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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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oben drängt!“
     
    „Nicht so laut“, bat Widar, ohne sich zu erheben. „Jedes deiner Worte trifft meinen schmerzenden Schädel, als ob Asathor den Mjöllnir dagegen schleudert.“
     
    „Es ist stets der gleiche Jammer mit den jungen Kriegern am Morgen nach dem Met-Gelage“, Wiltrudis erhob sich, kramte zwei Tücher hervor und tauchte sie in den Eimer mit eiskaltem Wasser, den sie am Morgen aus dem Brunnen geholt hatte. „Wenn die Hörner kreisen, sind sie stark und trotzig wie die Asen selbst. Doch am nächsten Morgen sind die jungen Männer ein Bild des Jammers. Hier, legt euch die nassen Tücher auf die Stirn, ihr Helden des Methorns. Das lindert euer Leiden!“
     
    „In meinem Schädel sitzt ein Specht. Der klopft und will hinaus“, brummmte Widar.
     
    „Wie mag es Vater ergehen“, fragte Lars und genoss die Kühle auf der Stirn.
     
    „Besser wie euch, ihr jungen Jammerlappen!“ dröhnte es von der Tür. Vom Licht des neuen Tages umflossen stand Snorre im Türrahmen wie einer der Schmiede von Albenheim. „Warte, ich will euch zeigen, wie man jungen Wikingern die Folgen des ersten Metrauschs austreibt.“
     
    Dabei gab er Wulfegar, der sich hinter ihm drängte, einen bedeutungsvollen Wink. Der Sachse nickte, ergriff zwei Eimer und ging mit raschen Schritten zum Brunnen.
     
    „Niemand vermag, die Macht des Metrauschs zu vertreiben“, versuchte sich Wiltrudis ins Mittel zu legen. „Bedenke, sie sind die Wirkung des Rauschtranks nicht so gewöhnt wie du oder die anderen erwachsenen Krieger. Sie sind noch Jünglinge.“
     
    „Sie sind Männer, die den ersten Tanz der Schwerter bestanden haben“, knirschte Snorre. „Nun bestehen sie den angenehmeren Teil dessen, was einen Nordmann ausmacht. Die kühlenden Tücher mögen für Sachsen-Schädel gut sein. Wir helfen den jungen Odinssöhnen anders auf die Beine.“
     
    „Gebt Ruhe! Ich bin krank!“ stieß Lars hervor, denn die grollende Stimme des Schmiedes verstärkte die Schmerzen in seinem Kopf.
     
    „Auch ich bin auf den Tod krank“, brummte Widar und versuchte, auf dem gemeinsamen Lager eine bequemere Liegestellung zu bekommen. „Ich bitte euch, geht fort und lasst uns in Frieden sterben. Ach, vielleicht sind wir schon tot.“
     
    „Während des Rats in der Methalle wurde noch geredet und gerechtet über die Worte des hellen Christ!“ rief Snorre mit tückischem Grinsen und ergriff einen der Eimer, den ihm Wulfegar zureichte. Eisiges Wasser schwappte darin und Wiltrudis hielt sich den Mund zu, um ihre aufkommende Heiterkeit zu verbergen.
     
    „Man erzählt sich, dass der Christengott einst zu einem Toten kam und ihn zum Leben erweckte. Wisst ihr, wie das geschah?“
     
    „Wir sind tot - und Tote hören nichts“, grunzte Widar.
     
    „Wisst ihr, mit welchen Worten der helle Christ den Toten ins Leben zurück zwang?“ fragte Wulfegar mit sanft klingender Stimme.
     
    „Welchen Toten interessieren die Sagas fremder Völker?“ gähnte Lars Wolfssohn.
     
    „Steh auf und wandle!“ heulte Snorre wild. Im nächsten Augenblick ergoss sich ein zweifacher Strudel eisigen Wassers auf die beiden Met-Müden.
     
    Mit einem tierischen Schrei schoss Widar empor. Neben ihm kam Lars Wolfssohn taumelnd auf die Beine. Mit beiden Armen rudernd suchte er in der Hütte einen Gegenstand, an dem er sich festhalten konnte. Dabei übersah er, dass sich ihm der gedrungene Körper des Schmiedes in den Weg stellte und ihn zu Fall brachte. Doch bevor der junge Krieger zu Boden fallen konnte, hatte ihn der Pflegevater aufgefangen und sich den schweren Körper wie einen Mehlsack über die Schultern geworfen. Auf die gleiche Art fing Wulfegar den umher torkelnden Widar auf und ging hinter Snorre her, der trotz deiner erheblichen Last mit rüstigem Schritt hinunter zum Steg ging, an dem die schlanken Schiffe ohne zierende Drachenköpfe in den Wellen dümpelten.
     
    Lars brüllte auf als er erkannte, was der raue Schmied vor hatte. Doch Snorres Hände waren wie die Eisenklammern, die er kunstvoll zu schmieden vermochte. Während Lars hilflos wie ein erlegtes Wild über seinem Rücken hing, gab sein revoltierender Magen die Reste des Festmahls des vergangenen Abend wieder von sich. Doch sein Keuchen und Würgen schien den Schmied nicht zu berühren.
     
    Schon knarrten die Planken des Stegs unter seinen Füßen. Bis ganz nach vorn, wo das eiskalte Wasser des Fjord schon sehr tief war, trug Snorre die Last. Keuchend war ihm Wulfegar gefolgt.
     
    „Nun,

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