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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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freilich, ein Krieger muss ja immer an Kampf und Kriegsgeschrei denken.“
     
    „Eilen wir uns. Ich habe dem Weibe unseres Jarl versprochen, ihr beim Kommando über die Dienstmägde zu helfen“, drängte Wiltrudis, die dem Gespräch der Männer, wie es sich für eine Frau geziemte, schweigend gelauscht hatte.
     
    „Mich hungert und dürstet“, grunzte Widar, der bei jeder Mahlzeit einen sehr gesegneten Appetit entwickelte.
     

„Die Waffen. Legt sie ab“. Erinnerte Sigurd, „Denn bei einem Fest in der Met-Halle, ist es Brauch, unbewaffnet zu erscheinen. Nur euren Dolch zum Schneiden des Fleisches mögt ihr mitnehmen. Nun ja, Lars mag dazu den Sachs benutzen“, fügte er schmunzelnd hinzu. Rasch löste er selbst den Waffengurt und schob das Schwert unter eins der Bettgestelle. Widar und Lars schoben ihre Waffen hinterher.
     
    „Auf zum Fraße und zum Trunk!“ röhrte Snorre, schon halb in der Tür. „Hoffentlich macht Haakon kein zu langes Gebet, mit dem er Odin nach alter Sitte zur Tafel einlädt. Ich mag keine übertriebene Frömmigkeit, wenn man sie durstig ertragen muss. Denn immerhin müssen wir uns mit dem Trinken so lange gedulden, bis der Jarl seine Rede beendet hat.“
     
    „Hoffen wir, dass der Bärensprung auch mehr Lust hat, sich dem edlen Rauschtrank zu widmen als den Klang seiner eigenen Rede zu hören“, grinste Sigurd. Dann verließen sie die Hütte, die Wiltrudis sorgfältig hinter ihnen verschloss und als Hausfrau nach der Sitte den Schlüssel an ihren Gürtel hängte.
     
    Die Sonne war früh hinter den Baumwipfeln verschwunden. Abendstille lag über dem Ringan-Fjord. Die Wimpel an den Masten der Drachenschiffe wehten in einer aufkommenden Brise und grüßten das letzte Licht des scheidenden Tages. Hellkreischende Möven über ihren Häuptern waren die Boten kommenden Sturmes und unter Aufsicht von Harald Drachenreiter waren einige Männer damit beschäftigt, die Schiffe noch besonders festzuzurren. Heu-Ballen wurden an den Bordwänden festgemacht. Die Ballen wurden von Seilen gehalten, die man durch die Ruderlöcher gezogen hatte. So vermied man, dass die Schiffe bei rauen Wellen auf dem Fjord bei Kollisionen mit den Landungsstegen Schaden erlitten.
     
    Rasch verschied das Licht des sterbenden Tages. Langsam vermischten sich die aus dunklen Holzstämmen gefügten Häuser und Hütten von Quillerheim mit der hereinbrechenden Dunkelheit. Nur in der Met-Halle im Hause des Jarl, dem Festsaal der ganzen Thing-Gemeinschaft in der Zeit der Herbstwinde und der Winterstürme, pulsierte das Leben.
     
    Die mächtige Halle war das Zentrum von Haakon Bärensprungs Anwesen. Das eigentlich Wohngebäude des Jarl war, wie auch die anderen Häuser der Ringan-Siedlung, recht bescheiden und die Stallung, die Scheune und das Gesindehaus von der üblichen einfachen Bauart. Doch die Halle sollte dem hohen Saal von Asgard gleichen, in der die toten Helden an Walvaters Tafel zechen. Schon der Großvater seines Vaters Agnar Bieberzahn hatte sie von seinem Vater geerbt. Das Holz wurde so oft es ging mit Pech und Harz überzogen und gelegentlich wurden morsche Baumstämme ausgetauscht. Aber direkte Veränderungen wagte niemand von den Erben der Macht.
     
    Die Halle von Ringan-Fjord war so groß gebaut, dass alle wehrfähigen Freien von Ringan-Fjord dort zum Thing oder zum Gelage zusammenkommen konnten. Das waren nicht nur die ständigen Bewohner von Quillerheim, sondern auch die Bauern, die ihre Höfe auf mehr als zwei Tagesreisen verstreut überall im Land hatten, wo der karge Boden Menschen und Vieh ernährte. Thing-Boten des Jarls riefen sie nach Bedarf zusammen und das Erscheinen war eine Sache der Ehre. Man kam umso lieber, weil man bei einem Thing Neuigkeiten austauschen konnte und weil im Anschluss daran immer ein Besäufnis stattfand, bei der ein braver Nordmann Met oder Ael, das dunkelbraune Kräuterbier, so lange in sich hineinschüttete, bis ihn der Trunk niederwarf.
     
    Die Grundmauern von Bärensprungs Met-Halle bildeten ungefügige Felsgesteine, die mit groben Hammerschlägen ins Gestemm eingepasst waren. Die Wände waren aus roh behauenen Stämmen gefügt, deren Ritzen man mit Lehm verschmiert hatte. Kleine Fenster unterhalb des mit Schilf und Gras-Soden gedeckten Daches, die mit dünnen Schweins-Blasen bespannt waren und die Kälte fernhielten, waren jetzt weit geöffnet, um genügend Frischluft einzulassen.
     
    Die Decke und das mächtige Dach der Halle wurde in der Längsrichtung von

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