genau, wie sehr du hier leiden musst. Es gibt für ihn nur einen Ausweg, dein Leben angenehmer zu gestalten. Er

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