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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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überrannten sie alle Grenzen!“ berichtete Wulfegar. „Chlodowech, weise wie Wotan und listig wie Loge, entsagte dem Glauben an Siegvater, als ihm der waltende Wotan in einer Schlacht den Sieg weigerte.“
     
    „Er verschacherte seine Götter für einen Sieg der Waffen?“ fragte Jarl Haakon kopfschüttelnd.
     
    „Man sagt, dass einer der Gefolgsleute des Heliand den hellen Christ für dreißig Silberlinge an die Neidinge verkaufte, die ihn töteten“, Sigurd strich sich den kurzen Bart. „Da wird man doch mit den Göttern um einen Sieg in der Schlacht ganz anders rechten können!“
     
    „Was sind Silberlinge?“ Hilflos zuckte der Jarl mit der Schulter.
     
    „Erzürne die Hohen nicht!“ fauchte Hrolf Silberhaar den Schildspalter an. „Sie hören deine lästernden Worte!“
     
    „So lange es sie nicht bekümmert...“. Sigurd zuckte die Schultern. „Auch die Christenpriester sagen, dass ihr Gott alles sieht und hört. Aber das ist nicht schlimm. Gefährlich wird es erst, wenn die Priester meinen, im Auftrage ihres Gottes handeln zu müssen...“ Doch die letzten Worte sagte er so leise, dass sie von Silberhaar nicht mehr vernommen wurden.
     
    „Nicht aus innerer Überzeugung, sondern nur auf Chlodowechs königliches Gebot hin beugten die Franken gleich ihrem König den Kopf zur Taufe“, erzählte der Sachse weiter. „Sie gelobten, anzubeten, was sie vordem verbrannt hatten und zu verbrennen, was sie einst anbeteten. Auch wenn viele Franken noch zu nächtlicher Stunde heimlich die heiligen Haine besuchte und den Ewigen an den Weihesteinen unter Gebeten und Opfern die notwendige Achtung erwiesen, setzte sich der Christenglaube doch durch. Vom Land der Franken aus aber kamen die Boten des hellen Christ in die unwegsamen Wälder und die Sümpfe Germaniens jenseits des Rheins.“
     
    „Sie wären besser dort geblieben“, dachte Lars bei sich.
     
    „Doch diese Missionare, wie sich die Verkündiger des neuen Glaubens nannten, waren nicht beredet genug, die Chatten, Sugambrer, Hermunduren oder gar die störrischen Friesen zum Abfall von den alten Göttern zu bewegen. Nur wenige Germanen entsagten Wotan, Donar und Tiu-Saxnot, um ihren Kopf unter dem Wasser zu beugen. Und wer sich am Tage das Haar mit Wasser begießen ließ, um die lästigen Redner loszuwerden, der kam der Nachts zum heiligen Hain, um die wahren Götter zu ehren. Denn die Herren von Asgard sind nicht so eifersüchtig wie der helle Christ. Dieser gerät in Zorn, wenn man sich zum Schein vor einem anderen Gott beugt, um die Gastfreunde der Sippe oder der Thing-Gemeinschaft nicht zu kränken!“
     
    „Das ist recht!“ nickte der Odins-Priester. „Was schert es Walvater in seiner Höhe, wenn etwas Trug geschehen muss, um den Fremden zu erfreuen. Wasser vermag nur den Staub des Weges, nicht die Ehre abzuwaschen!“
     
    „Dann aber kam ein Mann nach Germanien, dessen Worte den weisen Reden Odins glich, dessen Lehre klar wie das Urteil Forsetis war und dessen freundliches Wesen an Baldur erinnerte!“ setzte Wulfegar seine Rede fort. „Winfried hieß er in seiner Muttersprache, die auf der Insel Britannia geredet wird. Und diesen Namen vermochten auch die germanischen Zungen zu formen. Doch die Mönche, die Diener seines Gottes, die in härenen Gewändern gehüllt einherwandeln und deren Schädel ärger geschoren wird, als wir es unseren Sklaven antun, diese Mönche nannten ihn in der welschen Sprache von Romaburg Bonifatius!“
     
    „Von Bonifatius hörte ich singen und sagen“, fiel Olaf Metkanne ein, der bis jetzt gebannt gelauscht hatte. „Forderte er nicht den allmächtigen Thor heraus, indem er seinen heiligen Baum fällte?“
     
    „So war es! Und es geschah vor mehr als sechzig Jahren im Lande der Chatten!“ grollte Wulfegar. „Es war Donars heilige Eiche, die viele hundert Sommer gesehen hatte. Sie stand auf einer großen Insel in einem weitem Sumpfgebiet, wo viele Ziegen weideten und das deshalb das Geißen-Moor heißt. Winfried Bonifatius stand dabei, als seine Mönche den heiligen Baum fällten und sagte, dass Donar ihn als den Zerstörer seines Heiligtumes jetzt vor den Augen seiner Gläubigen für seine Freveltat mit dem Tode strafen möge. Wenn der Gott dies aber nicht tue, dann sei er entweder schwach oder es gäbe ihn gar nicht. Und dann müssten die Chatten den Christengott verehren, der den Verkünder seiner Lehre wohl zu schützen weiß.“
     
    „Das hätte er mal bei uns versuchen sollen!“ grollte

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